Elmenhorst (pm). Sichtlich gerührt nahm Paul Niemann die Ehrenurkunde für 80 Jahre treue Mitgliedschaft in der Feuerwehr Witzeeze entgegen. „80 Jahre Mitgliedschaft: Das ist nicht nur besonders. Das ist schon Wahnsinn“, sagt Kreiswehrführer Sven Stonies, als er Paul Niemann die Urkunde in den Räumen des Kreisfeuerwehrverbands Herzogtum Lauenburg in Elmenhorst feierlich überreichte. Stonies bedankte sich zusammen mit den Kreisvorständen, Henning Wittkamp und Jürgen Lempges, für Paul Niemanns sage und schreibe acht Jahrzehnte dauernde Mitgliedschaft. „Das ist keine Selbstverständlichkeit“, sagt Stonies. In den Jahren 2022 bis 2024 nahm der Kreisfeuerwehrverband zwei Ehrungen persönlich vor.
Was für den einen keine Selbstverständlichkeit ist, war für den 95-jährigen Paul Niemann sein Leben. „Ein Leben ohne Feuerwehr, da hätte was gefehlt“, sagt der gebürtige Witzeezer. Feuerwehr, die lag ihm quasi im Blut, denn schon sein Großvater und Vater waren Feuerwehrmänner. Sein Vater war sogar 18 Jahre lang Wehrführer in Witzeeze, wie er stolz erzählt. Kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs, mit 16 Jahren, wurde Paul Niemann als Brandschutzhelfer einberufen, zehn Jahre später wurde er Gruppenführer. Mit 41 Jahren übernahm er die stellvertretende Wehrführung. Ab 1972 eiferte er endgültig seinem Vater nach und wurde Wehrführer. Er bleib es 21 Jahre lang.
Scheunenbrandserie in Witzeeze: Viele sorgenvolle Nächte als Feuerwehrmann
In seiner Zeit führte Niemann „ein straffes Regiment, legte viel Wert auf Pünktlichkeit und Ordnung“, erzählt der heutige Wehrführer Benjamin Schmahl (35) mit einem Augenzwinkern. Die Strenge zahlte sich aus: Als Paul Niemann nach 50 Jahren im aktiven Dienst die Wehrführung an seinen Nachfolger Johan Frerichs übergab, zählte die Wehr mit 48 Aktiven stolze 17 Feuerwehrleute mehr als bei seinem Amtsantritt. Zudem fiel in seine Zeit der Bau eines neuen Gerätehauses, die Anschaffung von zwei (motorisierten) Einsatzfahrzeugen und die Einführung der Alarmierung über Sirene per Funk. Bis dahin musste Paul Niemann die Sirene per Hand auslösen. „Ich wohne ja direkt neben der Wache. Da lag es nahe, dass ich die Aufgabe übernehme“, sagt der Oberbrandmeister. Besonders oft ging der Alarm in den Jahren 1982 und 1983. „In der Zeit brannten mehrere Scheunen in Witzeeze. Tiere kamen in den Flammen ums Leben, die Landwirte waren in Existenznöten“, erinnert sich Niemann an die aufregendsten, aber auch sorgenvollsten Wochen seiner aktiven Zeit als Feuerwehrmann. „Da ging bei fast allen die Angst um. Jeden Abend sind wir mit einem unguten Gefühl ins Bett gegangen“, sagt Niemann, der selbst als Landwirt mit Viehwirtschaft sein Geld verdiente. Jeder befürchtete damals, seine Scheune könnte die nächste sein. Die Polizei vermutete damals einen Brandstifter hinter den Bränden, stellte Wachposten auf, doch ein Täter wurde nie ermittelt.
Wenn heute die Sirene geht, fährt Paul Niemann, Träger des goldenen Brandschutzehrenabzeichen, zwar nicht mehr mit raus, springt aber immer noch aus dem Bett. „Das ist bei mir so drin“, sagt der rüstige Senior. Bis heute hat er einen Schlüssel zur Wache und lässt es sich nicht nehmen, jeden Sonntag zum Klönen mit anderen Kameraden hier zusammenzukommen. Es ist genau dieser Kameradschaftsgeist, den Paul Niemann an der Feuerwehr schätzt und immer gefördert hat. In seiner Zeit als Wehrführer hat er den Doppelkopf, den Kameradschaftsabend und das alljährliche Grünkohlessen in seiner Gemeindewehr eingeführt. Die Termine sind nach wie vor fester Bestandteil im Kalender der Witzeezer Wehr. Paul Niemann freut sich, dabei zu sein. Mit Erfolg: Beim jüngsten Doppelkopfabend belegte der aktive Senior den dritten Platz.