Ratzeburg (tbi). Zwei Großveranstaltungen an zwei aufeinanderfolgenden Feiertagen: Organisator Michael Burmester hatte den Menschen in der Region – und auch sich selbst – einiges zugetraut. „Mehr Nutten, mehr Koks – scheiss auf die Erdbeeren“, das Programm mit Mary Roos und Wolfgang Trepper folgte am Ostermontag dem Abend mit Musik der Bee Gees am Ostersonntag. Und wieder hatte Burmester den „richtigen Riecher“: Die Riemannhalle war mit über 1000 Gästen ausgebucht.
Schon 2016 hatte Michael Burmester die erste Version dieser besonderen „Schlager-Revue“ nach Ratzeburg geholt. Auch damals zum Auftakt der Gewerbeschau, die in diesem Jahr am 15. und 16. April endlich wieder ihre Pforten öffnen kann. „Du bist gut für die Region“, sagte der Schirmherr der Gewerbeschau, Ratzeburgs Bürgermeister Eckhard Graf, unter Anspielung auf den Slogan des Hauptsponsors, der Kreissparkasse Herzogtum Lauenburg, zu Michael Burmester. Der ehrenamtliche Organisator Burmester selbst bedankte sich bei allen Sponsoren und wünschte den Gästen im ausverkauften Saal bescheiden: „Feiern Sie mit und haben Sie Spaß!“.
Beim erfolgreichen Konzept ist es auch bei dieser Neuauflage geblieben: Wolfgang Trepper lästert gegen (fast) alles und jeden; vor allem gegen den deutschen Schlager und dessen Interpreten. Immer wieder gibt es auch Spitzen zum Alter von Mary Roos (tatsächlich: 74 Jahre) – „Sie müssen ganz laut klatschen und toben; die Alte hört ja sonst nichts!“ – während danach die Sängerin gemeinsam mit der Begleit-Band Medleys eigener Lieder und auch Lieder von Dritten würdevoll darbietet. Bereits nach ihrem ersten Set – von „Hello Again“ bis „Marmor, Stein und Eisen bricht“ – gibt es Rufe nach Zugabe. Zwischen den Auftritten treffen sich Roos und Trepper zum spielerisch-stichelnden Dialog oder Trepper bespielt allein die Bühne. Werbung der 60er-Jahre soll das Publikum erraten und das macht auch begeistert mit, sodass schnell geklärt ist, dass viele Gäste zumindest das vierte Lebensjahrzehnt überschritten haben (Pril-Blumen, Klementine – als Beispiele).
Aber Trepper kann neben verbalen Slapstick-Elementen auch sorgenfrei richtig böse sein. Zum gemeinsamen (Ukraine-) Appell von Sarah Wagenknecht und Alice Schwarzer sagt er: „so viel Dummheit auf einem Quadratmeter!“. Im Zusammenhang mit Missbrauchsskandalen der katholischen Kirche nennt Trepper den Erzbischof von Köln, Kardinal Woelki, eine „homophobe blöde Sau“, und setzt auf eine Reaktion von dort. „Hoffentlich verklagt er mich, dann muss er vor Gericht das Gegenteil beweisen“, sagt Trepper. Es ist eben auch ein Satire-Programm, es ist Comedy und oft sehr bitter. Und manchmal verlangt Schnellsprecher Trepper den Menschen auch Geduld und hohe Aufmerksamkeit ab. Wer keinen Bezug zu den Ausführungen zur Besetzung und musikalischen Ausgestaltungen der ersten Folgen der Krimi-Reihe „Derrick“ (ZDF, Start 1974) hat oder haben kann, könnte schnell – im Gegensatz zu Trepper – den Faden verlieren. Lang auch der Beitrag zu den Quizsendungen von Wim Thoelke, bei dem es gar nicht mehr um Musik ging.
Den Gästen hat es hörbar Spaß gemacht und als es gegen 23 Uhr auf der Bühne ruhiger wurde, gab es noch einige seriöse Worte von Trepper, bevor er mit Mary Roos noch Autogramme geben wollte. Ob man denn in diesen schwierigen Zeiten noch ein reines Unterhaltungsprogramm machen könne, würden sie oft gefragt, sagte Trepper und holte weit aus. Mary Roos und er seien zu dem Schluss gekommen: „Gerade in solchen Zeiten muss ein Unterhaltungsprogramm gemacht werden, sonst wird man verrückt!“ Das Publikum bekräftigte das durch langanhaltenden Applaus. Auch die Ansage, dass die beiden Stars am Ausgang Spenden entgegennehmen, um ein Schulprojekt in Malawi (Südostafrika) – insbesondere für Mädchen – zu realisieren, stieß auf breite Zustimmung.
Mary Roos und der Band gehören die letzten Minuten auf der Bühne. Wie alle Ihre Anteile an diesem Abend sorgen ihre Stimme und die gut eingespielte Begleit-Band für eine harmonische Entschleunigung, für Wohlklang in Besonnenheit und Freude beim Publikum. Erneut hat sich gezeigt, dass die Menschen aus Ratzeburg und Umgebung das Angebot von ausgesuchten Großveranstaltungen gern annehmen.