Ratzeburg (pm/aa). „Gegen das Vergessen“ lautet das Unterthema der Fotodokumentation, deren Bilder in der Geschäftsstelle der Raiffeisenbank Südstormarn-Mölln ausgestellt werden. Die Genossenschaftsbank lud aus Anlass des 30. Jahrestags der Grenzöffnung in ihre Filliale in der Ratzeburger Herrenstraße zu einer Vernissage ein. Bankvorstand Kai Schubert begrüßte am Freitag (25. Oktober) die Gäste und führte in die Fotoausstellung von Heike und Hartwig Fischer ein.
Am 9. November jährt sich der überraschende Fall der Berliner Mauer mit der Öffnung der innerdeutschen Grenzen zum 30. Mal. Nur drei Tage später wurde am 12. November 1989 die bislang hermetisch geschlossene Grenze an der Bundesstraße 208 nahe Mustin geöffnet. Tausende Bürger aus dem Kreis Herzogtum Lauenburg haben den DDR-Bürgern bei deren Fahrt in den Westen einen begeisterten Empfang bereitet. Kein Zeitzeuge wird diesen bewegenden Tag je in seinem Leben vergessen. „Ich habe heute noch Gänsehaut, wenn ich an diese Tage denke“, sagte Schubert.
Unmittelbar nach der Grenzöffnung wurden die menschenverachtenden Elemente der Grenzsperranlagen wie Wachtürme, Metallgitterzäune, Beobachtungsbunker, Panzersperren und Hundelaufanlagen innerhalb weniger Monate aus verständlichen Gründen fast vollständig abgebaut. Aus zeitgeschichtlicher Perspektive wäre es sinnvoll gewesen, wenn heute noch weitere Elemente der Sperranlagen als Relikte einer inhumanen Politik für die Nachwelt erhalten geblieben wären. „Ende 1990 war kaum noch etwas zu sehen“, weiß Heike Fischer zu berichten.
Die Ratzeburgerin Heike Fischer war damals als Redakteurin bei den Grenzöffnungen unter anderem bei Mustin, Wietingsbek und Kittlitz mit ihrer Kamera dabei. „Es waren tolle Augenblicke“, erinnert sich die Journalistin. So zeigt sie in der Ausstellung zahlreiche eindrucksvolle Fotos von den ehemaligen Grenzsperranlagen sowie den unvergesslichen Momenten der Grenzöffnung. Sie hatte sich zusammen mit ihrem Mann Hartwig intensiv auf Spurensuche an der ehemaligen innerdeutschen Grenze begeben und erläutert anhand von zahlreichen „Damals-Heute“-Fotos, wie stark die Natur sich ehemals markante Grenzpunkte innerhalb von drei Jahrzehnten als „Grünes Band“ zurückerobert hat. „Die Fischers haben die Zeit der Grenzöffnung dokumentiert. Das ist wichtig, um es nachfolgenden Generationen noch anschaulich machen zu können. Wir müssen den nachfolgenden Generationen diese Bilder nahe bringen und was es bedeutet in einem Unrechtsstaat groß zu werden“, so Kai Schubert. Er wünsche sich, dass auch viele Schulen die Gelegenheit nutzen und die Ausstellung besuchen.
Historiker Hartwig Fischer stellte in einem kurzen Überblick dar, warum dem SED-Staatssekretät Günter Schabowski bei dessen legendärer Pressekonferenz am Abend vom 9. November 1989 in Berlin mit dem verklausulierten Satz zur neuen DDR-Reiseregelung „Das tritt nach meiner Kenntnis … ist das sofort, unverzüglich“ ein folgenreicher Fehler unterlief. „Es war ein Ereignis nicht nur lokaler Bedeutung, sondern von weltpolitischer Bedeutung. Seit der Einheit 1990 ist Deutschlands erstmals kein Zankapfel der Geschichte mehr“, führte Hartwig Fischer aus, der zuvor an den Dreizigjährigen Krieg, die deutsch-franzöischen Kriege, sowie den ersten und zweiten Weltkrieg erinnerte. „Es ist eine historische Revolution gewesen und wir alle sind Zeitzeugen“, so Fischer weiter, „Es war zudem eine Revolution ohne Schuss und Tote, das ist einmalig.“ Die Angst und aber auch der Mut der wären riesengroß gewesen, würdigte Fischer den Verdienst der Bürgerrechtler der DDR.
Heike und Hartwig Fischer haben die historischen Monate vom Fall der Berliner Mauer bis zur Deutschen Einheit am 3. Oktober 1990 hautnah miterlebt. Viele der jetzt ausgestellten Fotos sind auch in ihrem Buch „Weltgeschichte vor der Haustür“ (ISBN: 978 – 3 – 00 – 047379 – 1) zu finden, welches inzwischen in der fünften Auflage erschienen ist.
Die Fotos der Ausstellung sind im Foyer der Raiffeisenbank in der Herrenstraße während der Öffnungszeiten bis zum 13. November 2019 zu sehen.