Mölln (aa). „Wir sind nicht still“ hieß es am Sonntag (31. Oktober) in Mölln. Rund 250 Menschen waren dem gemeinsamen Aufruf des Vereins Miteinander leben zu einer Kundgebung gegen Rassismus auf den Marktplatz gefolgt.
„Wir sind nicht still“ wurde 2018 von der Berkenthiner Willkommenskultur ins Leben gerufen. Ein Jahr später wurde in Ratzeburg für Menschlichkeit und Menschenwürde demonstriert. Spontan ging dann der Staffelstab für die Kundgebung 2020 an Mölln, musste diesen aber wegen einer parallel liegenden Veranstaltung den Stab an Lauenburg weiterreichen. Corona durchkreuzte dann sämtliche Pläne 2020 eine Demonstration stattfinden zu lassen. So sprang nun 2021 wiederum Mölln für Lauenburg ein, die dieses Jahr am 31. Oktober terminlich ins straucheln kamen.
„Ich bin recht zufrieden, auch vom Zuspruch her. Die Stimmung war gut“, erklärte Mark Sauer (Verein Miteinander Leben), „Wir hatten die Organisation ja recht kurzfristig übernommen.“ Ebenfalls kurzfristig erfolgte dann noch die Abstimmung mit dem Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg und dem Möllner Moscheeverein.
„Die Aufgabe von allen Demokraten ist es aufzustehen und für die Demokratie einzustehen. Mölln ist bunt und das muss auch zukünftig so bleiben“, beschied Mölln Bürgervorsteher Jan Frederik Schlie. Bürgermeister Jan Wiegels erinnerte an die rassistischen Brandschläge 1992 in Mölln. Wiegels: „Das lastet schwer auf unserer Stadt. Deswegen müssen wir uns immer wieder gegen Rassismus erheben und ein Zeichen setzen. Dieses Entgegentreten erfordert Mut und Zivilcourage. Aber tun wir es nicht, greifen Rassismus und Rechtsextremismus immer weiter um sich. Wir haben alle eine moralische und grundgesetzliche Pflicht andere Menschen nicht auszugrenzen – das ist keine Option.“ Wiegels erinnerte zudem an das Anwerbeabkommen, dass vor 60 Jahren viele türkische Arbeitskräfte nach Deutschland zog und sprach den türkischen Mitbürgern seinen Dank für ihre Leistungen aus. Mölln sei dadurch auch bunter und multikultureller geworden. „Integration ist eine Daueraufgabe. Aber dieser Weg ist alternativlos. Wir lassen uns nicht vom Weg abbringen, schon gar nicht von Rassisten und Rechtsextremisten“, so Wiegels abschließend, der den „Dienst an der Demokratie“ des Vereins Miteinander Leben der letzten Jahrzehnte lobte.
Als Hauptredner konnte Dr. Cebel Küçükkaraca, Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Schleswig-Holstein (TGSH), gewonnen werden. „Meine Meinung ist, dass man das, was man ablehnt, genau verstehen muss. Das geht in offenen Gesprächen am besten. Rassismus ist kein individuelles Problem, sondern ein gesellschaftliches“, sagte Küçükkaraca. Die Ursache sei unter anderem die Verbreitung von Vorurteilen und Fakenews. Dagegen müsse man dauerhaft anwirken. „Unsere Gesellschaft wird immer bunter. Dadurch bekommen wir alle immer mehr Chancen unsere Meinungen zu überprüfen und unser Bild von der Welt mit der Realität in Einklang zu bringen.“ „Wir stehen gemeinsam auf für die Werte, auf die unsere Gesellschaft begründet ist. Die Werte unseres Grundgesetzes sind nicht verhandelbar“, ergänzte Pröpstin Frauke Eiben in ihrem Redebeitrag.
Die Redebeiträge wurden umrahmt und aufgelockert mit Musik von den „Tinitussis“ aus Hamburg, ein Folksfestgruß zur Kundgebung, sowie das Chorprojekt POLITICALied. Zum Abschluss überreichte Mark Sauer dann erneut den Staffelstab an Lauenburg, wo es dann im nächsten Jahr heißen soll: „Wir sind nicht still.“