Pogeez/Ratzeburg (tbi). Am Donnerstag, 29. Juni, tritt der im Mai gewählte neue Kreistag erstmalig zusammen, um sich zu konstituieren. Die Eröffnung der Sitzung in der Lauenburgischen Gelehrtenschule ist die letzte Amtshandlung des Kreispräsidenten Meinhard Füllner. Damit endet nicht nur im Kreis Herzogtum Lauenburg eine Ära, es endet eine spannende politische Laufbahn und es bleibt mehr Zeit für Kunst und Kultur im Hause Füllner. Wir hatten Gelegenheit, mit dem scheidenden Kreispräsidenten zu sprechen.
Gescheit, blitzschnell in seinen Gedankengängen, ein kurzweiliger Redner und ein ebenso kreativer wie fleißiger Kunstschaffender – da werden – wenn überhaupt – wohl nur wenige widersprechen, wenn so über Meinhard Füllner gesprochen wird. Nun, mit 81 Jahren, die ihm in keiner Weise anzumerken sind, verlässt der gebürtige Westpreuße das politische Rampenlicht. Nach 20 Jahren im Ehrenamt des Kreispräsidenten hat Meinhard Füllner nicht erneut für den Kreistag kandidiert. „Nur noch Kunst und Kultur…“ hat er die schriftliche Einladung zum Pressegespräch betitelt. Und die drei Punkte geben Aufschluss, dass ihm Kunst und Kultur sehr viel bedeuten – dazu später mehr – und es weitere Lebensinhalte gibt, die nach einem langen Leben in öffentlicher Aufmerksamkeit und Wahrnehmung gern künftig auch privat bleiben dürfen.
„Ich habe mein Leben lang nur nach vorne gesehen“, sagt Meinhard Füllner. Wir sitzen mit wenigen Presse-Kollegen in seinem Haus in Pogeez in einem Raum, der Wohnzimmer, Esszimmer, Wintergarten, Salon und Galerie vereint. Überall stehen und hängen Bilder, Skulpturen, Konkretes, Abstraktes, kurz: Die verschiedensten Kunstobjekte, die zum Betrachten und Fragen einladen. Fast alle hat Meinhard Füllner selbst in den vergangenen Jahrzehnten geschaffen und freut sich erkennbar, wenn jemand fragt „was ist das?“ oder „wie haben Sie das gemacht?“. Aber jetzt soll es erst einmal um den Politiker und Menschen Meinhard Füllner gehen.
Die Buchstaben „seiner“ Partei CDU trage er wohl offen erkennbar auf seiner Stirn, schmunzelt Füllner, der unter anderem Kreisvorsitzender der Jungen Union und der CDU war, der 13 Jahre als Abgeordneter im Landtag von Schleswig-Holstein aktiv war, 15 Jahre Bürgermeister in seiner Heimatgemeinde Pogeez und 11 Jahre als Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU-Landtagsfraktion gewirkt hat. „Trotz der Bindung zur CDU habe ich immer versucht, die Dinge übergreifend zu sehen“, sagt Meinhard Füllner zurückblickend. Ihn habe immer die Erkenntnis geprägt, dass Politiker im Laufe ihrer Tätigkeit zu „Figuren werden können, die sie eigentlich verhindern möchten“, sagt er. Daher sei es ihm immer wichtig gewesen, etwas Unabhängigkeit zu bewahren.
Möglichweise hat dabei sein Lebensweg entscheidend beigetragen, denn vor dem beruflichen Einstieg in den Schuldienst, vor dem Studium von Geographie, Psychologie und Kunst, hat Meinhard Füllner verschiedene berufliche Stationen nach seiner ersten Ausbildung zum Feinmechaniker beim Dräger-Werk durchlebt und mitgestaltet. Als Schauermann im Hamburger Hafen hat er neben dem Besuch des Abendgymnasiums gearbeitet, später die Bäcker- und Konditorlehre im väterlichen Betrieb absolviert. Kein Politiker also, der nach einem Studium oder einer Ausbildung ausschließlich Politik betreibt. Und das merkt man im Gespräch mit Meinhard Füllner schnell. Er ist weder besserwisserisch, noch missionarisch, wenn es um die verschiedensten gesellschaftlichen Themen geht, aber er kann gut zuhören und hat konsequente Ansichten. „Früher gab es Persönlichkeiten, die den Kreis wie ihr eigenes Eigentum verantwortlich geführt haben. Heute ist vieles indirekter und unpersönlicher geworden“, sagt der Noch-Kreispräsident. Nach 20 Jahren Kreispräsidentschaft kann er klar analysieren, wie sich das Miteinander verändert hat. „Die Kommunikation auf Gegenseitigkeit gibt es nicht mehr so wie früher; einzelne Kreistagsabgeordnete haben heute nicht mehr das Gefühl, dass sie wichtig sind“, sagt Meinhard Füllner. Und sofort ergänzt er, dass der Kreistag auch selbst dazu beigetragen hat, dass viele Entscheidungen und Initiativen nach außen verlagert wurden. Die Kulturarbeit wurde der Stiftung Herzogtum Lauenburg übertragen, „auch Sport, Abfall, Tourismus und Wirtschaftsförderung wurden ausgesourct; tatsächlich gab es früher viel mehr Entscheidungen direkt im Kreistag“, so Füllner. Heute sei alles insgesamt unpersönlicher, man wisse von den anderen Abgeordneten fast nichts mehr. Hinzu käme der wachsende Einfluss von EU-Recht auch in das kommunale Geschehen, sodass die Selbstverwaltung in Teilen ausgehöhlt wird. Insgesamt habe er den Kreistag in den letzten Jahren als „unaufgeregt“ erlebt. „Manchmal war es mir zu ruhig; es muss lebendiger sein!“, wünscht er sich.
