Von Thomas Biller
Mit dem Konzert am 10. April in der Ratzeburger Riemannhalle wird der Besuch von Stefan Gwildis und Band auch der Auftakt zur 19. Gewerbeschau in der Kreisstadt sein. Michael Burmester vom W.I.R. (Wirtschaftsförderverein Inselstadt Ratzeburg) hat die Gewerbeschau organisiert und ihm ist es auch gelungen, Stefan Gwildis für das Konzert zu gewinnen. Gemeinsam besuchen wir den Künstler in seiner Heimatstadt, um mehr über den Menschen Stefan Gwildis zu erfahren und das, was uns bei dem Konzert in Ratzeburg erwartet. „Stefan“, sagt der große Mann freundlich und reicht die Hand, als wir uns in einem Bistro nahe des Hamburger Rathauses treffen. „Du kannst mich alles fragen, was du willst“, sagt er locker.
Haben Hamburg und der Norden den Menschen und Musiker Stefan Gwildis geprägt und beeinflusst?
Gwildis: Diese Stadt hat eine Kernaussage: Wenn es um Politik und Religion geht und speziell um damit verbundenen Fanatismus heißt es: mach mal, wie du meinst, aber gehe den anderen nicht auf den Sack. Diese Weltoffenheit und Toleranz Menschen gegenüber, die ganz woanders herkommen, ist ziemlich einzigartig.
„Dinge passieren und das macht meine Grundhaltung aus.“
Was war der Grundimpuls, selbst Musik zu machen?
Gwildis: Als ich 13, 14 war sind wir sehr oft an die Küste gefahren. Die archaische Kraft des Meeres hat mir eine Gänsehaut gemacht. Da ging bei mir ein Schalter an und ich hatte Musik im Kopf. Da wurde mir klar: ich möchte in meinem Leben etwas mit Musik zu tun haben. Glücklicherweise hat sich das dann alles so ergeben. Mein Leben ist von Zufällen – wenn es die überhaupt gibt – geprägt. Irgendwann habe ich angefangen, Gitarre zu spielen. Alles andere drum herum ist dann so entstanden. So kamen auch Klavier und Schlagzeug dazu. Dinge passieren und das macht meine Grundhaltung aus. Auf meinem Weg, den ich zu gehen habe, treffe ich Menschen, komme in Situationen und habe glücklicherweise festgestellt, dass wenn man das auch nimmt, so wie es ist, kann man ganz viel damit machen.
Neben prägenden musikalischen Einflüssen waren es auch besondere Stimmen, die den jungen Sänger Stefan Gwildis geprägt haben?
Gwildis: Mein Vater hat viele Platten geschenkt bekommen und das war die Musik der schwarzen Amerikaner; Sammy Davis jr., Louis Armstrong, Ella Fitzgerald. Mit der Musik bin ich aufgewachsen. Mein Vater hat mir dazu die Geschichten erzählt, wie sich zum Beispiel der von Statur kleine Sammy Davis sich in der Navy hat durchboxen müssen. Soul und Jazz sind daher auch für mich so interessant, da die Songs der schwarzen Amerikaner nicht einfach nur Songs sind, sondern immer auch der Kampf um Freiheit. Diese Grundhaltung in der Musik hat mich immer berührt und ich finde es bis heute auch für mich unheimlich spannend, diesen Gedanken der Freiheit auch zu leben und darauf immer wieder zurückzukommen. Auf dem aktuellen Album „Alles dreht sich“ ist der Song „Wo wir hingehen“ zu hören. Mein Freund Rolf hatte gerade seine Mutter im Pflegeheim besucht und erzählte mir von dieser Situation. Eine alte Frau, die eigentlich mit dem Leben abgeschlossen hat und die in ihrem Leben ganz viele Antworten durch den christlichen Glauben bekommen hat und nun fragt, was denn passiert, wenn sie jetzt stirbt, wohin es geht? Das sind Geschichten, die ich erlebe und höre, wenn ich zum Beispiel im Imbiss meine Tagessuppe löffel, die ich in den Songs verarbeite. Im Jazz oder gerade im Soul hat man so unfassbar viele Variationsmöglichkeiten, das ist die Freiheit, die in dieser Musik steckt. Und selbstverständlich kannst du da über politische Dinge und persönliche Befindlichkeiten reden.
Achtsamkeit für sich selbst und große Empathie im Sich-Einlassen auf Nächste sind Eindrücke, die entstehen, wenn man sich mit der Biographie von Stefan Gwildis beschäftigt. Ist auch das ein Ausdruck davon, christliche Werte in das Leben einzubeziehen, wie es vor zwei Jahren zu lesen war?
Gwildis: Auf jeden Fall. Bei „Handvoll Liebe“ ist das ja in ein Rezept gepackt wie ich mir das wünschen würde, dass Menschen miteinander umgehen sollten. Wenn Respekt, Toleranz, Achtsamkeit da sind, kann das gut funktionieren. Natürlich bin ich in diesem christlich geprägten Land groß geworden, bin aber weder getauft noch konfirmiert. Aber mich hat es immer interessiert; egal, wo ich war, habe ich immer Kirchen besucht. In Amerika habe ich gern die Kirchen der Baptisten aufgesucht. Manchmal war ich dort der einzige Weiße. Bei diesen lebendigen Gottesdiensten bekam ich eine Gänsehaut nach der anderen.
Welche Musik liegt gerade daheim bei Stefan Gwildis im Player?
Gwildis: Das Album, das wir gerade mit den Kieler Philharmonikern aufgenommen haben. Wir haben die Aufnahmen abgemischt und können es jetzt zum Mastern geben. 17 Werke mit den Kieler Philharmonikern und meiner Band, ein Best-of – Programm mit Arrangements von Jörg Achim Keller, der auch schon die Arrangements für die Big Band gemacht hat. Der hat das so gut gemacht, dass ich beim ersten Hören in die Knie gegangen bin.
„Machen und Fühlen; wenn das schwingt, ist es gut.“
Gemeinsam mit Philharmonikern, mit der Big-Band samt Bläsern oder zu dritt mit den Söhnen Hamburgs: Welcher Formation gehört welche Leidenschaft des Musikers Stefan Gwildis?
Gwildis: Es ist nicht immer angebracht, mit einem Riesen-Orchester oder einer Riesen-Band zu spielen. Die Menschen, mit denen ich gemeinsam musiziere, kenne ich größtenteils schon lange. Mit einigen kann ich blind auf die Bühne gehen, da kann kommen, was will, wir werden das immer irgendwie wuppen. Machen und Fühlen; wenn das schwingt, ist es gut.
„Es wird auch Tiefgang geben.“
„Alles dreht sich“ mit Stefan Gwildis und Band – was für einen Abend darf Ratzeburg erwarten?
Gwildis: Hoch motivierte Musiker, eine tolle Band mit Bläsern, Bass, Schlagzeug, Gitarre, Keyboard. Alle „alte“ Buddies, die wissen, was sie tun. Jeder für sich ist wirklich ein großes Talent und hat Momente, in denen er bei einem Solo besonders glänzen kann. Es wird ein Guter-Laune – Abend werden, aber es wird auch Tiefgang geben.
Wir sind gespannt. Vielen Dank, Stefan Gwildis.
Das Gespräch führte Thomas Biller.
Das ungekürzte Gespräch ist nachzulesen auf der Seite der Gewerbeschau: www.gewerbeschau-rz.de