Herzogtum Lauenburg/Brunstorf (pm). „Endlich können wir wieder einen Kreisbauerntag begehen.“ Mit diesen Worten begrüßte Hans-Peter Grell, Vorsitzender des Kreisbauernverband Herzogtum Lauenburg mehr als 350 Besucher aus Gesellschaft, Politik und Landwirtschaft beim Kreisbauerntag am vergangenen Donnerstag auf dem Betrieb der Familie Lütten in Brunstorf.
„Selten waren die Aussichten für unsere jungen Landwirte mit so vielen Fragen versehen“, erklärte Hans-Peter Grell und dennoch betonte er: „Landwirt ist immer noch der schönste Beruf der Welt.“ Die vergangenen drei Jahre seien jedoch auch von viel Unsicherheit und Unzufriedenheit geprägt gewesen, was schließlich zur Einberufung der Zukunftskommission Landwirtschaft geführt habe. „Wir hoffen, dass die neue Bundesregierung die Vereinbarungen zum moderaten Wandel einhält“, so Grell. Der Krieg in der Ukraine habe vieles verändert. Russland setze die Blockade von Getreideexporten gezielt als Waffe ein. Zudem stiegen die Energie- und damit auch die Betriebsmittelkosten. Grell mahnte: „Wenn die Erzeugungskosten steigen, müssen auch die Erzeugerpreise steigen. Sonst gibt es bald niemanden mehr, der die Lebensmittel produzieren kann, zumindest nicht in Deutschland.“ Er machte aber auch ein Angebot. Landwirte können neben der Nahrungsmittelproduktion auch zusätzliche Leistungen erbringen, zum Beispiel in den Bereichen Klima- und Artenschutz. Das müsse aber auch honoriert werden.
Eine andere Agrarpolitik?
„Das Problem ist, das Konsumenten für Ökosystemleistungen nicht bezahlen wollen“, erläuterte Prof. Christian Henning von der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Ohne Einnahmen würde aber kein Landwirt Ökosystemleistungen produzieren und auf besser vermarktbare Produkte verzichten. An dieser Stelle komme die Agrarpolitik ins Spiel. Es brauche Maßnahmen, die effizient gestaltet sind und klare Zielvorgaben. „Wenn ich Bio fördere, kann ich damit keine besondere Verbesserung der N-Bilanz erzielen“, nannte Henning ein Beispiel für einen Zielkonflikt. Auch der schon sehr effiziente Ackerbaubetrieb mit geringen N-Bilanzüberschüssen könne nicht mehr viel einsparen. Es sollten daher immer diejenigen Ökosystemleistungen erbringen, die das besonders günstig machten.
Dem Hochschullehrer zufolge ist es hingegen wenig effizient, Produktionsweisen vorzuschreiben. Das hemme Innovationen, also die Weiterentwicklung von Systemen. Zum Einfluss der Ukraine-Krise auf die Versorgungssicherheit erläuterte Henning: „Langfristig ist es unvernünftig, auf Kosten der Nachhaltigkeit den Hunger der Welt abzumildern.“ Da müsse es andere Wege geben. Und schließlich seien die „Armen der Welt“ zumeist Bauern, die von steigenden Preisen auch profitierten.
Ludwig Striewe, ATR Landhandel, hielt dagegen: „Es gibt auch städtische Bevölkerung die arm ist.“ Er wolle den Politiker sehen, der nach Tunis, Algier oder in den Iran fährt und sagt: „Ihr bekommt unser Getreide nicht mehr, weil wir mehr Nachhaltigkeit wollen.“ Laut Striewe nimmt insbesondere die Importnachfrage Chinas viel Ware vom Markt. Offiziell halte China 58 % der Weltreserven an Getreide. Warum China trotzdem so viel zu so hohen Preisen importiere, könne zu dem Schluss führen, dass diese Bestände in der Realität gar nicht vorhanden sind, gab der Landhändler zu bedenken. Die aktuelle Versorgungslage sei demnach trügerisch. Deswegen könne man die Bedeutung der Ukraine als Produzenten nicht überschätzen. „Die Prognose der Knappheit war noch nie so hoch wie in diesem Jahr“, unterstrich Striewe.
Deutschland und die EU dürften sich nicht wegen Ökosystemleistungen vom Weltmarkt abkoppeln, weil das hier produzierte Getreide gebraucht werde. Dennoch sei gerade der Klimawandel neben der Schaffung von Frieden die große Herausforderung unserer Zeit. Striewe plädierte dafür, beispielsweise Biokraftstoffeinsätze zu flexibilisieren, also bei höheren Agrarpreisen weniger beizumischen und bei geringen Agrarpreisen mehr.
Megathema Effizienz
Für Klaus-Peter Lucht, Vizepräsident des Bauernverbandes Schleswig-Holstein ist klar: „Das große Thema ist Effizienz.“ Höhere Effizienz helfe für die Ökonomie, aber zum Beispiel auch beim Düngereinsatz, um vermeidbare Stickstoffeinträge in die Umwelt zu reduzieren. Er berichtete, wie sich das Verbraucherverhalten mit Blick auf die aktuelle Inflation verändert. Laut den großen Lebensmitteleinzelhändlern sei die Nachfrage nach höherpreisigen Produkten rückläufig, egal ob Bio oder konventionell. Wenn Landwirte Naturschutzleistungen erbrächten, müssten sie damit auch Geld verdienen, forderte Lucht. Lucht betonte: „Entscheidend wird sein, dass Ökosystemleistungen freiwillig bleiben.“ Vorrangig bleibe aber die Lebensmittelversorgung.