Mölln (pm). Anlässlich des Tags des Friedhofs 2024 kam es auch zu einer offiziellen Kranzniederlegung am Gedenkstein für Russlanddeutsche Flüchtlinge aus den Jahren 1929/1930. Viktor Pretzer und Natali Schar von Interbühne Lübeck erinnerten damit an ein Ereignis, welches Mölln vor fast 100 Jahren zeitweise fundamental verändert hat.
So zwang vor 95 Jahren ein sowjetischer Erlass tausende Sowjetdeutsche zur Flucht. Schleswig Holstein nahm ab 1929 rund 6.500 Flüchtlinge in drei Aufnahmelagern auf. Ein Großteil dabei landete in Mölln, dabei hatte die Stadt gerade einmal 6.100 Einwohner. Ihre Flucht vor Diktator Stalin und dem Arbeitslager endete in einer vorübergehenden Zuflucht im heutigen Robert-Koch-Park in Mölln. Dort warteten sie auf ein neues Leben in der Landwirtschaft auf dem amerikanischen Kontinent.
Mölln zeigte ein Herz für Flüchtlinge
Um die enorme logistische Aufgabe zu meistern, zogen Vereine, Schulen und sogar der Bürgermeister an einem Strang. „Das ganze Lager aber wird umhegt von der Liebe und Deutschfreundlichkeit der Gesamtbewohnerschaft von Mölln mit dem Bürgermeisterehepaar an der Spitze, von den Innungen und den Frauen, die geradezu wetteifern, den Volksgenossen aus dem Osten unvergängliche Erinnerungen an das hübsche lauenburgische Seenstädtchen in die kommende, weite Ferne mitzugeben.“ (Hamburger Zeitung)
Überwiegend handelte es sich bei den Flüchtlingen um Mennoniten, Anhänger einer evangelischen Freikirche. In der ursprünglichen Form bestand das Lager bis zum 31. Januar 1931. Am 1. Februar ist dieses aus der Reichsfürsorge in die Obhut und Verwaltung der Mennoniten übergegangen. Das Flüchtlingslager wurde von da an als „Mennonitenheim“ bezeichnet worden.
Später wanderten 2553 nach Brasilien aus, 1568 nach Paraguay, 1036 nach Kanada, sechs nach Argentinien, vier nach Mexiko und weitere vier in die USA.
Seit 2020 befasst sich der Verein INTERBÜHNE Lübeck e.V. – Internationale schöpferische Vereinigung; gegründet 2019 in Lübeck mit dem Gedenkstein für Russlanddeutsche Flüchtlinge 1929/1930 auf dem Alten Friedhof Mölln. Der Vorstand arbeitet auch an dem Aufbau eines Internationalen Dokumentations- und Kulturzentrums in Mölln unter dem Arbeitstitel „das Rote Tor“. Themen-dabei sind unter anderem Friedensinitiativen, die Aufarbeitung der Geschichte im Bezug auf die Flucht der Sowjetdeutschen von 1929- 1930, sowie die Deportation der Wolgadeutschen bzw. Russlanddeutschen von 1941. Es soll aber auch mehr Internationale Kulturangebote geben durch die Zusammenarbeit mit Verbänden deutscher Minderheiten vor allem im südamerikanischen Raum.