Von Vera Bade
In der 80-er Jahren sagte die Nichte meines Mannes einmal ihrer Oma: „Wie kannst du so viel Putzmittel benutzen? Und vom Waschmittel nimmst Du auch zu viel für einen Waschgang! Oma, das geht alles dann in das Grundwasser, in unseren See!“
Die 80-er waren die Zeit der Entstehung der „Grünen“ und ihres Kampfes für die Umwelt. Die damals ganz junge Nichte war schon gut aufgeklärt (wie heute auch – über Nitrate und multiresistente Keime im Wasser). Wenn ich heute Aufrufe wie „Kinder an die Macht!“ in der Presse lese denke ich an dieses damals 16-jährige Mädchen, das seine Oma belehrt hatte. Die Erwachsenen haben es nicht geschafft, die Verbrechen mancher Konzerne gegen die Natur zu verhindern und wir wissen heute, zu welchem Ausmaß das Wasser und die Luft verschmutzt sind. Erst jetzt reden wir von unserer Schuld vor den Jüngeren, vor den nächsten Generationen. Und wir erinnern uns an die Rede des Indianerhäuptlings: „Wenn Ihr das Wasser und die Erde vergiftet habt, werdet Ihr feststellen, dass Ihr das Geld nicht essen könnt“.
In Bolivien haben sie ein Ministerium für Mutter Erde, wäre es nicht schöner und aktueller, statt ein Heimatministerium einzurichten dem bolivianischen Beispiel zu folgen? Über den Begriff Heimat wird zur Zeit viel geredet und geschrieben. Im Archäologischen Museum in Hamburg läuft die Ausstellung „Zwei Millionen Jahre Migration“, bei der es um die Wanderungsbewegungen von Afrika über Westasien nach Europa geht. Ein Anthropologe sagte vor kurzem: „Wenn Menschen nach ihrem Ursprungsland geschickt werden sollten, dann sollten wir alle nach Afrika geschickt werden…“.
Das „globale Bewußtsein“ ist bei vielen Millionen Menschen auf dem Globus weit entwickelt, da so viele in einem Land geboren, im anderen aufgewachsen sind, im dritten studiert und sich noch woanders zur Arbeit niedergelassen haben. Ich habe schon öfter eine Berufsbezeichnung in der Presse gesehen, die ich früher für einen Traumjob gehalten habe: „Autor und Weltreisender“. Auf Neuseeland habe ich viele junge Menschen aus aller Welt gesehen, darunter Kriegsdienstverweigerer aus Israel zum Beispiel, aber auch andere Arten von Rebellen und Protestlern (wer ist da in jungen Jahren keiner?). Viele suchen ihr neues Zuhause lange Jahre bis sie sich endlich wohlfühlen. Der „Turbo-Kapitalismus“ jagt Informationen, Kapital, Waren und Menschen in großem Tempo um den Globus …
Mit dem Glanz und Elend, das Globalisierung erzeugt, wächst das Bewußtsein, dass ohne Reduzierung ihrer Bedürfnisse die Menschheit ihre Existenz bedroht. Durch das in diesem Jahr ausgerufene „Wasserbewußtsein“ Jahr bekommen wir mehr Medienberichte aus den Ländern, wo jeder Tropfen Wasser kostbar ist. Vor kurzem lief im TV ein Bericht über Oman. Das Land besitzt viel Oel, aber Wasser muss sorgfälltig gerecht verteilt werden, damit Menschen überleben und ihre Felde Ernte tragen. Da gibt es sogar einen Beruf – Wasserverteiler, der wie der Bürgermeister geachtet wird.
In Südafrika mussten Menschen sich in einer lange Schlange anstellen, um Wasser für den täglichen Bedarf zu holen. Die Berichte darüber Anfang dieses Jahres waren erschreckend. Danach kamen Berichte über extremen Dauerregen in Kenia. Der Regen ließ Dämme brechen: hunderte Tote, mehr als eine Viertelmillion Menschen sind aus ihren Häusern geflohen. Drei Jahre lang herrschte Dürre in Kenia und danach – so viel Wasser, dass der Staudamm wegen der doppelten Menge Wasser brach! Den überdurchschnittlich starken Regen hat ein Tiefdruckband verursacht, das die Erde nahe am Äquator umkreist. Auch Klimawandel hat damit zu tun. Die Temperatur des Indischen Ozeans ist um 1,5 Grad gestiegen, die weiltweit stärkste Aufwärmung. Das Ende der neue Regenfälle und Gewitter ist nicht im Sicht.
„Wasser wird kostbarer als Gold“ ist eine UNO-Studie über die Zukunft des Wassers überschrieben. Schon heute sterben täglich etwa 10.000 Menschen an Wassermangel, davon 5.000 Kinder an Infektionskrankheiten, die durch unsauberes Wasser hervorgerufen werden. „Das 20. Jahrhundert war ein Jahrhundert der Kriegsflüchtlinge. Das 21. Jahrhundert wird ein Jahrhundert der Umwelt- und Wasserflüchtlinge. Ohne Wasser ist Leben nicht möglich.“