Ratzeburg (gb/pm). „Wer nicht redet, wird nicht gehört!“ – Unter diesem Motto, einem Zitat von Bundeskanzler Helmut Schmidt, diskutierten in der vergangenen Woche über vierzig Bürgerinnen und Bürger aus Ratzeburg und Umgebung in einem offenen Dialog in der Lauenburgischen Gelehrtenschule zum Thema „Bürgerbeteiligung“. Eingeladen hatten dazu die Bundeskanzler-Helmut-Schmidt-Stiftung und die ‚Partnerschaft für Demokratie‘ der Stadt Ratzeburg und des Amtes Lauenburgische Seen.
Astrid Köhler, Referentin für Bürgerbeteiligung in der Stadtwerkstatt Hamburg, gab zu Beginn einen Überblick über verschiedene Beteiligungsverfahren. Sie hob dabei die Bedeutung der ‚gesetzlosen‘, informellen Beteiligung hervor, also Beteiligungsverfahren, die weit vor offiziellen Planungen ansetzen und dort den größten Raum für Mitsprache geben. Im Verlauf einer Planung, so Köhler, würden die Mitwirkungsmöglichkeiten durch die steigenden gesetzlichen Vorgaben immer weiter abnehmen, ein Partizipationsparadox. Sie warb, auch aus ihrer beruflichen Erfahrung, für den Mut zu frühzeitigen Beteiligungsverfahren, in denen die Vorstellungen und Wünsche der Bürgerinnen und Bürger noch gleichberechtigt mit den Interessen der Planungen erfasst werden könnten. Allerdings gab sie zu bedenken, dass die Länge von Planungsverfahren Beteiligungsprozesse oftmals konterkarieren würden. Wenn es zur Umsetzung einer Planung kommt, sind die ehemals Beteiligten häufig gar nicht mehr davon betroffen und die dann Betroffenen fühlen sich nicht eingebunden, ein weiteres Partizipationsparadoxon.
Vor dem Hintergrund dieser Ausführungen diskutierten die Anwesenden intensiv und kontrovers über die Bedeutung und die Umsetzung von Beteiligungsformaten, aber auch über die Mitwirkungsmöglichkeiten, die die Schleswig-Holsteinische Gemeindeordnung allen Bürgerrinnen und Bürgern in der Kommunalpolitik eröffnet. Hier zeigte sich, dass in Ratzeburg bereits Vieles davon umgesetzt wird. 33 Bürgerdelegierte wirken in der Kommunalpolitik mit, ebenso drei Beiräte. Zudem werden zu wichtigen Themenstellungen der Zukunft wiederkehrend Bürgerwerkstätten organisiert. Allerdings wurde auch eine zunehmende Ich-Bezogenheit beschrieben, die das kommunalpolitische Arbeiten erschwere. Viele Menschen würden sich immer nur dann einbringen, wenn sie ein klares Eigeninteresse haben oder sich von Planungen direkt betroffen sehen. Das grundsätzliche Interesse an kommunalpolitischen Belangen würde nachlassen, obwohl sich alles vor der eigenen Haustür abspielt. Dies zeigt sich beispielsweise daran, dass in den Sitzungen von städtischen Gremien oftmals nur wenig bis gar keine Zuhörerschaft zu sehen ist. Als Problem wurde aber auch die immer weiter zurückgehende Berichterstattung in der lokalen Presselandschaft benannt. Die Bürgerinnen und Bürger erfahren immer weniger, was in ihrer Stadt oder Gemeinde passiert.
Dr. Meik Woyke, Vorstandsvorsitzender und Geschäftsführer Bundeskanzler-Helmut-Schmidt-Stiftung, dankte den teilnehmenden Bürgerinnen und Bürger für die engagierte und sehr respektvolle Diskussion des Abends. „Ich bin sehr beeindruckt, auf welchem Niveau und mit welchen Reflexionsgrad Sie in Ratzeburg miteinander sprechen und einander zuhören“, so Woyke. Er kündigte an, nach dieser positiven Erfahrung in Ratzeburg diesen Bürgerdialog unter dem Titel „Wer nicht redet, wird nicht gehört!“ weiter in den ländlichen Raum zu tragen.
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Ratzeburg.„Wer nicht redet, wird nicht gehört!“ – das hat Bundeskanzler Helmut Schmidt gesagt.
Unter diesem Motto haben sich in der letzten Woche mehr als 40 Menschen aus Ratzeburg und Umgebung getroffen.
Sie haben in der Lauenburgischen Gelehrtenschule über das Thema Bürger-Beteiligung gesprochen.
Eingeladen hatten: die Bundeskanzler-Helmut-Schmidt-Stiftung und die Partnerschaft für Demokratie von Ratzeburg und dem Amt Lauenburgische Seen.
Zu Beginn hat Astrid Köhler gesprochen.
Sie arbeitet in Hamburg und kennt sich mit Bürger-Beteiligung gut aus.
Sie erklärte:
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Es gibt viele Arten, wie Bürgerinnen und Bürger mitreden können.
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Besonders wichtig ist die Beteiligung schon vor Beginn einer Planung.
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Denn je weiter eine Planung fortschreitet, desto weniger können die Menschen noch mitentscheiden.
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Das nennt man auch ein Beteiligungs-Paradox: Am Anfang ist die Mitsprache groß, später wird sie immer kleiner.
Köhler sagte auch:
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Es ist gut, wenn Menschen früh mitreden.
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So können ihre Ideen und Wünsche berücksichtigt werden.
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Aber: Planungen dauern oft sehr lange.
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Dann sind die Menschen, die am Anfang beteiligt waren, später manchmal gar nicht mehr betroffen.
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Andere, die dann betroffen sind, hatten vorher keine Chance mitzureden.
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Auch das ist ein Beteiligungs-Paradox.
Nach diesen Erklärungen wurde viel diskutiert:
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Die Menschen sprachen über gute und schlechte Formen der Bürger-Beteiligung.
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Sie sprachen auch über die Rechte, die es laut Gesetz in Schleswig-Holstein gibt.
In Ratzeburg gibt es schon viele Möglichkeiten:
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33 Bürger-Delegierte arbeiten in der Kommunalpolitik mit.
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Es gibt 3 Beiräte.
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Außerdem gibt es Bürger-Werkstätten, wo über wichtige Themen für die Zukunft gesprochen wird.
Aber es gibt auch Probleme:
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Viele Menschen machen nur dann mit, wenn sie persönlich betroffen sind.
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Das allgemeine Interesse an Politik in der Stadt wird kleiner.
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Bei Sitzungen der Stadt sind oft kaum Zuhörer da.
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Auch die lokale Presse berichtet immer weniger über Politik vor Ort.
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Deshalb wissen viele Menschen nicht, was in ihrer Stadt passiert.
Zum Schluss sprach Dr. Meik Woyke von der Helmut-Schmidt-Stiftung.
Er dankte allen Menschen für die gute und respektvolle Diskussion.
Er sagte: „Ich bin sehr beeindruckt, wie ernsthaft und freundlich Sie in Ratzeburg miteinander reden.“
Er kündigte an:
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Es soll noch mehr solcher Bürger-Dialoge geben.
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Auch in anderen Orten auf dem Land.
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Immer unter dem Motto: „Wer nicht redet, wird nicht gehört!“