Herzogtum Lauenburg/Lübeck (pm). Die Mitgliederzahl im Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg ist im Vergleich zum Vorjahr um 2,6 Prozent gesunken. Trotzdem sehen die Pröpstinnen Petra Kallies und Frauke Eiben mit Optimismus nach vorn: Es gab 400 Wiedereintritte und digitale Angebote sind sehr gut angenommen worden.
156.780 Menschen gehören zum Evangelisch-Lutherischen Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg. Das sind 4.216 Personen weniger als noch zum 31. Dezember 2019. Die Propstei Lübeck zählt 82.277 Gemeindeglieder (minus 2424), die Propstei Lauenburg 74.503 Personen (minus 1792). „Jeder, der geht, tut uns weh“, sind sich die Pröpstinnen Frauke Eiben und Petra Kallies mit Blick auf die Mitgliederstatistik einig. „Jeder Austritt verändert das Gesicht der Kirche vor Ort. Das wird immer spürbarer und wir reagieren darauf.“
Tiefgreifender Veränderungsprozess im Kirchenkreis
Die Gemeinden im Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg befinden sich bereits seit einigen Jahren in einem tiefgreifenden Veränderungsprozess und setzen dabei verstärkt auch auf digitale Angebote. „Hervorzuheben ist neben zahlreichen Projekten wie Segensreich oder dem virtuellen Klageraum vor allem unser #Liveline-Angebot, das es seit Beginn der Corona-Pandemie gibt“, erläutert Pröpstin Petra Kallies. Die im Internet und bei BibelTV übertragenen Gottesdienste und Andachten erfreuen sich immer größerer Beliebtheit: Durchschnittlich 350 Zuschauer seien sonntags ab 10 Uhr im Livestream mit dabei. Nachträglich würden die Videos im Schnitt 2.000-mal aufgerufen.
„Und dennoch: Wir wollen weiter für die Menschen in der Region da sein“, bekräftigen die Pröpstinnen. Taufe, Konfirmation, Trauung und Beerdigung – der Glaube und die kirchliche Gemeinschaft sind vielen Menschen immer noch spätestens zu den großen Wendepunkten des Lebens ein Bedürfnis. „Damit die Kirche im Dorf bleiben kann, muss auch das Dorf in der Kirche bleiben“, sagen Frauke Eiben und Petra Kallies.
„Gegenseitiger Respekt, Toleranz und Akzeptanz – hier kann die Kirche der Gesellschaft viel geben“ – ein Argument, das auch für Lennart Kempke zählte, jetzt wieder in die evangelisch-lutherische Kirche einzutreten. „Die Geburt meines Sohnes im vergangenen Jahr hat dazu geführt, dass sich mein Blickwinkel geändert hat. Ich habe mich intensiv mit der Frage beschäftigt, in welcher Welt mein Sohn aufwachsen soll“, sagt der 37-Jährige. Hier spielt die Kirche für ihn eine zentrale Rolle: Die Vermittlung christlicher Werte ist dem selbständigen Unternehmer wichtig. Der Erhalt historischer Gotteshäuser und Kapellen ist dem gebürtigen Lübecker ebenso wichtig. 2012 trat er aus der evangelischen Kirche aus. „Ich lebte aus beruflichen Gründen in Niedersachsen und hatte keinen Bezug zu der dortigen Gemeinde“, sagt Lennart Kempke. Trotzdem habe er nie die Verbindung zu seinem Glauben verloren. „Bereits seit längerem spüre ich, wie sehr sich Kirche verändert – nicht zuletzt durch Social Media – und viel dichter am Menschen ist als noch vor einigen Jahren.“ Er wünsche sich, dass „seine Kirche“ künftig noch selbstbewusster für ihre Werte und Ideale eintritt und in der Gesellschaft Präsenz zeigt.
400 Wiedereintritte seit 2019
Lennart Kempke ist einer von 400 Frauen und Männern, die seit 2019 im Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg wieder aufgenommen worden sind. Wer wieder eintreten möchte, kann dies direkt beim Gemeindepastor an seinem Wohnort tun – oder sich an Jochen Schultz wenden. Er ist Pastor und Ansprechpartner in der Eintrittsstelle des Kirchenkreises Lübeck-Lauenburg. „Ein Wiedereintritt ist einfach: Man verabredet sich zu einem persönlichen Gespräch mit einer Pastorin oder einem Pastor. Eine gute Gelegenheit, einander kennenzulernen. Währenddessen unterschreiben beide eine Wiedereintrittserklärung“, berichtet der 60-Jährige und versichert, dass niemand etwas Vorsingen oder das Vaterunser vorbeten müsse. Auch umfangreiche Anträge müssten nicht gestellt werden. „Jesus ist auch nicht mit Formularen unterwegs gewesen. Es geht um den Menschen. Daran hat sich nichts geändert“, sagt Jochen Schultz. Seine Erfahrung aus mehr als zehn Jahren in der Wiedereintrittsstelle sei, dass Menschen, die den Weg zurück zur Kirche suchen, häufig nicht vollends den Kontakt zum Glauben verloren hätten – mitunter sogar weiter Gottesdienste besuchten oder in Chören sangen. „Sie wollen dann für sich etwas ins Reine bringen, etwas glatt ziehen. Andere stellen bei Taufen, Hochzeiten oder Beerdigungen fest, dass Kirche etwas zu sagen, eine für sie gute und wichtige Botschaft hat. Oder aber sie kommen zur Überzeugung, dass sie sich eine Gesellschaft ohne die Stimme und das Engagement der Kirche nicht vorstellen mögen und die Kirchensteuer für sie eine Art Solidaritätsbeitrag ist.“
Übrigens zahlten nur etwa 35 Prozent aller Kirchenmitglieder auch Kirchensteuer, betont Schultz, nämlich diejenigen, die ein steuerpflichtiges Einkommen haben. So sind zum Beispiel Kinder, Jugendliche, Senioren und Erwerbslose von der Zahlung befreit.