Ratzeburg (aa). Am 25. Mai 2021 leitete die Ratzeburger Stadtvertretung per Beschluss die Abwahl des inzwischen suspendierten Bürgermeisters Gunnar Koech ein. Unter anderem legen ihm die Stadtvertreter ein Zerwürfnis mit der Schulleitung der Lauenburgischen Gelehrtenschule (LG) zur Last. Ein Umstand den Koech abstreitet. Ein Gespräch mit der erweiterten Schulleitung der LG ergibt ein anderes Bild.
Es gehe um ein transparentes Informationsverfahren, beginnt LG-Schulleiter Thomas Engelbrecht das Gespräch. Die Ratzeburger hätten ein berechtigtes Bedürfnis nach weiteren Informationen. Vor Ort zum Gespräch sind neben Engelbrecht noch seine Stellvertreterin Ina Meyenburg, Koordinatorin der erweiterten Schulleitung Susanne Bauder, die Personalratsmitglieder und Fachleiter Peter und Katharina Broose sowie vom Schulelternbeirat, Diana Henschen und Sonja Grelck. „Wir stehen dafür, dass diese Schule läuft“, so Engelbrecht weiter, der gleich von Beginn an klarmacht, dass aus seiner Sicht der Konflikt mit Bürgermeister Koech nicht auf seine Person beschränkt ist.
„Es war auf der Sondersitzung der Stadtvertretung die Rede von einem Mediationsgespräch mit der Schulaufsicht“, fährt Thomas Engelbrecht fort. Es sei richtig, dass dies stattgefunden habe. Es sei zudem richtig, dass die Schulaufsicht bestätigt habe, dass der Bürgermeister die Haushaltsmittelverfügung der Schule einschränken darf. „Aber das war nicht das einzige, was die Schulaufsicht gesagt hat“, ergänzt Engelbrecht die Darstellung des Mediationsgespräch von Koech, „Ihm wurde auch gesagt, dass er verpflichtet ist, die Schule betreffende Dinge mit uns abzusprechen. In vielen Dinge muss er uns informieren. Das ist eine Dienstpflicht auf die er hingewiesen wurde.“
„Es ist völlig in Ordnung, von uns zu erwarten, dass wir nach Vergabeverordnung stellen“, fährt Ina Meyenburg fort, „so wurde auch schon zu der Zeit gehandelt, als noch der Kreis Träger der Schule war.“ Zum Bruch wäre es im vergangenen Jahr im Zuge der Umsetzung des Digitalpakts gekommen, wie sie erklärt. So habe man an der LG ein Konzept erarbeitet um zudem den Anforderungen des corona-bedingten Distanzunterrichts gerecht zu werden. Kurz, es wurden 30 Webcams geschafft. „Im Zuge der darauffolgenden Rechnung wurde mir vorgeworfen Rechtsbruchs begangen zu haben“, schildert Meyenburg. Die Anschuldigung kam von Gunnar Koech persönlich, allerdings nur per Email. „Laut Vergabeordnung soll man den Auftragnehmer (das Unternehmen, wo Ware und Dienstleitungen bestellt werden) stets wechseln. Das war mir so nicht bekannt. Ich habe dann versucht mit Herrn Koech zu reden. Er hat aber nicht auf meine Kontaktversuche reagiert“, zeigt sich Meyenburg verständnislos über die Art und Weise der Kommunikation des Bürgermeisters, „Ich hätte mir vor seiner Email gewünscht, ein Gespräch zu haben, um zu klären, was schief gelaufen ist und was wir besser machen können, und nicht einen ‚Drohbrief‘ mit rot-markierten Stellen.“
In der Folge kürzte Koech die Haushaltsmittel der Schule und es gab die Anweisung, entsprechende Bestellungen nur noch über die Stadtverwaltung laufen zu lassen. Meyenburg weiter: „Rechtlich ist das keine Frage, da kann er so handeln. Aber wir brauchen dann auch verlässliche Vorgaben, wie dann zu verfahren ist. Wir dürften seit dem nichts mehr selbst bestellen, was mit Digitalisierung zu tun hat. Der Kauf jeder Druckerpatrone geht nun über die Stadtverwaltung. Die daraus resultierende zeitliche Verzögerung ist misslich.“ Auch die Anschaffung von Lehrmitteln sei zum Teil durch die Vorgabe Koechs schwer umsetzbar. „Es gibt Lehrmitteln, da gibt es keine Vergleiche gemäß Vergaberecht. Es muss das eine Buch sein“, fügt Peter Broose, unter anderem Fachbereichsleiter Biologie hinzu. Durch die neue Regel sei es auch nicht mehr möglich, für den Biologieunterricht spontan benötigte Versuchsobjekte zu kaufen. „Außer die Kollegen zahlen es aus eigener Tasche“, so Peter Broose weiter. Im Januar wäre über die Stadtverwaltung die Anschaffung Badmintonzubehör beantragt worden. Broose: „Das soll jetzt kommen, wo die Hallensaison vorbei ist. Das alles behindert uns in unserer Arbeit. Die Kinder sind am Ende die Leidtragenden.“
