Herzogtum Lauenburg (pm). Gemäß Paragraf 28 Absatz 1 Infektionsschutzgesetz (IfSG) in Verbindung mit § 106 Abs. 2 Allgemeines Verwaltungsgesetz für das Land Schleswig-Holstein (Landesverwaltungsgesetz – LVwG) wird für den Kreis Herzogtum Lauenburg folgende Allgemeinverfügung erlassen:
1. In Vorsorge – und Rehaeinrichtungen dürfen ab sofort keine Vorsorge- und Rehabilitationsmaßnahmen nach § 41 SGB V und im Rahmen allgemeiner Heilverfahren gem. § 40 Abs. 1 SGB V erbracht werden.
2. Von dem Verbot nach Ziffer 1 sind Leistungen der Anschlussheilbehandlung ausgenommen. Diese sind vorrangig für Patientinnen und Patienten aus Schleswig-Holstein und Hamburg zu erbringen.
3. Die Regelungen der Ziffern 1 und 2 gelten auch für psychosomatische Reha-Kliniken.
4. Für Patienten beziehungsweise betreute Personen, die bis 16. März 2020 Maßnahmen nach Ziffer 1 oder 3 begonnen haben, dürfen die Maßnahmen durchgeführt werden.
5. In Einrichtungen, in denen Personen mit Pflegebedarf teilstationär untergebracht und verpflegt werden können (Tages- oder Nachtpflege), dürfen keine Leistungen nach Ziffer 1 oder 3 erbracht werden. Von dem Verbot in Ziffer 5 sind solche pflegebedürftigen Personen ausgenommen, die von Angehörigen versorgt und betreut werden, die als in Bereichen der kritischen Infrastruktur Beschäftigte zur Aufrechterhaltung dieser Strukturen und Leistungen erforderlich sind.
Zu den kritischen Infrastrukturen nach dieser Verfügung zählen folgende Bereiche:
– Energie – Strom, Gas, Kraftstoffversorgung etc. (§ 2 BSI-KritisV),
– Wasser: Öffentliche Wasserversorgung, öffentliche Abwasserbeseitigung (§ 3
BSI-KritisV),
– Ernährung, Hygiene (Produktion, Groß-und Einzelhandel) – inkl. Zulieferung,
Logistik (§ 4 BSI-KritisV),
– Informationstechnik und Telekommunikation – insb. Einrichtung zur Entstörung
und Aufrechterhaltung der Netze (§ 5 BSI-KritisV),
– Gesundheit – Krankenhäuser, Rettungsdienst, Pflege, ggf. Niedergelassener
Bereich, Medizinproduktehersteller, Arzneimittelhersteller, Apotheken, Labore
(§ 6 BSI-KritisV),
– Finanzen – ggf. Bargeldversorgung, Sozialtransfers (§ 7 BSI-KritisV),
– Transport und Verkehr – Logistik für die KRITIS, ÖPNV (§ 8 BSI-KritisV), Entsorgung (Müllabfuhr),
– Medien und Kultur – Risiko- und Krisenkommunikation,
– Staat und Verwaltung – Kernaufgaben der öffentlichen Verwaltung (Regierung und Verwaltung, Parlament), Polizei, Feuerwehr, Katastrophenschutz, Justiz, Veterinärwesen, Küstenschutz sowie Grundschullehrkräfte (soweit diese zur Aufrechterhaltung einer Notbetreuung eingesetzt werden), Sonderpädagoginnen an Förderzentren mit Internatsbetrieb, in Kindertageseinrichtungen Tätige (soweit diese zur Aufrechterhaltung einer
Notbetreuung eingesetzt werden). Dabei sind in den o.a. Bereichen nur Personen erfasst, deren Tätigkeit für die Kernaufgaben der Infrastruktur relevant ist.
Von dem Verbot in Ziffer 5 sind ferner solche Personen ausgenommen, die einen täglichen Pflege- und Betreuungsaufwand benötigen, dem im häuslichen Rahmen nicht entsprochen werden kann. Für diese Personen soll ein Notbetrieb nach Entscheidung der Einrichtungsleitung sichergestellt werden. Da pflegebedürftige Personen zur besonders vulnerablen Personengruppe gehören, sind entsprechende Schutzmaßnahmen zu beachten.
Diese Allgemeinverfügung ist befristet bis zum 19. April 2020.
Begründung
Rechtsgrundlage für die getroffenen Maßnahmen ist § 28 Absatz 1 Infektionsschutzgesetz (IfSG). Nach Satz 1 hat die zuständige Behörde die notwendigen Schutzmaßnahmen zu treffen, wenn Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt werden oder sich ergibt, dass ein Verstorbener krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider war, soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist.
