Ratzeburg (aa). Am Dienstag (1. September 2020) kamen die Mitglieder des Ausschusses für Wirtschaft, Tourismus und Stadtmarketing zu ihrer zehnten öffentlichen Sitzung im Ratssaal des Rathauses zusammen. Auf der Tagesordnung stand unter anderem ein Nachtrag im Investitionsplan des Wirtschaftsplans 2020. Ein ganz anderes Thema, das zuvor mit knappen Worten unscheinbar im Tagesordnungspunkt „Bericht der Verwaltung“ auftauchte, hatte zwar auch mit einer Investition zu tun, sorgte aber für ungleich mehr Diskussionen.
Unter Tagesordnungspunkt fünf, „Bericht der Verwaltung“, verbarg sich kurz und knapp (wie der Name schon sagt) eine teils mündlich ergänzte Übersicht der jüngsten Aktionen der Stadtverwaltung. So war dieses Mal unter anderem zu erfahren, dass der Herbstmarkt 2020 coronabedingt ausfallen wird und, dass der ‚Besuch‘ der Eisbahn kommenden Winter auf der Kippe steht. Einmal war auch hier nicht klar, ob der Coronavirus dem ganzen nicht sowieso einen Strich durch die Rechnung macht und zudem sind laut Katrin Jester vom Stadtmarketing bislang nur ein Bruchteil der benötigten Spenden- und Sponsorengelder eingegangen. Von benötigten 15.000 Euro habe man aktuell rund ein Drittel zusammenbekommen. Aber noch sei das letzte Wort nicht gesprochen.
Am Ende des Tagesordnungspunkts ging es um das Thema „Mobile Bühne“. Es folgte von Katrin Jester ein ausführlicher Vortag beziehungsweise die Vorstellung des Plans der Wirtschaftsbetriebe der Stadt eine mobile Bühne anzuschaffen. Inspiriert durch den erfolgreichen Musiksommer von Jens Butz hinter dem Rathaus sowie die Pandemie bedingten Veranstaltungsausfälle, wolle man künftig mit einer eigenen mobilen Bühne nicht nur an mehreren Wochenenden im Jahr ein eigenes Unterhaltungsangebot auf die Beine stellen (letzteres von der Stadtverwaltung ohne Mehrkosten), sondern die Bühne auch gegen eine geringe Gebühr (Auf- und Abbaukosten durch den Bauhof) örtlichen Institutionen und Vereinen zur Verfügung stellen.
Man habe verschiedene Angebote für eine Bühne eingeholt. Das Wunschobjekt soll rund 35.000 Euro kosten. Durch Fördergelder von der Aktivregion Nord stehe aber in Aussicht, dass letztlich von der Stadt nur ein Eigenanteil von rund 16.000 Euro zu zahlen wäre, der von den aktuellen Finanzmitteln abgedeckt sei.
Die Mehrheit der anwesenden Ausschussmitglieder schien von dem Vorstoß der Verwaltung zunächst alles andere als begeistert. So monierte Klaus Priebe (SPD), dass die Folgekosten wie für Licht- und Tontechnik nicht mitaufgeführt seien. Hier entgegnete Bürgermeister Gunnar Koech: „Die Stadtjugendpflege besitzt durchaus Technik, um kleinere Räume zu bespielen. Die Bühne ist die Grundlage, um niederschwellig ein Angebot zu kreieren.“
„Ist das jetzt ein Meinungsaustausch? An welcher Stelle des Prozesses befinden wir uns?“, fragte Andreas von Gropper (FRW) und leitete damit eine weitere grundlegendere Diskussion ein. Koech: „Laut Satzung des Wirtschaftsbetriebe der Stadt ist genau das unsere Aufgabe. Die Mittel stehen zur Verfügung. Die Summe der Kosten liegt in einer Höhe, wo der Bürgermeister allein entscheiden darf. Sie müssen das nicht genehmigen und nicht beschließen. Das Ganze hätte sogar schon vollzogen sein können.“
„Dann bin ich dankbar, dass wir da gehört werden“, gab von Gropper zurück, „Ist es denn unsere Aufgabe (als Stadt) solche Dinge bereit zu stellen? Das ist ein Punkt, wo ich stolpere, ob das der richtige Weg ist. Bei Räumen ist das etwas anderes, aber Veranstaltungen mit Equipment zu ermöglichen und im gewissen Sinne in die Veranstaltungsbranche einzusteigen – das hat am Ende doch Konkurrenzpotential zu gewerblichen Anbietern – Leuten, die damit Geld verdienen. Ja, wir sollten Veranstaltern und Künstlern den roten Teppich ausrollen, aber nicht mit Equipment.“
„Ich fühle mich da ein bißchen überrumpelt“, gab Uwe Martens (SPD) zu Protokoll. Den Bericht der Verwaltung könne er nur zur Kenntnis nehmen, nötig sei ein eigener Tagesordnungspunkt zum Meinungsausaustausch. „Das hat alles etwas von ‚Friss Vogel oder stirb‘“, so Martens weiter, der eine rechtliche Prüfung ins Spiel brachte, ob das Handeln des Bürgermeister in dieser Sache wirklich satzungsgemäß sei.
„Ich war sehr überrascht, dass da schon ein Förderantrag auftaucht“, gab Ausschussvorsitzender Klaus-Stefan Clasen (Grüne) sein Unbehagen über den Ablauf zu Protokoll.
„Vielleicht müssen Sie mal die Satzung Ihrer Wirtschaftsbetriebe überdenken?“, ging Gunnar Koech in den Gegenangriff über, „Das ist ganz normal in der Satzung verankert“, sagte er und begann den Anwesenden Auszüge aus der Satzung vorlesen. Koech weiter: „Ich komme im Grunde nur meiner Aufgabe nach, Sie zu informieren.“ Weiter fragte er, ob Bedenken bestünden, weil das Vertrauen in die Verwaltung fehle. „Und wir würden keinem Veranstalter etwas wegnehmen, weil es ohne die Bühne gar keine Veranstaltungen geben würde. So haben wir aber die Möglichkeit ein tolles Jahresprogramm auf die Beine zu stellen.“
„Das sehe ich ganz anders“, ging Jürgen Hentschel (FRW) nochmals das Thema Satzung ein, „Sie werden Veranstalter und gehen in Konkurrenz zu Privaten. Das geht gegen die Satzung.“ Er schlug hingegen vor einmal ein Jahr lang ein Programm mit einer gemieteten Bühne zu gestalten und dann zu „gucken, wie es läuft und wer es alles nutzt“. Wirtschaftlich sei es „irrsinnig“ zu mieten, gab Koech zurück. Den Vorwurf, dass seitens der Politik kein Vertrauen in der Arbeit der Mitarbeiter der Stadtverwaltung bestehe, wiesen die Ausschussmitglieder zurück.
„Dass diese Entscheidung ohne den Ausschuss getroffen werden kann, stelle ich zunächst mal Frage“, erklärte ebenfalls Martin Bruns (CDU) seine Zweifel am Vorgehen des Bürgermeisters. „Das kann ich nur bestärken“, schaltete sich Uwe Martens wieder ein, „Wir sind die kommunale Selbstverwaltung. Ich fühle mich da außen vor.“
Nach diesem Meinungsaustausch, der beim Tagesordnungspunkt „Bericht der Verwaltung“ eigentlich nicht vorgesehen ist, beendete der Ausschussvorsitzende Klaus-Stefan Clasen die Diskussion fürs Erste. Ob Ratzeburg bald eine eigene mobile Bühne hat, blieb somit zunächst einmal offen.