„Wir waren durch die Aktion von Bürgermeister Koech verwundert und verunsichert. Mehrmalige Schreiben an ihn blieben unbeantwortet“, sagt Thomas Engelbrecht. Er habe sich dann erst an den Ausschuss für Schule, Jugend und Sport sowie dem Hauptausschuss gewendet. „Es stimmt daher nicht, wenn er sagt, dass es keine Probleme an der LG gibt. Dass das W-Lan Netz einigermaßen stabil läuft, ist richtig. Dass damit aber alles getan ist, ist völlig ausschnitthaft.“ So sei Engelbrecht vom IT-Unternehmen, dass von Koech für das W-Lan-Netz der LG beauftragt wurde, völlig überrascht worden. Eine entsprechende Info wurde seitens des Rathauses nicht kommuniziert. „Auch die Nachfolge für unsere Schulsekretärin lief schlecht, ich wurde nicht beteiligt, die Nachfolgerin konnte daher nicht rechtzeitig eingearbeitet werden. Durch die Haushaltsmittelverfügung des Bürgermeisters gibt es seit Januar 2021 kein funktionierendes Prinzip mehr, Bestellungen vorzunehmen. Seit sechs Monaten haben wir keine Wartungskraft mehr, die sich um die sensible Software des Landesnetzes kümmert. Bei der Umsetzung des Digitalpaktes sind wir nicht weiter als vor einem Jahr. Das sind Zeitabläufe, die nicht gut sind. All das kann eine Abteilung 4 (der Stadtverwaltung) auch personell nicht leisten. Dafür ist ein externer Dienstleister von Nöten.“
„Ich bin seit zehn Jahren Schulleiter der LG. In diesen Jahren haben wir die Dinge mit dem Schulträger immer im Einvernehmen hinbekommen. Man kann auch mal anderer Auffassung sein. Das ist auch gut, wenn man kompromissbereit ist. Jedes lösungsorientierte Vorgehen basiert unter anderem auf Respekt und Offenheit. Stattdessen erhielten wir Drohungen und fehlende Absprachen. Das Vertrauen in der Zusammenarbeit mit Herrn Koech ist uns verloren gegangen“, sagt Thomas Engelbrecht.
„Aus Sicht der Elternschaft sind wir nur ein beratendes Gremium an der Schule. Mit Herrn Koech haben wir daher nur gelegentlich zu tun. Allerdings mussten auch wir feststellen, dass sachliche Probleme immer wieder auf die persönliche Ebene abgeglitten sind. Er sieht es scheinbar nicht für notwendig, den Digitalpakt zu beschleunigen, nur weil es Corona gibt. Wir hatten ein gutes Konzept für den Distanzunterricht erarbeitet. Die Webcams wurden schnell benötigt. Stattdessen erlebte ich von Herrn Koech Unprofessionalität sowie eine beleidigende Art, die mich betroffen macht – gegenüber Herrn Engelbrecht und gegenüber mir. Er war sehr laut, sehr ruppig, hat Vorwürfe gemacht und Vokabular genutzt, das unangemessen war. Er hatte gesagt, würde nicht mehr mit Herrn Engelbrecht nicht mehr sprechen und wollte die Eltern künftig ins Boot holen. Das hat er aber nicht getan“, schildert Schulelternbeiratsvorsitzende Diana Henschen ihre Sicht der Dinge. „Die Verlässlichkeit ist in der Zusammenarbeit mit Herrn Koech nicht gegeben. Das hatte ich ihm auch schon persönlich gesagt. Er neigt dazu, andere Personen nicht gut dastehen zu lassen. Er macht einfach einen Rundumschlag. Die Art und Weise ist ein wenig fragwürdig“, ergänzt Sonja Grelck (Schulelternbeirat).
„Wir sind uns zunächst sehr angemessen begegnet“, erinnert sich Thomas Engelbrecht an die Zeit nach der Wahl Koechs zum Bürgermeister, „Der Bruch kam bei der Umsetzung des Digitalpakts. Wir sagten, wir sehen das anders als er. Aber wer nicht seiner Meinung ist, ist nicht mehr sein Freund, der ist sein Feind.“