Kiel (pm). Die Landesregierung hat nach ihrer zweiten Kabinettsbefassung den Gesetzentwurf des Innenministeriums zur bedarfsgerechten Weiterentwicklung des kommunalen Finanzausgleichs mit wenigen redaktionellen Anpassungen an den Landtag übergeben. „Das Anhörungsverfahren hat die bereits vorher deutlich gewordenen unterschiedlichen Interessenlagen innerhalb der kommunalen Familie noch einmal bestätigt. Deshalb bleibt unser Gesetzentwurf bei der vorgesehenen Verteilung der Mittel zwischen Kreisen, Städten und Gemeinden. Auch steht das Land weiterhin trotz seiner zwischenzeitlich durch die Corona-Krise entstandenen erheblichen Mehrausgaben und absehbaren Einnahmeausfälle zu den mit den Kommunen vereinbarten Aufstockungen. Die Landesregierung sieht selbstverständlich die Belastungen aller staatlichen Ebenen in der aktuellen Ausnahmesituation. Die faire Verteilung der aus dieser Krise resultierenden Ausnahmelasten ist außerhalb der anstehenden Reform des kommunalen Finanzausgleichs zu klären“, erklärte Innenminister Hans-Joachim Grote nach der Kabinettssitzung.
Der Minister wiederholte, der Gesetzentwurf werde für einen bedarfsgerechten, nachhaltigen und fairen Finanzausgleich für unsere Städte, Kreise und Gemeinden sorgen. Er stellte die wesentlichen Eckpunkte erneut dar:
Das Land sei bereit, die Ausgleichsmasse bereits ab dem Jahr 2021 um 54 Millionen Euro aufzustocken. Die Landesregierung gehe diesen Schritt ausdrücklich, obwohl die vom Gericht geforderte gerechte und gleichmäßige Verteilung der im Land insgesamt zur Verfügung stehenden Mittel eigentlich bereits heute gegeben sei. In den Jahren 2022, 2023 und 2024 werde die Ausgleichsmasse um jeweils weitere 5 Millionen Euro aufgestockt, bis 2024 seien damit sogar 69 Millionen Euro zusätzlicher Mittel erreicht. Darüber hinaus werde das Land den Kommunen weitere 5 Millionen Euro zusätzlich für den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) zur Verfügung stellen, die ab 2021 ebenfalls mit 1,8% Prozent dynamisiert werden.
Die wichtigsten Weichenstellungen bei der Verteilung der Mittel zwischen Städten, Kreisen und Gemeinden sind:
Einführung eines Kinderbonus
Damit trägt die Landesregierung der gutachterlich festgestellten Tatsache Rechnung, dass junge Menschen de facto besondere Kosten verursachen. Im Ergebnis werden unter 18-Jährige deshalb bei den Schlüsselzuweisungen an die Gemeinden mit einem Aufschlag von 50 Prozent berücksichtigt; für die Kreise und kreisfreien Städte soll es – unter Berücksichtigung der Soziallastenmesszahl – einen Aufschlag von 30 Prozent je unter 18-Jährigen geben.
Berücksichtigung „bedarfstreibender Flächenlasten“
Im kommunalen Finanzausgleich werden künftig „bedarfstreibende Flächenlasten“ besonders berücksichtigt. Nach den Empfehlungen der Gutachter ist der am besten geeignete Indikator dafür die Kilometerzahl der Gemeindestraßen bzw. Kreisstraßen. Deshalb sollen in Zukunft bei den Schlüsselzuweisungen an die Gemeinden fünfzehn Prozent und bei jenen an die Kreise und kreisfreien Städte 6 % der zur Verfügung stehenden Mittel nach diesem Indikator verteilt werden.
Berücksichtigung von Kosten für die Aufnahme und Integration von Flüchtlingen
Integration bleibt ein Kernthema der Landespolitik. Deshalb gleicht das Land „aus eigener Tasche“ – so der Innenminister – einen Teil der Kürzungen der Bundesmittel in diesem Bereich aus. Im kommunalen Finanzausgleich stehen dafür künftig neun Millionen Euro zur Verfügung.
Darüber hinaus fördert das Land Integrationsleistungen in den Kommunen außerhalb des Kommunalen Finanzausgleichs weiterhin direkt. Insgesamt werden dadurch 2020 etwa 25 Millionen Euro für Aufnahme- und Integrationsmaßnahmen vor Ort bereitgestellt. Davon fließen etwa zehn Millionen Euro den Trägern der Maßnahmen für ihre Arbeit mit den Flüchtlingen vor Ort direkt zu. Für die Integrations- und Aufnahmepauschale in Höhe von 500 Euro pro Flüchtling sind davon 2,4 Millionen Euro vorgesehen.
Neuer Vorwegabzug für Infrastrukturmaßnahmen
Für Infrastrukturmaßnahmen der Gemeinden und Kreise wird ein neuer Vorwegabzug in Höhe von 59 Millionen Euro gebildet, der nach der bedarfsinduzierten Einwohnerzahl verteilt wird. Dies dient auch den Investitionen in den Erhalt der Verkehrsinfrastruktur einschließlich der Verpflichtungen der Kommunen zum Straßenbau. Der Erhalt der Mittel ist nicht an Voraussetzungen geknüpft, die Verwendung bedarf keines spezifischen Nachweises.
Neuer Vorwegabzug für Schwimmsportstätten
Über einen neuen Vorwegabzug in Höhe von 7,5 Mio. Euro werden Mittel für kommunale Träger von Schwimmsportstätten neu geschaffen. Diese Betriebskosten-Zuwendung ist auch ein substanzieller Beitrag zur erklärten Absicht der Landesregierung, Kindern frühestmöglich das Schwimmen beizubringen.
Höhere Steigerungsrate bei Vorwegabzügen für Theater, Orchester und Büchereiwesen
Die Vorwegabzüge für Theater und Orchester und zur Förderung des Büchereiwesens werden künftig stärker steigen. Die jährliche Steigerungsrate wird in den Jahren 2021 und 2022 von 1,5 Prozent auf 2,5 Prozent angehoben. Ab dem Jahr 2023 werden diese Vorwegabzüge mit 2,5 Prozent dynamisiert. Das wird den Bedarfen dieser Aufgaben besser gerecht.
Erhöhung der Vorwegabzüge zur Förderung von Frauenhäusern und Frauenberatungsstellen
Der Vorwegabzug zur Förderung von Frauenhäusern und Frauenberatungsstellen wird im Jahr 2021 um 1,12 Millionen Euro auf 7,5 Millionen Euro erhöht und wird sich ebenfalls dynamisch mit einer Steigerung von 2,5 Prozent jährlich weiterentwickeln.
Zentrale Orte und Teilschlüsselmassen
Die Aufteilung der Gelder an Kreise, Städte und Gemeinden verändert sich leicht. Es bleibt bei drei sogenannten Teilschlüsselmassen. Diese wird für die Gemeinden 30,55 Prozent (bislang 30,79 %) betragen, die Teilschlüsselmasse für die Kreise und kreisfreie Städte 53,75 Prozent (bislang 53,66 %) und die Teilschlüsselmasse für die Zentralen Orte 15,70 Prozent (bislang 15,55 %). Ebenfalls erhalten bleiben die Verteilmechanismen an die Zentralen Orte: „Wir wollen das bewährte System Zentraler Orte erhalten. Sie haben besondere Aufgaben bei der kommunalen Daseinsvorsorge und brauchen daher eine entsprechende Finanzausstattung“, so Grote.
Weitere Informationen unter https://schleswig-holstein.de/kfa