Kiel (pm). In Schleswig-Holstein fallen jährlich rund 27 Millionen Tonnen an Gülle und Gärresten an. Das führt in bestimmten Regionen zu deutlich zu hohen Nährstoffüberschüssen und belastet weiterhin das Grundwasser, wie aus dem neuen Nährstoffbericht hervorgeht, der derzeit im Auftrag des Landwirtschafts- und Umweltministeriums an der Universität Kiel erstellt wird.
„Die 27 Millionen Tonnen sind einfach zu viel. Dort, wo hohe Viehbestände und viele Biogasanlagen zusammenkommen, passt der Nährstoffanfall nicht mehr mit den Ausbringungsflächen zusammen. Es wird schlicht weg zu viel gedüngt. Das hat dramatische Folgen für unser Grundwasser – und damit für das Trinkwasser künftiger Generationen“, sagte Umwelt- und Landwirtschaftsminister Robert Habeck heute (16. März 2018) beim Wassertag des Landes in Kiel, wo sich 370 Interessierte trafen, um über den Schutz des Wassers zu beraten.
Nach wie vor halten 23 von 55 Grundwasserkörpern aufgrund der Nitratgehalte die Anforderungen der Wasserrahmenrichtlinie nicht ein. „Wir sehen über all die Jahre trotz großer Anstrengungen seitens des Landes keine Verbesserungen. Bei einzelnen Betrieben kommen wir über unsere Beratung weiter und haben Erfolge. Das gilt gelingt jedoch nicht in der Fläche – letztlich können so nur gegen die Symptome ankämpfen, aber nicht gegen die Ursache. Die neue Bundeslandwirtschaftsministerin ist deshalb gefordert, endlich Alternativen für die Landwirtschaft zu entwickeln, die ein wirtschaftliches Auskommen ohne immer größere Tierbestände ermöglichen. Ohne diesen Weitblick und grundsätzliche Änderungen kommen wir nicht weiter“, betonte der Minister.
Aktuelle Düngeverordnung rechnet Probleme bloß weg
Die neue Düngeverordnung, mit der die Bundesregierung die Nährstoffeinträge senken wollte, hilft nach Ansicht des Ministers kaum weiter. „Der Bund rechnet die Probleme nur weg. Durch die neue Verordnung dürfen Verluste bei den Bilanzen angesetzt werden. Dadurch können wir rein rechnerisch mit einem Bilanzsaldo von 41 Kilogramm Stickstoff pro Hektar im Landesdurchschnitt den Zielwert von 50 Kilogramm Stickstoff pro Hektar erreichen. Aber in Wahrheit liegen die Überschüsse inklusive der Ammoniakverluste zum Teil bei über 100 Kilogramm. Mit den zulässigen Abschlägen wird gegenüber den Landwirten das falsche Signal gesetzt. Durchs Wegrechnen wird das Problem nicht gelöst“, kritisierte Habeck.
Ein anderes Problem, das die Wasserversorger im Land umtreibt, entsteht aus dem Einsatz von Pflanzenschutzmitteln. So zeigen die Untersuchungen des Landesamtes für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume, dass Pflanzenschutzmittel-Wirkstoffe und Abbauprodukte in nahezu allen Regionen des Landes im Hauptgrundwasserleiter festgestellt werden. Höhe und Häufigkeit der Befunde lassen allerdings nicht auf ein massives flächendeckendes Problem schließen, denn nur in 11 von 235 Messstellen oder 4,7 Prozent liegen die Werte über dem Trinkwassergrenzwert von 0,1 Mikrogramm pro Liter.
„Sorge aber macht mir, dass wir immer häufiger die sogenannten nicht relevanten Metaboliten im Grundwasser finden. In 72 Prozent der Grundwassermessstellen des Wasserrahmenrichtlinien-Messnetzes können wir diese Abbauprodukte nachweisen. Auch wenn sie nicht so gefährlich sind wie die Wirkstoffe, gehören sie unter Vorsorgegesichtspunkten nicht ins Grundwasser“, stellte Habeck fest. „Wir müssen den Einsatz von Pestiziden konsequent reduzieren.“
Hintergrund
Seit nunmehr 26 Jahren steht der 22. März weltweit im Zeichen des Wassers. Nachdem die UN-Generalversammlung im Dezember 1992 einen entsprechenden Beschluss gefasst hatte, wurde im März 1993 der erste Weltwassertag ausgerufen. Die Vereinten Nationen wollen damit auf die Bedeutung des Wassers als Lebensgrundlage der Menschheit aufmerksam machen und ein größeres Engagement zum Erhalt von sauberem Wasser wecken. In diesem Jahr steht der Weltwassertag unter dem Motto „Nature for Water“. Aufgrund der Probleme mit stofflichen Belastungen des Grundwassers hat sich das schleswig-holsteinische Umweltministerium für eine andere Schwerpunktsetzung entschieden und im Vorfeld des Weltwassertages zu einer eigenen Fachveranstaltung nach Kiel eingeladen.
Dr. Robert Habeck: „Wir müssen dankbar sein, dass wir zu jeder Zeit den Wasserhahn aufdrehen können und Wasser in sehr guter Qualität zur Verfügung haben. Dieses Privileg sollten wir nicht durch Stoffeinträge aus der wirtschaftlichen Nutzung unseres Landes in Gefahr bringen.“
Der Zugang zu sauberem Trinkwasser ist keine Selbstverständlichkeit. Auch wenn wir weltweit genug Süßwasser zur Versorgung der Menschen und für wirtschaftliche Zwecke haben, sind die nutzbaren Wasserressourcen extrem ungleichmäßig verteilt. WHO und UNICEF gehen davon aus, dass weltweit über 800 Millionen Menschen keinen ausreichenden Zugang zu sauberem Wasser haben. Schleswig-Holstein selbst ist ein wasserreiches Land. Das Wasserdargebot übersteigt die Entnahmemenge deutlich, und das Trinkwasser wird zu 100 Prozent aus dem Grundwasser gewonnen.