Lübeck (pm). Der Elbe-Lübeck-Kanal (ELK) soll für die Binnenschifffahrt, die Hafenwirtschaft sowie Verlader auch weiterhin wirtschaftlich nutzbar sein. Um die Zeit bis zu einem umfassenden, wirksamen Ausbau der Wasserstraße zu nutzen, sollte eine Strategie zur Aktivierung der heute schon vorhandenen, aber brachliegenden Transportkapazität entwickelt werden. Hierbei könnte der Einsatz von teilautonomen Schubverbänden logistisch sinnvoll sein. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie vom Fraunhofer-Center für Maritime Logistik und Dienstleistungen CML im Auftrag der Lübeck Port Authority (LPA) und der Industrie- und Handelskammer zu Lübeck. Es bedarf allerdings auch des Engagements der Wirtschaft und der Reeder, in entsprechende Transporteinheiten bei einem durchaus vorhandenen Ladungsaufkommen zu investieren, um diese modernen Konzepte zu realisieren.
Im Jubiläumsjahr setzt die Wirtschaft weiterhin auf das Potenzial des 125 Jahre alten ELK. Da dessen Bedeutung im Zuge der gewünschten Verkehrswende und aufgrund der geopolitischen Veränderungen in der Ostsee perspektivisch deutlich gestiegen ist, legen die IHK zu Lübeck und die LPA nun die Studie „Potenzial von (teil-)autonomen Schubverbänden auf dem ELK“ vor.
Die Binnenwasserstraße ist in die Jahre gekommen – die Infrastruktur ist für moderne Schiffsgrößen nicht mehr geeignet und die Sperrzeiten durch Instandsetzungen häufen sich. Dabei ist die Ausbaunotwendigkeit des Kanals nach wie vor vorhanden. Sie wurde in den Gremien der IHK, durch Interessensbekundungen von Verladern aus der Wirtschaft sowie durch den verabschiedeten Hafenentwicklungsplan der Hansestadt Lübeck eindrucksvoll dokumentiert.
Der ELK ist im Bundesverkehrswegeplan 2030 aus guten sachlichen und fachlichen Gründen in den sogenannten vordringlichen Bedarf aufgenommen worden. Entsprechende Ausbaugesetze bestätigen dies. Die Wirtschaft der Region und die Akteure der Binnenschifffahrt unterstützen mit Nachdruck das Ziel, die weiteren nötigen Voraussetzungen für die moderne Binnenschifffahrt auf dem ELK zu schaffen: Um wirtschaftlich mit einem 110 Meter langen Großmotorgüterschiff auf dem ELK zu fahren, müssen noch sechs Schleusen auf 115 Meter verlängert, das Kanalbett auf 2,80 Meter Tauchtiefe vertieft und einige Brücken auf 5,25 Meter Durchfahrtshöhe angehoben werden.
Bis dieser Ausbau jedoch abgeschlossen und für die Logistik durchgängig wirksam ist, vergehen voraussichtlich noch Jahrzehnte. Doch in der Zwischenzeit bietet der ELK logistische Chancen und Potenziale, auch wenn die wirtschaftlich attraktiven großen Schubverbände und Großmotorgüterschiffe den ELK nicht passieren können. Auch um dem Fachkräftemangel zu begegnen, könnte durch den Einsatz von teilautonomen Schubverbänden die Attraktivität der Wasserstraße gesteigert werden, bis der im aktuellen Bundesverkehrswegeplan vorgesehene Ausbau des Kanals abgeschlossen ist.
Die neuen Transporteinheiten sind dabei auf die möglichen Abmessungen des Kanals zu optimieren und mit klimafreundlichen Antrieben auszustatten. Zukünftig können teilautonome Systeme die unbemannten Ladungsbehälter (sogenannte Leichter) effizient durch den infrastrukturell beschränkten ELK schleusen. Ab Lauenburg können diese Leichter wieder zu größeren, wirtschaftlich zu betreibenden bemannten Schubverbänden gekoppelt werden. Dies ermöglicht einen nahtlosen Anschluss an den Ladungstransport auf den größeren Binnenwasserstraßen Elbe und Elbe-Seiten-Kanal und somit eine effiziente Integration in bestehende Logistikketten.
Das Fraunhofer CML empfiehlt das Konzept „Schubverband mit großem Leichter (Konzept 1A) Retro-Fit Option“ als kurzfristige Interimslösung, um unmittelbar die Attraktivität des ELK zu steigern. Dass solche ferngesteuerten und teilautonomen Systeme rechtlich möglich sind und sicher betrieben werden können, zeigen bestehende Aktivitäten in Belgien und jüngst auch auf dem Rhein. Das Konzept teilautonomer Schubverbände stellt nicht nur eine provisorische Lösung dar, sondern ist auch kompatibel mit einem künftigen Ausbau des ELKs, da es den demografischen Herausforderungen begegnet. Zunächst könnte jedoch der bestehende Engpass der Infrastruktur überbrückt werden, um den ELK durchgängig als lebendige Transportader im Binnenwasserstraßennetz zu erhalten. So soll es gelingen, die Trimodalität im Lübecker Hafen über das 125. Jubiläum des ELKs hinaus zu sichern und als weiteren Standortvorteil in der logistischen Kette zu festigen, so IHK und LPA unisono.
Die Studie vom Fraunhofer-Center für Maritime Logistik und Dienstleistungen CML kann bei der IHK zu Lübeck angefordert und voraussichtlich ab Ende Juni von der Homepage des Fraunhofer CML kostenlos heruntergeladen werden.