Ratzeburg (aa). Auf großes Interesse stieß Dienstag (19. Februar) die Kandidatenvorstellung in der Riemannhalle zur Bürgermeisterwahl in Ratzeburg. Rund 1.000 Zuschauer hatten sich eingefunden, um sich ein Bild darüber zu machen, wen sie am 10. März wählen wollen und wen vielleicht nicht.
Der Bürgermeister hat primär zwei Aufgaben: Er ist der Chef der Stadtverwaltung und er hat die Beschlüsse der Stadtvertretung umzusetzen. Moderator des Abends, Hauke Christiansen, klärte zu Beginn noch mal über die Funktion und Kompetenzen des Bürgermeister auf. Trotzdem wurden im Laufe des Abends aus dem Publikum heraus immer wieder auch Fragen gestellt, auf die die Bewerber nur mit „Dafür ist der Bürgermeister nicht verantwortlich, das ist eine politische Entscheidung“ antworten konnten. Das wirkte vielleicht ausweichend, war aber ehrlich. Teilweise ließen sie sich aber auch zu einem persönlichen Statement hinreißen. So konnte manchmal der Eindruck entstehen, der Bürgermeister sei doch mehr als „nur“ der Chef der Stadtverwaltung und könne politische Entscheidungen maßgeblich mit beeinflussen.
Wegweisend hätte hier eigentlich die erste Publikumsfrage, gestellt von Bürgervorsteher Ottfried Feußner, sein können. So spricht sich die SPD Ratzeburg mittlerweile gegen die geplante Ortsumgehung aus. Feußner fragte, wie SPD-Mann Manfred Börner als Bürgermeister damit umgehen würde. Dazu Börner: „Ihre Frage überrascht mich nicht. Ich werde mich natürlich dem Primat der Politik unterstellen.“
Auch wenn die Kompetenzen eines Bürgermeister gering sind, gaben alle fünf Kandidaten an, künftig mit der Politik enger zusammenarbeiten zu wollen, Impulse und Initialzündungen zu geben. Darüber hinaus hatte der Abend keine größeren Überraschungen parat. Die Kandidaten hielten sich bei ihrer Vorstellung und der anschließenden Fragerunde überwiegend an ihre Kernaussagen der letzten Wochen.
Manfred Börner zeigte viel Sachkompetenz, wies natürlich nochmals auf seine Verwaltungserfahrung hin. Seine Hauptthemen sind die Verbesserung der Kita-Versorgung, der Jugendarbeit sowie des ÖPNV. Zudem will er Tourismus, Sport und Kultur in der Stadt weiter voranbringen und sich um ein neues Verkehrskonzept kümmern.
Sami El Basiouni „will seinem Ratzeburg etwas zurückgeben“. Aufgrund seiner Erfahrung als Unternehmer und als langjähriger Vertreter in der Kommunalpolitik habe er den Durchblick. Dass er ein „Nicht-Verwaltungsmensch“ sei, sehe er eher als Vorteil, um frischen Wind in die Verwaltung zu bringen. Zudem will er die Innenstadt beleben. „Ratzeburg muss sich neu erfinden“, betonte er erneut. Ratzeburg sei eine Touristenstadt. Daher fordere er ein enges Zusammenspiel zwischen Tourismus und Gewerbe.
Auch Björn Knabe sieht sich trotz fehlender Erfahrungen in Politik und Verwaltung nicht im Nachteil. Für ihn zähle mehr der gesunde Menschenverstand, dass mal etwas anders gemacht wird und bei Entscheidungen wieder mehr die Menschen zählen, die sie betreffen. Als Unternehmer hat er sich ebenfalls auf die Fahne geschrieben, der örtlichen Wirtschaft das Leben einfacher zu machen. Im Gegensatz zu El Basiouni sieht er jedoch, dass die Insel genug Parkplätze hat. „Wir müssen sie nur anders bewirtschaften“, sagte Knabe.
Der dritte Unternehmer der Kandidatenrunde ist Gunnar Koech. Wie El Basiouni und Knabe sieht er sich gerade dadurch prädestiniert, der Stadt eine neue Note zu verleihen. Koech: „Wenn man Bürgermeister von Ratzeburg werden will, muss man schon ein spezieller Typ sein. Ich bin doppelt speziell, weil ich schon das zweite Mal antrete. Ich brenne für diese Stadt, bitte brennen Sie mit mir.“ Sein zentrales Thema lautet, den Zielverkehr nach Ratzeburg zu stärken und zeigen, dass Ratzeburg etwas besonderes zu bieten habe. Insbesondere wolle er den Marktplatz mit mehr Veranstaltungen bewerben und dort auch Gastronomie etablieren. „Wir müssen die Stadt nach außen vermarkten“, so Koech weiter.
Thomas Kuehn setzt auf sein Wissen und seine Kompetenzen in der Kommunalpolitik. Zudem habe er berufliche Leitungserfahrung vorzuweisen. „Verwaltungserfahrung habe ich nicht“, gab er zu. Er vertraue auf die Kompetenzen der Mitarbeiter in der Stadtverwaltung. „Ich habe natürlich einige Themen, die mir am Herzen liegen“, so Kuehn weiter. Dies seien unter anderem die Weiterentwicklungen des südlichen Inselrands, die Volkshochschule, die Etablierung eines Kulturetats sowie die Stärkung des Ehrenamts.
Heftige Wortgefechte und Debatten gab es an diesem Abend nicht. Alle Beteiligten blieben stets sehr sachlich. Kurz vor 21 Uhr (Beginn war um 19 Uhr, Ende gegen 22 Uhr) verließ ein Großteil der Zuschauer die Riemannhalle. Der Grund hierfür war möglicherweise „König Fußball“ beziehungsweise Anstoß in der Champions League um 21 Uhr.