Herzogtum Lauenburg/Ratzeburg/Lübeck (pm). Zwei Seelsorger, eine Predigtstätte: Gert-Axel Reuß und Philip Graffam sind künftig beide in der Backsteinkirche beheimatet. Im Ratzeburger Dom ist in den vergangenen gut 850 Jahren häufig Kirchengeschichte geschrieben worden – und jetzt geschieht es einmal mehr: Ab sofort hat die ehrwürdige Backsteinkirche nämlich nicht nur einen Probst, sondern auch einen Propst.
Die ganze Geschichte
Philip Graffam ist seit dem 1. August der neue Propst im Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg und tritt die Nachfolge von Frauke Eiben in der Propstei Lauenburg an, die in den Ruhestand getreten ist. Mit dem Amtswechsel tritt eine weitere Änderung in Kraft: Im Frühjahr hatte die Synode beschlossen, die Predigtstätte des neuen Propstes von der Stadtkirche St. Petri in den Ratzeburger Dom zu verlegen. Und dort trifft Philip Graffam nun auf Gert-Axel Reuß, seit mehr als 20 Jahren Domprobst in Ratzeburg. Der Gedanke liegt nah, nun zu dem Schluss zu kommen: Aha, künftig gibt es also zwei Pröpste in dem stadtbildprägenden Gotteshaus, die sich die Aufgaben teilen. Doch der Anschein trügt: Der Teufel steckt im Detail, denn ein Probst mit b ist etwas ganz anderes als ein Propst mit p.
„Mein Titel ist eng mit der Geschichte des Ratzeburger Doms verbunden. Man kann sogar sagen: Als Domprobst bin ein Kapitel für mich“, sagt Gert-Axel Reuß. Genauer gesagt stammt die Bezeichnung des Seelsorgers aus der Zeit, als es in dem Gotteshaus noch ein Domkapitel gab. „Der Domprobst war damals nicht nur Vorsitzender dieses Domkapitels, er war zugleich auch Domprediger“, erläutert der Theologe. Ein Domkapitel gibt es seit 350 Jahren nicht mehr. An dessen Stelle ist heute der Kirchengemeinderat getreten. „Den Domprobst aber gibt es noch immer – und ich freue mich, dass dieser Titel all die Jahrhunderte erhalten geblieben ist“, betont Reuß. Verwechslungsgefahr oder Irritationen bei den Gottesdienstbesuchern fürchtet der Domprobst nicht: „Ein Propst hat ganz andere Aufgaben, sein Blickwinkel ist als Verantwortlicher für 34 Kirchengemeinden in der Propstei Lauenburg ein anderer.“ Reuß freut sich auf Philip Graffam: „Wir wünschen uns, dass der neue Propst sich im Dom zu Hause fühlt und hier die Kraft sammeln kann, die er für seine Arbeit im Kirchenkreis braucht.“ Wünsche vom Probst, über die sich der Propst freut.
„Als ich während der Bewerbungsphase hörte, dass der Ratzeburger Dom die neue Predigtstätte werden würde, hat mich das persönlich sehr gefreut – nicht nur, weil ich Gert-Axel Reuß seit vielen Jahren gut kenne und seine Arbeit schätze“, sagt Philip Graffam und spricht von einem zusätzlichen Motivationspunkt. „Es ist ein wunderbares Gebäude mit einer außergewöhnlichen Aura.“ Für den neuen Propst im Herzogtum Lauenburg ist es aber nicht allein der Dom, der seine künftige Predigtstätte zu etwas Besonderem macht: „Als Jugendlicher bin ich in Braunschweig aufgewachsen und immer, wenn ich über den dortigen Burgplatz gegangen bin, habe ich die Skulptur gesehen, die zu Ehren Heinrich des Löwens aufgestellt worden war.“ Ein Abguss dieser Löwenfigur steht auch vor dem Ratzeburger Dom. „Für mich ist dies sehr emotional, weil sich in meinem Leben an dieser Stelle etwas schließt“, sagt Graffam.
Auf Initiative Heinrich des Löwen war mit dem Bau 1154 begonnen worden. Vollendet wurde der Dom im Jahre 1220. Der Ratzeburger Dom ist heute das Wahrzeichen der Kreisstadt und weit über die Grenzen des Herzogtum Lauenburgs bekannt. Die dreischiffige Pfeilerbasilika mit ihrem kreuzförmigen Grundriss ist einer der frühesten Backsteinbauten Norddeutschlands und als Denkmal von nationaler Bedeutung. Seit 2017 gehört der Ratzeburger Dom zum Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg.