Lübeck (pm). Der UNESCO-Ausschuss für das Immaterielle Kulturerbe hat am Donnerstag vierzehn Formen von überliefertem Wissen und Können in die Repräsentative Liste des Immateriellen Kulturerbes der Menschheit aufgenommen. Zudem nahm der Ausschuss drei gute Praxisbeispiele zum Erhalt Immateriellen Kulturerbes in das gleichnamige UNESCO-Register auf, darunter das Bauhüttenwesen, das von Frankreich, Norwegen, Österreich, der Schweiz und Deutschland gemeinsam nominiert worden war. Zu den 18 Bauhütten, die sich darum bemüht haben, gehört auch die Kirchenbauhütte Lübeck-Lauenburg.
Besonderes handwerkliches Können für wunderbare Kirchräume
„Uns sind viele wunderbare Kirchräume anvertraut, die von jeder Generation fachgerecht in Stand gehalten werden müssen“, sagt Pröpstin Petra Kallies. „Dafür ist neben Fachwissen auch ein besonderes handwerkliches Können erforderlich. Mittelalterliche Techniken und Rezepturen, zum Beispiel für den Mörtel, werden in den Bauhütten weitergegeben, zum Teil auch wieder neu entdeckt. Mich beeindruckt darüber hinaus immer wieder die Liebe unserer Mitarbeiter zu den Bauwerken, mit der sie das sichtbare Kulturerbe erhalten.“
Die Lübecker Kirchenbauhütte gehört zum Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg und arbeitet an allen historischen Kirchen der Propsteien Lübeck und Lauenburg. Dazu gehören auch die großen Lübecker Innenstadtkirchen Dom, St. Marien, St. Jakobi, St. Aegidien und St. Petri. Sie alle sind zusammen mit der Lübecker Altstadt Teil des UNESCO Welterbes.
Bürgermeister Jan Lindenau gratuliert der Kirchenbauhütte Lübeck-Lauenburg:
„Ich freue mich mit der Kirchenbauhütte Lübeck über diese besondere Auszeichnung und Würdigung der Arbeit des Bauhüttenwesens und gratuliere herzlich. Lübeck als UNESCO-Weltkulturerbe wäre ohne die Kirchenbauhütte Lübecks kaum möglich geworden. Die große Leistung des Wideraufbaus der Lübecker sieben Türme nach dem zweiten Weltkrieg hat wesentlich zum Erhalt des besonderen Stadtbilds Lübeck beigetragen. Als Schirmherr der heutigen Aktion `Sieben Türme will ich sehen´ weiß ich um die Bedeutung, die die Kirchenbauhütte bis heute zum Erhalt dieser identitätsstiftenden Stadtsilhouette hat.“
Bauhütten als Bewahrerinnen lebendiger Tradition
Das Bauhüttenwesen geht auf die mittelalterlichen Großbaustellen der Kathedralen zurück. Erstmals wurde damals das architektonische und handwerkliche Wissen an einem Ort versammelt. Auch für den Bau der Lübecker Kirchen wurden eigene Kirchenbauhütten errichtet. Die modernen Bauhütten führen diese Tradition fort. Die Vereinigung der Dombaumeister, Münsterbaumeister und Hüttenmeister fasst die Bedeutung in einer Pressemitteilung zum Eintrag in die Liste so zusammen: „Sie geben Wissen, handwerkliche Fertigkeiten und Fähigkeiten verschiedenster Gewerke weiter, bilden Nachwuchs aus, halten Feste und Rituale lebendig, dokumentieren ihre Arbeiten und repräsentieren das Bauhüttenwesen nach außen. Im Wesentlichen verstehen sich die Bauhütten als Kompetenzzentren rund um den Stein.“
Kirchenbauhütte Lübeck-Lauenburg: Kompetenz im Bau mit Backstein
Die Kirchenbauhütte Lübeck-Lauenburg nahm ihre Arbeit 1951 während des Wiederaufbaus der Lübecker Marienkirche auf. Sie ist in mehrfacher Hinsicht besonders. Zum einen ist sie die einzige Kirchenbauhütte in Norddeutschland. Während an den meisten anderen Kathedralen die Steinbearbeitung im Zentrum steht, ist die Lübecker Kompetenz der Bau mit Backsteinen. Und während die anderen Bauhütten sich jeweils für einen einzelnen Bau verantwortlich sehen, arbeitet die Lübecker Kirchenbauhütte nicht nur an den mittelalterlichen Lübecker Kirchen, sondern an allen historischen Kirchen des Kirchenkreises Lübeck-Lauenburg. Acht Maurer und ein Zimmerer unter der Leitung der Architektin Liane Kreuzer, Leiterin der Bauabteilung des Kirchenkreises Lübeck-Lauenburg, gehören zur Kirchenbauhütte Lübeck-Lauenburg. Derzeit verstärkt zusätzlich ein Mitglied der Lübecker Jugendbauhütte im Rahmen des FSJ-Programms das Kirchenbauhüttenteam. (Text: Georg Gemander)