Kiel/Herzogtum Lauenburg (pm). Auch bestehende Windkraftanlagen in Schleswig-Holstein werden darauf überprüft, ob sie unter Anwendung der neuen Hinweise zum Schallimmissionsschutz der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI-Hinweise) die zulässigen Lärmimmissionen einhalten. Ein entsprechendes Überwachungskonzept für Bestandsanlagen, das vom Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR) umgesetzt wird, hat das Kieler Umwelt- und Energiewendeministerium (MELUND) gestern (3. Juli 2018) per Erlass auf den Weg gebracht. „Für Neuanlagen haben wir bereits Anfang des Jahres das neue Beurteilungsverfahren umgesetzt. Selbstverständlich müssen aber auch die Bestandsanlagen die zulässigen Immissionswerte sicher einhalten. Deshalb werden sie jetzt einer systematischen Überprüfung unterzogen“, sagte Umweltminister Robert Habeck.
Insgesamt werden in den kommenden Jahren in Schleswig-Holstein etwa 3.000 Windkraftanlagen überprüft. Es handelt sich hier um Anlagen, die vor dem 1. Februar 2018 errichtet wurden. Im Rahmen einer Priorisierung wird die Überwachung aller bestehenden Windkraftanlagen im Zeitraum von voraussichtlich zwei bis drei Jahren durchgeführt werden. Das LLUR wird zunächst dort tätig werden, wo behördlicher Handlungsbedarf am ehesten zu erwarten ist.
Das MELUND und das LLUR werden im Frühjahr 2019 einen ersten Erfahrungsbericht zum Vollzug des Überwachungskonzeptes vorlegen.
Hintergrund:
Ein Expertengremium des DIN/VDI-Normenausschusses Akustik, Lärmminderung und Schwingungstechnik hatte ab 2014 ein neues Prognoseverfahren (Interimsverfahren) zur Prognose der Geräuschimmissionen von Windkraftanlagen (WKA) erarbeitet und 2015 veröffentlicht, nachdem mehrere Messkampagnen seit 2014 systematische Abweichungen zwischen gemessenen und berechneten Schallimmissionen bei Windkraftanlagen festgestellt hatten. Dieses Interimsverfahren korrigiert die Bodendämpfung für hohe Quellen wie WKA. Damit wird eine realistischere Prognose der Geräuschbelastung (Schallimmission) durch WKA ermöglicht.
Unterschiede zwischen dem alten und dem neuen Beurteilungsverfahren bestehen insbesondere darin, dass die Bodendämpfung jetzt nicht mehr einberechnet und das Berechnungsverfahren auf eine frequenzabhängige Berechnung umgestellt wird. Die Regelungen können sich in Einzelfällen auf den Nachtbetrieb von Anlagen auswirken. Der Tagbetrieb bleibt davon unberührt, da dort wie bei anderen Lärmverursachern auch deutlich höhere Immissionsrichtwerte gelten. Die Immissionsrichtwerte für Schall, die sich aus der TA Lärm ergeben, gelten unverändert.
Im September 2017 hat die Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) den Bundesländern empfohlen, die LAI-Hinweise zum Schallimmissionsschutz bei WKA, die sich auf das Interimsverfahren beziehen, anzuwenden. Die Umweltministerkonferenz nahm die LAI-Hinweise im November 2017 zur Kenntnis.
Die Landesregierung hat am 31. Januar 2018 die aktuellen LAI-Hinweise zum Schallimmissionsschutz bei WKA in Schleswig-Holstein per Erlass eingeführt. Bei neuen Genehmigungsverfahren finden die Hinweise bereits Anwendung. Nun beginnt das Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR) mit der Umsetzung eines daraufhin erarbeiteten Überwachungskonzeptes zur Überprüfung der Bestandsanlagen. Hierzu wird zunächst in einem überschlägigem Verfahren überprüft, wo und nach welchen Prioritäten das LLUR eingehendere Überprüfungen veranlasst bzw. wo behördlicher Handlungsbedarf nicht zu erwarten ist.