Herzogtum Lauenburg (pm). Genau vor einem Jahr trat er seinen neuen Dienst als Seelsorger für den Rettungsdienst im Kreis Herzogtum Lauenburg an. Dafür verließ er nach zwanzig Jahren seine Ratzeburger Gemeinde St. Georgsberg – mit einem weinenden und einem lachenden Auge. Denn Jürgen Hensel ist der geborene Seelsorger für Extremsituationen. Am Sonntag, 8. September 2019, wird er in der St.-Petri-Kirche Ratzeburg offiziell durch Pröpstin Frauke Eiben in sein Amt eingeführt. Der Gottesdienst beginnt um 17 Uhr.
Seit sechs Jahren ist Hensel bereits Notfall- und Feuerwehrseelsorger in der Propstei Lauenburg und widmet sich nun ganz der so genannten Psychosozialen Notfallversorgung für Betroffene und Einsatzkräfte. Zu seinen Aufgabengebieten gehören die Vor- und Nachsorge bei Feuerwehr-Einsätzen des Kreisfeuerwehrverbandes Herzogtum Lauenburg sowie des Rettungsdienstes des Deutschen Roten Kreuzes. Auch Amtshandlungen wie Taufen, Trauungen und Beerdigungen tätigt er in der „Blaulicht-Fraktion“, wie der 57-Jährige seine neue „Gemeinde“ liebevoll nennt.
Die bereits bestehenden Kontakte durch die Feuerwehr zum Rettungsdienst konnten im ersten Jahr deutlich ausgebaut werden: „Gerade die Kontaktpflege, das Kennenlernen spielt in diesem Bereich eine wesentliche Rolle“, erklärt Jürgen Hensel. So konnten im ersten Jahr der neuen Tätigkeit bereits viele rettungsdienstliche Einsätze begleitet werden, Personal wurde über den Umgang mit belastenden Situationen geschult und lebensbegleitende Seelsorge wurde vielfach in Anspruch genommen. Auch wurden Feuerwehrleuten bei dem Brand im mecklenburgischen Lübtheen begleitet: „Es waren sehr viele Ehrenamtliche durch die gefährlichen Begleitumstände gefährdet“, erklärt der Seelsorger.
Und auch die Kameraden sagen: „Wir haben jetzt einen Ansprechpartner, wenn wir ihn brauchen. Jürgen ist locker, wir reden auf Augenhöhe in guter Atmosphäre“. Hensel ist zufrieden mit Entwicklung in den ersten zwölf Monaten. „Ich merke, dass das Thema Psychosoziale Notfallversorgung bei Mitarbeitern und Führung angekommen ist“, bestätigt er. Diese Entwicklung schlage sich auch in den Einsatzzahlen der Notfallseelsorge nieder: Durch die gesteigerte Akzeptanz bei den Einsatzkräften würden wesentlich mehr Angehörige und Betroffene nach belastenden Situationen von den jeweils diensthabenden Pastoren betreut. „Eine sehr erfreuliche Entwicklung“, fasst der Blaulicht-Pastor zusammen.
Eine Affinität zu seiner jetzigen Aufgabe hat der Pastor seit seinem Zivildienst beim Rettungsdienst und der weiteren Tätigkeit in diesem Bereich. Er trat in die örtliche Feuerwehr ein, absolvierte die Grundausbildung und später weitere Zusatzausbildungen wie der als Fachwart für Feuerwehr-Seelsorge, die ihn befähigen, Unfallopfer, deren Angehörigen sowie die Helfer seelsorgerlich zu betreuen. „Für alles, was die Seele betrifft, sind wir Seelsorger da“. Insbesondere wird sein seelsorgerlicher Beistand bei schweren Unfällen gebraucht. „Ich bin für die Betroffenen und ihre Angehörigen da, aber auch für die Kameraden. Denn so mancher Einsatz geht auch ihnen an die Nieren“, so Hensel. Zusammen mit einem Team aus ehrenamtlichen kollegialen Begleitern – sog. Peers – sowohl bei der Feuerwehr als auch im Rettungsdienst, die ebenfalls auf der Landesfeuerwehrschule in Harrislee ausgebildet wurden, verteilen sich dann die Lasten und Aufgaben auf viele Schultern. So auch in der Notfallseelsorge, in die alle Pastores der Propstei mit zwei Bereitschaftswochen im Jahr eingebunden sind.
„Auch ein Seelsorger muss mal reden“. Das tut Jürgen Hensel auch mit seinen Kameraden: „Nach jedem Einsatz kommen wir zusammen und besprechen die Ereignisse, um sie besser verarbeiten zu können“. Er bietet den Kameraden bei Bedarf auch langfristige seelsorgerliche Begleitung nach extremen Situationen an. „Das wird von vielen in Anspruch genommen.“ – Dazu kommt selbstverständlich auch lebensbegleitende Seelsorge, die nicht einsatzbezogen ist.
Seine Liebe für diesen Beruf merkt jeder, der den Seelsorger kennenlernt, an. Ihm geht es um die Menschlichkeit und die Seele der Betroffenen. „Was ich persönlich sehr schätze, ist die große Dankbarkeit, die mir entgegengebracht wird. Zeit zu haben und mit den Betroffenen zu reden, ist so wichtig, insbesondere in unserer schnelllebigen Zeit. Ihnen Sicherheit zu vermitteln und Ruhe auszustrahlen ist das, was sie brauchen. Und bei all meinem Tun fühle ich mich vom Glauben getragen – ohne dem wäre all dieses nicht möglich.“