Ratzeburg (aa). In einer dreistündigen Sitzung des Planungs-, Bau- und Umweltausschusses am Montagabend im Ratzeburger Rathaus ist die Entscheidung gefallen: Die Ausschussmitglieder sprachen sich mehrheitlich dafür aus, die sogenannte Variante 2 „Bauminseln“ als Grundlage für die weitere Planung zur Begrünung des Marktplatzes zu verfolgen. Zuvor hatten Vertreter der Fraktionen, der beauftragte Architekt sowie zahlreiche Bürger ihre Positionen und Anliegen vorgetragen.
Der Abstimmung vorausgegangen war eine intensive weitgehend sachlich, aber vor allem leidenschaftlich geführte Diskussion. Die Vertreter der Fraktionen tauschten Argumente aus, auch die Rückmeldungen aus der Einwohnerschaft fanden Gehör.
Die Variante „Bauminseln“ sieht eine punktuelle Begrünung mit kleineren Baumgruppen vor, wobei – so die im Ausschuss formulierte Prämisse – möglichst viele der vorhandenen Parkplätze erhalten bleiben sollen. Dieser Kompromiss soll sowohl dem Wunsch nach ökologischer Aufwertung als auch den verkehrlichen und wirtschaftlichen Anforderungen Rechnung tragen.
Für die Fortführung der Planung in Richtung Variante 2 stimmten die Fraktionen der Freien Ratzeburger Wählergemeinschaft (FRW), von Bündnis 90/Die Grünen und der FDP. Die Fraktionen von SPD und CDU lehnten den Antrag ab.

Die Zuschauerreihen waren an diesem Montagabend mit rund 30 Gästen komplett gefüllt. Anwesend waren in erster Linie Ratzeburger Einwohner und Gewerbetreibende. Diese bekamen auch als erste das Wort im Rahmen der Einwohnerfragestunde. So meldete sich zunächst Heinrich Meyer zu Wort, der bis vor wenigen Jahren für das städtische Grünflächenamt tätig war: „Ich finde es wahnsinnig viel Geld, was da jetzt (für die Marktplatzbegrünung) zur Debatte steht. Ich finde nur die Variante 2 akzeptabel, weil diese am nachhaltigsten ist. Aber man sollte stattdessen lieber 100.000 Euro in die Hand nehmen und damit die Gastronomie auf dem Marktplatz fördern.“ Er würde eine Kübellösung in Kombination mit Gastronomie auf dem Marktplatz zur Belebung desselbigen bevorzugen. „Ich finde den Marktplatz – das ist meine persönliche Meinung – absolut gelungen“, sprach sich Meyer für den Erhalt des Marktplatzes in seiner jetzigen Form aus. Weitere Stimmen von Einwohnern und Gewerbetreibenden gegen die Baumvarianten auf dem Marktplatz machten sich Sorgen über künftige Bewässerungskosten, zuviel Schatten oder befürchteten den Wegfall aller Parkplätze, was aus ihrer Sicht ein Fernbleiben potenzieller Kunden zur Folge haben könnte.
Es gab bei den Einwohnern aber auch deutliche Stimmen für Bäume auf dem Marktplatz. So erklärte ein Einwohner: „Wir haben die Chance hier in Ratzeburg einen grünen Marktplatz zu kriegen – ein absoluter Mehrwert. Ich finde den Vorschlag absolut genial.“
Nach der Einwohnerfragestunde war die Marktplatzbegrünung das einzige Thema der Sitzung. Zunächst erteilte der Ausschussvorsitzende Werner Rütz (FRW) Tonio Trüper vom Lübecker Landschaftsarchitekturbüro Trüper Gondesen und Partner das Wort. Dieser stellte die drei von ihm erstellten Entwürfe zur Begrünung erneut kurz vor und ging auch auf bereits gestellte Fragen ein. So stellte er unter anderem fest, dass alle drei Varianten förderfähig seien. Die Kosten für Bewässerung der Bäume wären minimal, da künftig das Regenwasser unterirdisch gespeichert würde, sodass die Bäume sich in Trockenzeiten davon „bedienen“ könnten. Auf die Frage, ob die Stadt Fördergelder der Umgestaltung von 2008 bei einer weiteren baulichen Änderung zurückzahlen müsste, erklärte Trüper: „Das kann ich nicht abschließend beantworten. Aber der Bund will die Innenstädte für den Klimawandel fit machen. Mit diesem Argument kann man sagen, dass es (die aktuellen Planungen) eine Weiterentwicklung und kein Umbau ist.“
Dr. Ralf Röger von der CDU-Fraktion: „Vom Grundsatz her kann ich es nachvollziehen – eine Begrünung muss her. Jetzt entwickeln sich die Dinge aber. Wir sind ursprünglich von 290.000 Euro ausgegangen und haben je nach Variante bereits Kostensteigerung von rund 90 Prozent und die Fördermittel sind uns nicht sicher. Ich gehe davon aus, dass eine Kübellösung günstiger wäre.“ Mit einem erneuten Antrag auch eine Kübellösung als Variante 4 prüfen zu lassen, konnten sich die Christdemokraten am Ende der Sitzung zum wiederholten Male nicht durchsetzen. Ein entsprechender Antrag wurde am Ende der Sitzung mehrheitlich abgelehnt. „Bei den Parkplätzen sind wir nicht wirklich kompromissbereit. Sie sollen so erhalten bleiben, wie sie sind. Was von der FRW (in einer Visualisierung) im Wahlkampf versprochen wurde, sieht nun ganz anders aus. Das Überleben des Einzelhandels hängt sicher nicht von 16 Parkplätzen ab. Aber es (die Streichung von Parkplätzen) wäre es ein weiterer Axtschlag gegen den Einzelhandel. Wir wollen einen klaren Auftrag an das Planungsbüro, dass die Parkplätze erhalten bleiben“, stellte Röger fest. Die CDU-Fraktion gab zudem zu Bedenken, dass Bäume die Funktionalität des Platzes einschränken würden.
