Ratzeburg (pm). ‚Demokratieskepsis begegnen‘ ist eines der erklärten Ziele, an denen die ‚Partnerschaft für Demokratie‘ der Stadt Ratzeburg und des Amtes Lauenburgische Seen ihre demokratiestärkende Arbeit nach Willen des fördernden Bundesprogramms ‚Demokratie leben!‘ ausrichten soll. Ein erster Ansatz dazu wurde jetzt im gemeinsamen politischen Bildungsprojekt des Vereins Miteinander leben e.V. und der Volkshochschule Ratzeburg und Umland e.V. im Rahmen eines Fachaustauschs gefunden. Vertreterinnen und Vertreter örtlicher Jugendeinrichtungen berieten zusammen mit Expertinnen und Experten der demokratiepädagogischen Jugendarbeit aus ganz Schleswig-Holstein über neue Konzepte für Lern- und Erfahrungsprojekte zu ‚Demokratieskepsis‘ im Ratzeburger Rathaus.
Im Vordergrund stand dabei zunächst eine Situationsanalyse, in der ein gemeinsamer Erfahrungshorizont aus ganz unterschiedlichen Perspektiven zusammengetragen wurde. Erfahrungen aus der Medienpädagogik, aus der Antisemitismusprävention, aus der aufsuchenden und stationärem Jugendarbeit, aus verschiedenen schulischen und außerschulischen Demokratieprojekten flossen dabei ineinander. Sie schufen ein gemeinsames Bild von Themen, die junge Menschen bewegen und von Herausforderungen, die sie belasten. Hier wurden auf der Themenseite Schlagworte wie Digitalisierung, Klimawandel, Krieg, Wirtschaft, Zusammenhalt, Einsamkeit, Diskriminierung, Rassismus, Migration, Männlichkeit, Sexismus oder Rechtspopulismus genannt. Bei den Herausforderungen fielen Beschreibungen, wie Medienkonsum und permanente Informationsflut, die Nachwirkungen der Coronamaßnahmen, die immense Vielfalt an Vorbildern, an Dialogräumen (Filterblasen) und an Orientierungsangeboten sowie die wachsende Komplexität der Welt mit ihren beängstigenden Polykrisen.
In einem zweiten Schritt wurde über die Haltung junger Menschen zur Demokratie gesprochen. Dabei wurde deutlich, dass Demokratie von ihnen nicht unbedingt infrage gestellt wird. Vielmehr wurde ein fortschreitender Vertrauensverlust in Demokratie festgestellt, dem entgegengewirkt werden muss.
Als mögliche Projektidee, die in diesem Sinne wirken könnte, wurde ein handlungsorientiertes Konzept erarbeitet, das darauf zielt, jungen Menschen Erfahrungen von politischer Selbstwirksamkeit und Resilienz zu vermitteln. Sie sollen dabei in Kontakt mit „Vorbildern“ älterer Generationen kommen, die auch vor Ort für all die Errungenschaften unserer Demokratie aktiv gearbeitet, gestritten, demonstriert und gekämpft haben. Auf diese Weise könnte vermittelt werden, dass die Demokratie, wie sie junge Menschen heute als selbstverständlich erleben, etwas Gewachsenes ist, das nur durch den Einsatz vieler Menschen möglich wurde. Und es sind diese Menschen, diese „Vorbilder“, die jetzt ihren Staffelstab an die junge Generation weiterreichen wollen, damit sie die Demokratie für sich und alle noch weiter verbessern und vervollkommnen. So wäre das Projektprinzip ein „Call to action“, ein Aufruf, sich mit den eigenen Ideen und Vorstellungen einzubringen, einzumischen und Verantwortung zu übernehmen, ganz konkret, in einer gemeinsam gestalteten Aktion.
Denkbar wäre aber auch Demokratieprojekt, dass vor dem Hintergrund der gesammelten Themen und Herausforderungen von teilnehmenden Schulklassen mit Blick auf eigene Interessen und Bedingungen selbst entworfen wird. So wird bereits die Ausgestaltung des eigenen Projektes zu einer positiven und Selbstwirksamkeit stärkenden Demokratieerfahrung.
Über diese Projektidee wird sich in Kürze das ‚Bündnis für Demokratie und Menschenrechte der Stadt Ratzeburg und Umland‘ beugen und schauen, ob sie versuchsweise als Modellprojekt in Kooperation mit den örtlichen Schulen verwirklicht werden kann. Es wäre ein erster Projektbaustein in dem Zielbereich ‚Demokratieskepsis begegnen‘, so wie es sich das fördernde Bundesprogramm ‚Demokratie leben!‘ des Bundesministeriums für Familie Senioren, Frauen und Jugend wünscht.