Ratzeburg (pm). Das Ratzeburger Bildungsnetzwerk, ein Zusammenschluss von Bildungsinstitutionen und Einrichtungen mit Bildungsauftrag unter dem Dach der Partnerschaft für Demokratie der Stadt Ratzeburg – Amt Lauenburgische Seen, hat sich in einer gemeinsamen Fortbildung mit der Frage befasst, wie sich demokratiestärkende Bildungsorte in Ratzeburg nachhaltig. Wie können sich Bildungsorte zukunftsfähig entwickeln?
Auf Anregung der Stadtbücherei, einer jener Bildungsorte, wurde das methodische Konzept des „Design Thinking“ vorgestellt, das Institutionen in die Lage versetzt, aus dem Blickwickel der eigenen Nutzerschaft Bildungsangebote und Bildungsräume so zu gestalten, dass sie deren Wünsche und Bedürfnisse wirklich entsprechen. „Wir alle gestalten unsere Einrichtungen zumeist unter der Perspektive unseres fachlichen Wissens“, sagte Büchereileiterin Dajana Stolz. „Wir entscheiden damit, wie unsere Nutzerinnen und Nutzer sich hier bewegen, verweilen und welche Angebote sie wie nutzen können. Dabei fragen wir eigentlich nie, wie sie es gerne hätten, wie sie sich ihre Bücherei eigentlich vorstellen, gerade auch, um sich dort wohlzufühlen und wirklich gerne zu kommen“, so Dajana Stolz. Eine Aussage, der auch die Leitungen der Volkshochschule, der BQG Personalentwicklung oder der Jugendzentren sofort zustimmen können. Alle diese Bildungseinrichtungen sind aus fachlichen Erwägungen oder aus baulichen Notwendigkeiten immer vorgeprägt und geben den Nutzende häufig nur wenig Raum zur Mitgestaltung dieser Orte. Dabei wird deren wirkliche Bedeutung, die sie für die Menschen einer Kommune haben, häufig verkannt. Die Soziologie beschreibt sie inzwischen selbstverständlich als „dritte Orte“. Sie meint damit einen niederschwellig zugänglichen, öffentlichen und als sicher empfundenen Aufenthaltsbereich, den Menschen neben ihrem Zuhause und ihrer Arbeitsstätte bewusst für sich wählen, um auch dort ihre Zeit zu verbringen. Dies sind vor allem Bildungs- oder Freizeiteinrichtungen, die gänzlich frei oder ohne wesentliche Zugangsvoraussetzungen genutzt werden können. Gerade unter dieser Betrachtung sollten solche Orte ihren Nutzenden auch gefallen und ihnen das bieten, was sie dort für sich erwarten. Das ist zuallermeist die soziale Interaktion mit anderen, noch vor den eigentlichen Angeboten dieser Einrichtungen. Genau hier bietet das Konzept des „Design Thinking“ methodische Zugänge, um im Dialog mit den eigenen Nutzenden Verbesserungen in Ausstattung und Angeboten zu erreichen, die vor allem die Aufenthaltsqualität für alle erhöht.
„‚Design Thinking‘ ist ein Prozess des Befragens, des Zuhörens, des Beobachtens, des Ausprobierens und kritischen Bewertens, der nicht geradlinig von einem Problem zu einer Lösung schreitet, sondern der viele Zwischenschritte und Schleifen durchläuft und dabei ganz unterschiedliche Expertisen einbindet“, sagte Karl Schneider von der BQG-Personalentwicklung, der die ganztägige Fortbildung mit Fachreferentin Julia Bergmann für das Bildungsnetzwerk ermöglicht hatte. Die insgesamt 15 Teilnehmende dieser Fortbildung, an der sich auch Stadtvertreterin Bärbel Kersten sowie Mitarbeiterinnen des Ratzeburger Stadtmarketing beteiligten, verfolgten die Ausführungen zu den Gestaltungsmöglichkeiten des „Design Thinking“ mit großem Interesse. Die Leistungsfähigkeit eines solchen Prozesses wurde vor allem an Beispielen von Büchereiumgestaltungen deutlich, die Julia Bergmann präsentierte und in ihren methodischen Entwicklungsschritten analysierte. „Dieser Einblick in die nutzerzentrierte Methodik des „Design Thinking“ und dessen Anwendungsbreite für nahezu alle Aspekte von Organisation und Gestaltung einer Einrichtung hat mich persönlich sehr beeindruckt“, sagte Silvia Tessmer, Geschäftsführerin der Ratzeburger Volkshochschule. Sie kann sich sehr gut vorstellen, die Ratzeburger Volkhochschule wirklich einmal in dieser Weise im Dialog mit ihren Nutzenden zu betrachten und dabei zu erfahren, was man für sie besser oder angenehmer gestalten könnte. „Das kann uns gerade im anstehenden Prozess der Neugestaltung der Ernst-Barlach-Schule sehr helfen“, so Silvia Tessmer. Ähnlich äußerte sich auch Steffi Petersen mit Blick auf die Ratzeburger Jugendzentren und lobte die praxisorientierte Fortbildung als inspirierenden Beitrag des Bildungsnetzwerkes für alle Bildungseinrichtungen vor Ort, die ganz im Sinne des fördernden Bundesprogramms „Demokratie leben!“ demokratiestärkend wirken. „Mit diesem Werkzeugkasten des ‚Design Thinking‘ können wir strukturstärkend in all unseren Häusern wirken und so vielleicht noch mehr Menschen für unsere Angebote erreichen. Ich bin begeistert“, sagte Steffi Petersen.