Ratzeburg (aa). Mit rund 60 Zuhörern war die gestrige Bauauschusssitzung im Ratzeburger Ratssaal mehr als gut besucht. Grund war der Tagesordnungspunkt acht, die abschließende Beschlussfassung zum Bebauungsplan Nr. 81 an der Seedorfer Straße. Die zahlreich erschienenen Anwohner wollten ihre Chance für einen Appell nutzen, die Politiker zu einem Dialog abseits einer Sitzung zu bewegen.
Dass Ausschussvorsitzender Werner Rütz im Rahmen der Einwohnerfragestunde den Anwohnern der Seedorfer Straße viel Zeit und Raum für ihre Fragen und Anregungen ließ, kann durchaus als weise Entscheidung gewertet werden. Sicher war es mit ein Garant dafür, dass zu keiner Zeit das Gefühl aufkam, dass die Stimmung kippen könnte. Alle Beteiligten blieben sachlich, der Ton blieb auf einem äußerst respektvollen Niveau.
So bekamen die Anwohner insgesamt rund 45 Minuten Zeit, ihre Sorgen und Anregungen zum dem Wohnbauprojekt (Herzogtum direkt berichtete) zu Gehör zu bringen. Im Vordergrund standen die Kritikpunkte der Anwohner: zu hohe Gebäude, ein fehlendes ÖPNV-Konzept, zu wenig Raum für soziale Begegnungen, zu wenig Parkplätze und die Frage, warum sich die Planungen von 70 bis 90 Wohneinheiten auf bis zu 150 vergrößert habe. Zudem appellierten die Anwohner immer wieder an die Ausschussmitglieder, dem Projekt mehr Zeit einzuräumen. Dazu Anwohner Peter Köhler: „Eine Einwohnerfragestunde eignet sich nicht für einen Dialog.“ Kathrin Roßberg ergänzte: „Wir wollen ein gutes Miteinander. Wir wollen Teil des Projektes sein.“ Und Anwohner Arno Jester schlug vor, den Tagesordnungspunkt zu verschieben, um dann das gemeinsame Gespräch zu suchen.“
„Wir haben über Ihre Bedenken nachgedacht“, meldete sich Ratsherr Professor Dr. Ralf Röger (CDU) zu Wort, der zudem die Sachlichkeit der Anwohner lobte. Röger wies daraufhin, dass die Anzahl der Wohnheiten variabel und daher nicht entscheidend sei, wenn die Grundfläche gleich bliebe. Zudem erklärte er, dass er in der Kreisbaugenossenschaft einen sozialverantwortungsvollen Investor und Vermieter sehe. Köhler dankte Röger für seine Antwort. „Wir können nicht ahnen, was hinter den Türen bei Fraktionssitzungen beraten wird.“ Er wünsche sich daher mehr Dialoge dieser Art.
„Wir hatten hierzu bislang wenig Bürgerbeteiligung“, warf Sami El Basiouni (BfR) zum Ende der Einwohnerfragestunde ein, „wir sollten den Spielball der Anwohner aufnehmen. Wir sollten sagen, wir wollen den Dialog und sollten, wenn nötig, den Tagesordnungspunkt verschieben. Wir können die Bürger nicht so einfach ignorieren.“ Doch alle Bitten auf Dialog und Absetzung des Tagesordnungspunktes nützten nichts. Ein entsprechender Antrag El Basiounis auf Verschiebung des Themas wurde zu einem späteren Zeitpunkt der Sitzung mit sieben zu vier Stimmen abgelehnt.
Im Folgenden stellte Diplom Ingenieur Herrmann S. Feenders nochmals die Planungen vor und ging dabei auch auf die Einwände der Anwohner ein. „Selbstverständlich haben alle Planungsbeteiligten ihre Einwände sehr Ernst genommen. Wir haben unser Bestes getan“, beteuerte Feenders, der insbesondere von Ratsherr Heinz Suhr (FRW) mit Fragen gelöchert wurde. „Mir ist nicht klar, wie die Geschossflächen berechnet werden?“, lautete eine Frage Suhrs. Feenders antwortete, dass Staffelgeschosse nicht mit berechnet werden. Aus Sicht Suhrs entstehe so auf dem Papier ein falscher Eindruck, da ein dreistöckiges Gebäude genauso hoch wirke, wie ein zweistöckiges Haus, das zusätzlich ein Staffelgeschoss besitzt. Aus seiner Sicht sei dies eine „Mogelpackung“.
Die Gefahr der Entstehung eines sozialen Brennpunkts sieht Feenders nicht und wies auf den geplanten Mix an Wohnungen hin. Auch der Lärm werde keine unzumutbare Belastung darstellen.
Laut Feenders werde es nötig sein, fünf Bäume für die Erschließung des Geländes zu fällen. Ratsherr Dr. Torsten Walther (Bündnis 90/Die Grünen) forderte, dass alles unternommen werde, um diese Anzahl nach Möglichkeit noch weiter zu reduzieren. Neuanpflanzungen könnten Jahrzehnte alte Bäume nicht ersetzen.
Bauausschussmitglied Klaus-Peter Roggon (SPD) erkundigte sich bei der anwesenden Désirée Tummescheit (Kreisbaugenossenschaft), ob es möglich sei, im Wohnbaugebiet einen sozialen Treffpunkt einzurichten. „Das ist sehr kostenintensiv“, entgegnete diese.
Zum Schluss legte Heinz Suhr nochmals los: „Wir als FRW können dem Bebauungsplan so nicht zustimmen.“ Es gäbe kein überzeugendes Konzept für eine soziale Durchmischung. Suhr weiter: „Es gab nach der Bürgerbeteiligung 2016 eine Einigung auf eine Variante. Die ist jetzt total vom Tisch“, prangerte er an. Stattdessen sei die Wohnungsanzahl mehr als verdoppelt worden, die Aufenthaltsflächen extrem gering, für potentiell 300 Menschen sei es unzumutbar. Zum Umgang mit den Bedenken der Anwohner sagte er: „Das ist keine Bürgernähe, das ist einfach ein ‚Abwatschen‘.“
Ratsherr Röger erklärte abschließend, dass die Beteiligung der Kreisbaugenossenschaft für ihn ein ganz wichtiges Kriterium für seine Zustimmung sei.
Die Mitglieder des Bauauschusses stimmten am Ende mit sieben Ja-Stimmen, drei Nein-Stimmen und einer Enthaltung für den „Bebauungsplan Nr. 81 ‚östlich Seedorfer Straße, südlich Friedhof, nördlich Königsberger Straße‘ im Verfahren nach § 13 a BauGB“. Die abschließende Entscheidung muss nun die Stadtvertretung fällen.