Von Wolf-Dietrich Bartsch
„Drum prüfe, wer sich ewig bindet, ob sich das Herz zum Herzen findet, der Wahn ist kurz, die Reu ist lang.“ So formulierte es schon Friedrich Schiller in Zeiten weit vor der Digitalisierung. Wer heiraten wollte, musste das schon von Angesicht zu Angesicht „erledigen“. Eine Online-Ehe per Videokonferenz ist in Deutschland heute zwar technisch machbar, rechtlich ist sie aber immer noch unwirksam. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat dies jetzt klargestellt. In einer wegweisenden Entscheidung hat er einen digitalen Riegel vor die Online-Ehe geschoben.
Das ist passiert:
Ein nigerianisches Paar mit Wohnsitz in Deutschland hatte im Mai 2021 versucht, sich über eine Videoschalte von Deutschland aus vor einem Standesbeamten im US-Bundesstaat Utah das Ja-Wort zu geben. In Zeiten von Home-Office und Video-Calls schien dies die perfekte Lösung: Die Online-Ehe per Videokonferenz. Und obwohl die amerikanischen Behörden eine entsprechende Eheurkunde ausstellten, erkannte die deutsche Meldebehörde diese Eheschließung nicht an. Der Fall ging vor Gericht.
Das meint der BGH:
Der BGH bestätigte nun die Rechtsauffassung der Meldebehörde. Nach deutschem Recht müssen Eheschließende ihre Erklärungen immer noch persönlich und vor einem deutschen Standesbeamten abgeben. Dazu haben sie gleichzeitig vor dem Standesbeamten zu erscheinen.
Entscheidend für die rechtliche Beurteilung ist der Ort, an dem die Eheschließenden ihre Erklärungen abgeben. Da beide Partner sich zum Zeitpunkt der Online-Trauung in Deutschland befanden, hätten sie die hier geltenden Formvorschriften einhalten müssen. Der Umstand, dass der Standesbeamte sich in den USA befand, ändert daran nichts.
Fazit zur Online-Ehe:
In Deutschland ist schon einiges digital und online machbar. Zum Heiraten muss das ehewillige Paar dann aber doch persönlich anwesend sein. Die Entscheidung des BGH schafft also Rechtssicherheit: Digitale Eheschließungen sind zumindest nach derzeitiger Rechtslage in Deutschland nicht möglich.
Das betroffene Paar aus Nigeria kann jetzt – sofern es das noch möchte – die reguläre Eheschließung in Deutschland nachholen. Die unwirksame Online-Trauung steht dem rechtlich nicht entgegen. Denn wie heißt es so schön bei Alfred de Musset: Wenn zwei Liebende einig sind, bedeuten Schwierigkeiten kein Hindernis.
BGH, Beschluss vom 25. September 2024 – XII ZB 244/22 –
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