Uwe Martens (SPD) warf ebenfalls ein, dass es weiter Parkplätze auf dem Marktplatz brauche. Er erinnerte die FRW daran, dass auf ihrer Internetseite zu lesen sei, dass sie bis auf zwei alle Parkplätze erhalten wollten. Hierzu wandte Tonio Trüper ein: „Wenn man Autos einlädt, bekommt man Autos. Wenn man Menschen einlädt, bekommt man Menschen.“ Martens monierte zudem, dass in der Historie des aktuellen Marktplatzes kein Geld zur mobilen Begrünung zur Verfügung gestellt wurde. Zu den jetzt vorliegenden Plänen sagte er: „Das Verhältnis von Kosten zu Erfolg ist wahnsinnig. Es ist immer noch Zeit, eine vierte Variante hinzuzufügen.“
Zudem warfen CDU und SPD den Fraktionen der Freien Wähler und der Grünen vor, sämtliche Parkplätze rund um den Marktplatz abschaffen zu wollen. Ein Argument, das FRW und Grüne letztlich von sich wiesen. Robert Wlodarczyk (Grüne) schlug zudem vor, künftig die Hälfte der Parkplätze als Behindertenparkplätze auszuweisen. „Es stand nie zur Debatte, dass alle Parkplätze wegfallen“, so Wlodarczyk. Es sei im Internet kommunizert worden, dass schon alle Würfel bei der Neugestaltung des Marktplatzes gefallen seien. „Der Ton im Netz wurde immer rauher. Aber es gibt hier nunmal keine Mehrheit für Kübel. Bäume sind deutlich klimafördernder, die Folgekosten geringer“, stellte Wlodarczyk fest. Ein Marktplatz mit mehr Aufenthaltsqualität fördere seiner Meinung nach auch die Wirtschaft, weil sich dann mehr Menschen länger im Zentrum der Stadt aufhalten würden. „Wenn wir heute die Gelegenheit nicht nutzen, dann riskieren wir, dass es keine Fördermittel geben wird“, so Wlodarczyk abschließend.
„Wir müssen uns alle klar machen, dass die FRW erstmal nur einen Vorschlag gemacht hat. Wir sind heute nicht am Ende der Diskussion“, ordnete Nicolas Reuß (FDP) den Stand der Dinge ein, „Wir brauchen in der Innenstadt Parkplätze, wir müssen aber auch den Wandel in der Stadt angehen.“
„Das Thema ‚Marktplatz‘ beschäftigt uns mittlerweile seit fast 20 Jahren. So wie wir es verstanden haben, gab es sehr viele Stimmen, die mit dem Platz nicht richtig warm werden oder sogar enttäuscht sind. Es besteht einfach Handlungsbedarf. Wäre es gekommen, wie uns in den Bildern zur Visualisierung vor dem Bau des Platzes (mit belebten Platz und u.a. Gastronomie) versprochen wurde, säßen wir heute nicht hier“, argumentierte Andreas von Gropper (FRW). Er wies darauf hin, dass die bisherigen Gastronomiekonzepte nicht funktionierten. Unter anderem weil die Bundesstraße über den Marktplatz führt und die Gesetzgebung verbietet es Kellnern mit Speisen diese zu überqueren. „Die Funktionalität des Platzes ist schon ein großer Vorteil, aber die Unzufriedenheit bleibt“, so von Gropper weiter, „aber wieviel Prozent der Zeit des Jahres ist denn der Platz in der Vergangenheit wie gefordert überhaupt bespielt worden?“ An der nicht genutzten Multifunktionalität habe der Platz von Anfang an gekrankt.
Bezüglich einer Kübellösung erklärte er: „Hochbeete heizen sich auf und müssen permanent bewässert werden. Und es ist ja auch nicht so, dass wir es nicht versucht hätten. Aber es hat nicht funktioniert mit Kübeln. Und es wird hier auch nichts auf Biegen und Brechen durchgepeischt. Es ist am Ende eine demokratische Entscheidung, eine Entscheidung der Mehrheit“, erinnerte Andreas von Gropper das die Mehrheitsverhältnisse in den städtischen Gremien auf den Ergebnissen der letzten Kommunalwahl beruhen. Die Freien Wähler hatten hier vor allem ihrem Wahlkampfthema „Marktplatzbegrünung“ ihren Wahlsieg zu verdanken. „Die Visualisierung des Marktplatzes mit Bäumen während des Wahlkampfes war nur unsere Vision, kein Wahlkampfversprechen. Und bislang sehen wir hier nur Entwurfskizzen. Wir sind noch ganz am Anfang. Ja, das Ganze bedarf einen gewissen Mutes, aber wir fühlen uns durch das Wahlergebnis, weiteren Rückmeldungen aus der Bevölkerung, der Bereitschaft des Landschaftsarchitekturbüros Trüper Gondesen und Partner, als auch durch das Förderprogramm ermutigt.“
Der Antrag „Funktionale Weiterentwicklung des Marktplatzes unter aktuellen klimatischen Bedingungen“ wurde am Ende mit sieben Ja-Stimmen und vier Nein-Stimmen angenommen. Die durch das Büro TGP vorgestellten Konzeptentwürfe zu Baumpflanzungen auf dem Marktplatz wurden damit zur Kenntnis genommen. Die Variante 2 „Bauminseln“ wird zur weiteren Bearbeitung bestimmt. Das Büro soll mit der nächsten Bearbeitungsstufe beauftragt werden.