Herzogtum Lauenburg/Mölln (pm). In der Sendereihe „SelbstVerständlich Politik“ des Offenen Kanals Lübeck (Lübeck FM) spricht Mark Sauer vom Verein Miteinander leben am Montag, 13. März 2023 um 19 Uhr mit Dr. Günther Rusch über Dekolonialisierung und die Frage, ob die koloniale Vergangenheit überwunden werden kann.
Kolonialismus trägt ein langwährendes Erbe in sich. Die Machstrukturen aus der Kolonialzeit wirken bis heute in vielen Länder ganz tiefgreifend und behindern ihre Entwicklung. Die von den Kolonien erkämpfte Unabhängigkeit führte nicht oder nur ganz selten zu einem Neustart von Beziehungen mit den alten Kolonialmächten. Der als Dekolonialisierung bezeichnete Prozess, also die Aufhebung der Auswirkungen des Kolonialismus, muss daher auch heute immer noch als Fortsetzung der Kolonialgeschichte verstanden werden. Selbst ein halbes Jahrhundert nach dem Zusammenbruch der kolonialen Weltordnung ist nicht zu erkennen, ob es absehbar zu einem globalen Gleichgewicht zwischen den verschiedenen Kulturen, Gruppen und Individuen kommt.
Genau das ist aber das Ziel von Dekolonialisierung. Es beinhaltet die Auseinandersetzung mit der kolonialen Vergangenheit, die Wiederherstellung der Autonomie der einheimischen Bevölkerungen, und die Aufwertung von unterdrückten Sprachen, Kulturen und Geschichten. Es bedeutet, dass die ehemaligen Kolonien die Kontrolle über ihre Produkte und Dienstleistungen erlangen und das Wirtschaftssystem nicht nur durch die Wirtschaftsmacht der ehemaligen Kolonialmächte bestimmt wird. Dazu gehören faire, freie und gleich Wettbewerbsbedingungen in Wertschöpfung, Handel, Dienstleistungen.
Es bleibt offen, ob der lange Atem der kolonialen Beziehungszusammenhänge im Zuge der Dekolonialisierung jemals überwunden werden kann oder ob nicht sogar ein Neokolonialismus erwächst, der genau diese kolonialen Strukturen zwischen Nord und Süd weiter zementiert. Dr. Günther Rusch analysiert diesen ernüchternden Prozess, aus europäischer und aus afrikanischer Perspektive.
Dr. Günther Rusch hat sich seit seinen Studienjahren in den 1960er und 70er Jahren in vielfältiger Weise mit nahezu allen Regionen Afrikas befasst, wissenschaftlich, als Berater, Referent und Delegierter von Hilfsorganisationen, als Dozent an der Brandenburgisch-Technischen Universität Cottbus, an zwei afrikanischen Hochschulen sowie in der entwicklungspolitischen Bildungsarbeit. Er verfolgt die Entwicklungen auf dem afrikanischen Kontinent genau, auch von seinem zweiten Wohnort in Ghana.
Die Sendung wird am Dienstag, 14. März 2023 um 16 Uhr und am Sonntag, 19. März 2023 um 18 Uhr wiederholt. Sie wird gefördert über die Partnerschaft für Demokratie der Stadt Ratzeburg und des Amtes Lauenburgische Seen im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“.
Zu empfangen ist die Sendung auf der Frequenz 98,8 MHz (106,5 Kabel), auf DAB+ und als Direktsendungen im Internet unter Lübeck FM – Livestream. Eine andere Möglichkeit ist der Empfang im Internet über die App „tunein“.