Vor dem Hintergrund der sehr dynamischen Verbreitung von Infektionen mit dem SARS-CoV-2 Virus und Erkrankungen an COVID-19 müssen unverzüglich umfänglich wirksame Maßnahmen zur Verzögerung der Ausbreitungsdynamik und zur Unterbrechung von Infektionsketten ergriffen werden. Weitreichende effektive Maßnahmen sind dazu dringend notwendig, um im Interesse des Gesundheitsschutzes die dauerhafte Aufrechterhaltung der wesentlichen Funktionen des Gesundheitssystems sowie der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in Schleswig-Holstein soweit wie möglich sicherzustellen. Die großflächige Unterbrechung, Eindämmung bzw. Verzögerung der Ausbreitung des neuen Erregers im Land stellt – über die bereits ergriffenen Maßnahmen hinaus – das einzig wirksame Vorgehen dar, um diese Ziele zu erreichen.
Aus fachlicher Sicht sind umfängliche Maßnahmen zur Kontaktreduzierung und zum Schutz
besonders vulnerabler Gruppen der Bevölkerung dringend zeitnah geboten. Die Kurangebote und weitere stationäre Vorsorge- und / oder Rehabilitationsangebote zum Beispiel für Mütter, Väter, Kinder und pflegende Angehörige in Schleswig-Holstein werden sehr umfänglich von Personen aus dem Bundesgebiet in Anspruch genommen. Aufgrund der in vielen Gebieten teilweise deutlich höheren Infektionsraten ist auch für diese Angebote eine mit anderen besonders betroffenen Gebieten vergleichbare Verbreitungsdynamik zu befürchten.
Im Hinblick auf diese Sachlage sind die akut stationären Einrichtungen bereits aufgefordert, elektive Eingriffe und sonstige Angebote soweit möglich zu verschieben. Ziffer 1 und 3: Kur- und Vorsorgemaßnahmen sowie Rehabilitationsbehandlungen der allgemeinen Heilverfahren stellen keine lebensnotwendigen Gesundheitsleistungen dar und können daher aus gesundheitlicher Sicht grundsätzlich verschoben werden. Die Inanspruchnahme der Angebote führt zudem zu einer hohen Anzahl von Anreisen aus anderen Bundesländern, mit zum Teil höheren Infektionsraten und damit einer erhöhten Gefahr möglicher Übertragungen.
Hinzu kommt, dass die Möglichkeiten der Einrichtungen, in dem erforderlichen Umfang gestaltend auf die Anreisebedingungen einzuwirken oder in gebotenen Umfang die infektionshygienischen Gegebenheiten sicherzustellen für die in Rede stehenden Aufenthalte
begrenzt sind.
Daher sind die Vorsorge- und Rehaangebote einzustellen.
Ziffer 2: Nicht von dem Verbot erfasst, sind Anschlussheilbehandlungen. Diese sind unabweisbar gebotene Versorgungsangebote. Alternativ verbliebe sonst nur die weitere Patientenversorgung in der jeweiligen stationären Einrichtung der Akutversorgung. Diese aber gilt es in der gegenwärtigen Situation so weit wie möglich zu entlasten. Die Bestimmung in Ziffer 2. nimmt daher die Anschlussheilbehandlungen vom Verbot aus. Dies gilt auch für Anschlussheilbehandlungen, die in den psychosomatischen Reha-Kliniken durchzuführen sind (Ziffer 3).
Ziffer 4: Bereits begonnene Maßnahmen dürfen aufgrund der Ausnahmeregelung zu Ende
durchgeführt werden.
Ziffer 5 und 6: In den Einrichtungen der Tages- und Nachtpflege werden in einem örtlich umgrenzten Raum aufgrund ihres fortgeschrittenen Alters, Gesundheitszustands oder Pflegebedarfs besonders gefährdete Personengruppen gemeinschaftlich versorgt und betreut. Damit einher geht ein erhöhtes Ansteckungsrisiko. Soweit hier nicht Personen versorgt und betreut werden, die einen täglichen Pflege- und Betreuungsaufwand benötigen, dem im häuslichen Rahmen nicht entsprochen werden kann, ist ein Verzicht auf Leistungen der Tages- und Nachtpflege deshalb zur Verzögerung der Ausbreitung und Unterbrechung von Infektionsketten erforderlich.
Schlussbestimmungen
Diese Allgemeinverfügung tritt mit ihrer Bekanntgabe in Kraft ist bis einschließlich 19. April 2020 befristet. Diese Allgemeinverfügung findet ihre Grundlage in § 28 Absatz 1 IfSG. Zuwiderhandlungen sind daher strafbar nach § 75 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 IfSG. Die Anordnung ist gemäß § 28 Abs. 3 i.V.m. § 16 Abs. 8 IfSG sofort vollziehbar. Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Maßnahmen haben keine aufschiebende Wirkung.
Rechtsbehelfsbelehrung: Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch erhoben werden. Der Widerspruch ist beim Landrat des Kreises Herzogtum Lauenburg, (Fachdienst Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Barlachstraße 2, 23909 Ratzeburg) einzulegen.