Zur Zusammenarbeit mit dem Landrat sagt Meinhard Füllner: „Diese Doppelspitze von Kreispräsident und Landrat gibt es so nur in Schleswig-Holstein und hat in meiner Zeit immer gut geklappt. Das gilt insbesondere auch aktuell mit Dr. Mager und es ist in anderen Landkreisen nicht unbedingt so. Wir wollen gemeinsam vermitteln und die Menschen ermuntern“. Und dann folgt ein Satz, von dem sich denken ließe, dass der Kreispräsident ihn sich in der Vorbereitung zurechtgelegt haben könnte, aber bei Meinhard Füllner kommen solche Aussagen auch spontan. „Das gemeinsame Gestalten unserer Kreispolitik unter Wahrung der speziellen Aufgaben, ist unsere Stärke“.
Mit einem frisch gebügelten Hemd sitzt Meinhard Füllner uns gegenüber, trägt sommerliche, unaufdringliche Farben, eine lange Hose und steckt barfuß in Sandalen. Die Frage, ob er nach dem Verzicht auf den Lebensinhalt „Politik“ in ein Loch falle, habe er sich nie gestellt. Ehefrau Christiane, die nach über 30 Jahren Bürgermeisterin in Pogeez ebenfalls nicht mehr kandidiert hat, teilt die Leidenschaft für das Segeln und das Motorboot als Hobby. „Ich kann jetzt Kunst und Kulturförderung intensivieren“, sagt Meinhard Füllner mit großen wachen Augen und man kann ahnen, dass es ihm dabei auch darum geht, eigene Ideen für Kunstwerke zu realisieren. „Ich habe ein Skizzenbuch und so viele Ideen; ich habe noch viel auf dem Zettel und bin voll ausgelastet“, sagt er mit einem Lächeln. Selbstreflektierend zu seinem politischen und seinem künstlerischen Leben ergänzt er: „So, wie ich das mache, bin ich im Land wohl ein Unikat“. Dankbar ist er für dieses Leben in und mit der Politik. Dass Ehefrau Christiane sich auch kommunalpolitisch engagiert hat, sei ein „starker Faktor“ für seine Tätigkeiten gewesen: „Man kann sich abends austauschen, das ist sehr wertvoll und ich habe das immer gehabt“.
Und tatsächlich scheint Meinhard Füllner auch dankbar für das zu sein, was die Politik ihm an Erfahrungen gebracht hat. „Ich habe alle Bundesländer bereist und sehr viele Menschen kennengelernt. Ich durfte China, Russland, Amerika und Grönland besuchen; alles waren tolle und schöne Erfahrungen.“ Das wichtigste Ereignis seiner politischen Laufbahn bleibe aber die Grenzöffnung 1989 und auch die deutsche Wiedervereinigung ein knappes Jahr später. Für sein jahrzehntelanges Engagement erhielt Meinhard Füllner das Bundesverdienstkreuz, das Kreispferd und die Freiherr vom Stein – Medaille.
Aber er spricht auch offen über die bitterste Zeit seines politischen Lebens: Der politische Fall und Tod von Uwe Barschel, mit dem Füllner einst eng befreundet war. „Es war ein richtiger Schlag und auch eine schlimme Enttäuschung. Aber an Spekulationen habe ich mich nie beteiligt“, so Füllner. Auch ist nach außen nicht zu erkennen, dass der Kommunalpolitiker damit hadert, dass die Politik auf Landesebene – entgegen seiner Wunschplanung – im Jahr 2000 abrupt endete. Als Folge des Spendenskandals um Helmut Kohl 1999 konnte die CDU bei den Landtagswahlen in Schleswig-Holstein (die erste Landtagswahl nach Aufdeckung der Affäre) die „sicher“ geglaubten Direktmandate nicht erringen; Meinhard Füllner verlor so sein Landtagsmandat.
Mit Sicherheit werde er auch künftig interessiert sein, wie sich die Politik (nicht nur) im Kreis Herzogtum Lauenburg entwickelt, aber er wirkt auch überzeugend, wenn er sagt „ich werde mich Null einmischen!“. Zum Abschluss der Runde, nachdem auch die letzte Frage beantwortet ist, lud der Künstler Meinhard Füllner zu einem Besuch seines Ateliers – genannt „Skulpturei“ – im Erdgeschoss ein. Einen Einblick in die Vielseitigkeit seines künstlerischen Schaffens auf der Internetseite der „Skulpturei“.
Werke des Künstlers sind in diesem Sommer aber auch bei Ausstellungen zu sehen. So beteiligt sich Meinhard Füllner mit Skulpturen im Rahmen des Kultursommers am Kanal in Klein Zecher und stellt dort mit Antje Ladiges-Specht unter dem Titel „Der Weg ins Ungewisse“ aus. Vom 2. bis 30. Juli jeweils sonnabends und sonntags von 12 bis 18 Uhr, Alte Schule, Am Müllerweg 1. Vom 5. bis 27. August beteiligt sich der Künstler an der Gemeinschaftsausstellung in Kittlitz unter dem Dach der Reihe „Dörfer zeigen Kunst“. Geöffnet jeweils sonnabends und sonntags zwischen 13 und 17 Uhr, Dorfgemeinschaftshaus / Feuerwehr, Niendorfer Straße 2b. Der Eintritt zu den Ausstellungen ist frei.