Berlin (pm). Unter dem Vorsitz Schleswig-Holsteins fand heute (12. Juni) die 95. Konferenz der Europaministerinnen und Europaminister (Europaministerkonferenz – EMK) in der Vertretung der Europäischen Kommission in Berlin statt. Drei Tage nach der Europawahl fassten die Mitglieder der Konferenz einen umfassenden Beschluss zur Zukunft der EU. Ein weiteres Thema der Konferenz war – wie bereits bei den beiden vorherigen Sitzungen unter Vorsitz Schleswig-Holsteins – die Kohäsionspolitik in der kommenden Förderperiode ab 2028. Zudem fand ein informeller Austausch mit Bundeskanzlerin a. D. Dr. Angela Merkel und Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther statt.
Der Vorsitzende der Konferenz, Schleswig-Holsteins Europaminister Werner Schwarz, erklärte: „Gerade in Zeiten großer Herausforderungen erweist sich die EU als Fels in der Brandung, wenn es darum geht, Frieden, Sicherheit und Wohlstand in Europa aufrechtzuerhalten.“ Das europäische Projekt sei häufig gestärkt aus Krisen hervorgegangen. Doch in den letzten Jahren sei deutlich geworden, dass die Handlungsfähigkeit der EU vermehrt an ihre Grenzen gelange. Das gelte etwa in der Außen- und Sicherheitspolitik, in der Entscheidungen bislang nur einstimmig getroffen werden können. „Nach der Europawahl ist deshalb ein guter Zeitpunkt, innezuhalten und die Debatte über die Weiterentwicklung der EU intensiv fortzuführen. Ich freue mich sehr, dass wir heute Gelegenheit hatten, uns hierzu mit der Bundeskanzlerin a. D. Dr. Angela Merkel auszutauschen. Aufgrund ihrer umfassenden europapolitischen Erfahrungen war dies ein herausragender Moment im über 30-jährigen Bestehen der Konferenz“, betonte Schwarz. Zugleich wies der Europaminister darauf hin, dass das Vertrauen der Bürger und der Wirtschaftsakteure in die EU als Wohlstandsgarant zuletzt gelitten habe. „Ein Thema, bei dem Brüssel deshalb schnell und sichtbar Fortschritte erzielen muss, ist der Bürokratieabbau. Dieser muss eine politische Priorität in der neuen Legislaturperiode sein“, forderte Schwarz. Erfreut zeigte sich der Europaminister auch über den Beschluss zur Zukunft der Kohäsionspolitik: „Die Botschaft der Europaministerkonferenz bleibt klar: Für eine harmonische Entwicklung der EU muss die Kohäsionspolitik auch weiterhin in allen Regionen umgesetzt werden.“
Hessens Europaminister Manfred Pentz sagte: „Diese Europawahl war eines der größten demokratischen Ereignisse der Welt. Die gestiegene Wahlbeteiligung ist ein starkes Signal, dass die Bürgerinnen und Bürger die europäische Integration unterstützen. Das ist sehr erfreulich. Mit Blick auf das Wahlergebnis muss man aber feststellen, dass viele Wählerinnen und Wählern ihren Frust über die nationale Politik an Europa ausgelassen haben. Wenn jeder Fünfte für Parteien stimmt, die überwiegend antieuropäische Forderungen vertreten, dann kann das einen nicht zufriedenstellen“, sagte Pentz. „Die Verschiebung der Kräfteverhältnisse in Europa ist deshalb ein klarer Fingerzeig darauf, dass Europa sich stärker um die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger kümmern muss. Das Europaparlament war in den letzten fünf Jahren leider nicht immer der Ort von bürgernahen Debatten, sondern ab und an hatte man das Gefühl, dass die dort geführten Diskussionen sehr weit von der Alltagsrealität der Menschen entfernt waren. Umso wichtiger ist es jetzt, dass schnell pragmatische Lösungen für Europa gefunden werden. Lösungen, die den Alltag der Menschen erleichtern, unseren Wohlstand sichern und unsere Verteidigungsfähigkeit erhöhen. Ich wünsche mir als ein erstes wichtiges Zeichen, dass die Staats- und Regierungschefs sowie das Europaparlament jetzt keine langwierigen Hinterzimmerdebatten um die künftige EU-Kommission führen, sondern in einem zügigen, klaren und transparenten Verfahren die neue Kommissionsspitze bestimmen“, betonte Hessens Europaminister.
Liv Assmann, Staatsrätin und Bevollmächtigte der Freien und Hansestadt Hamburg beim Bund, der Europäischen Union und für auswärtige Angelegenheiten sagte: „Die Ergebnisse der Europawahl sollten für alle Demokratinnen und Demokraten ein Ansporn sein sich noch mehr für die europäische Idee und demokratischen Grundwerten einzusetzen. Um die anstehenden Herausforderungen zu meistern, brauchen wir eine geeinte und wirtschaftlich starke EU.“ Die EMK fordert in ihrem Beschluss zur „Zukunft der EU“ unter anderem weitere Reformen, die die Handlungsfähigkeit der EU nach einer möglichen Erweiterung gewährleistet. „Eine Gemeinschaft mit perspektivisch 30 Mitgliedstaaten muss weiterhin handlungsfähig sein. Institutionelle Reformen wie die Abschaffung des Einstimmigkeitsprinzips bei Entscheidungen der Außen- und Sicherheitspolitik müssen gleichzeitig zum Erweiterungsprozess verfolgt werden. Um den inneren Zusammenhalt der EU und die Gemeinschaft insgesamt zu stärken, darf die EU beim anstehenden Wandel niemanden zurücklassen. Die Stärkung der sozialen Dimension sollte daher auch in den Diskussionen um die Zukunft der EU ein wichtiges Element sein. Der Europäischen Säule sozialer Rechte kommt hier eine zentrale Rolle für den weiteren sozialen und wirtschaftlichen Fortschritt innerhalb der Europäischen Union zu“, betonte Assmann und ergänzte: „Mit dem weiteren Beschluss zur ,Zukunft der Kohäsionspolitik´ haben sich die Länder für eine Weiterführung der europäischen Kohäsionspolitik ab 2028 ausgesprochen, von der alle Regionen Europas profitieren und die die anstehende grüne und digitale Transformation unterstützt. Auch eine kluge und lokal gut ausgerichtete EU-Fördermittelpolitik fördert die Handlungsfähigkeit der EU und stärkt ihre Akzeptanz vor Ort.“
Hintergrund:
Die Konferenz der Europaministerinnen und Europaminister (Europaministerkonferenz – EMK) hat sich am 1./2. Oktober 1992 als eigene Fachministerkonferenz konstituiert. Schleswig-Holstein hat vom 1. Juli 2023 bis 30. Juni 2024 turnusmäßig den einjährigen Vorsitz der EMK inne. Zum 1.Juli 2024 wird Thüringen den Vorsitz übernehmen. Alle Beschlüsse der EMK sind unter www.europaminister.de abrufbar.