Ratzeburg (pm). Unter dem Motto „Grenzen überwinden“ gestaltete die Gemeinschaftsschule Lauenburgische Seen (GLS) in Ratzeburg während der letzten Woche vor den Sommerferien eine sehr abwechslungsreiche Projektwoche für ihre sechsten Klassen. Vorangegangen war von Montag auf Dienstag ein Campingausflug zum Jugendzeltplatz „Am Ansveruskreuz“ in Ratzeburg, an dem sich alle sechsten Klassen aus den Ratzeburger Schulen zusammenfanden. Hier konnten sich die Schüler der unterschiedlichen Schulen kennenlernen und unter Begleitung von EXEO e.V. die Natur erleben, eigene Grenzen austesten und Gemeinschaft erfahren. Bei schönstem Wetter hatten sie eine erlebnisreiche Zeit außerhalb des Schulalltags.
An der GLS sind insgesamt 125 Schüler fünf Klassen der Jahrgangstufe 6 untergebracht.
Das inklusive Konzept der Schule ist der respektvolle und verantwortungsbewusste Umgang
zwischen Schülern und Lehrern, sowie die Zusammenarbeit untereinander. Auch Barbara Stellingwerf, die seit 2016 als Schulsozialarbeiterin an der Schule tätig ist, steht als Ansprechpartnerin für alle Schüler, Eltern und Lehrer/Innen zur Verfügung. Passend zum Motto der Projektwoche bereitete sie mit dem Kollegium einen Parcours vor, in dem sich die Schüler/Innen mit unterschiedlichen körperlichen Beeinträchtigungen ihrer Mitmenschen auseinander setzen konnten. Das Ziel der Projektwoche ist die Sensibilisierung für Lebenslagen und Bedürfnisse von Menschen mit Einschränkungen. An verschiedenen Stationen des Parcours sammelten die Sechstklässler Erfahrungen zu den jeweiligen physischen Beeinträchtigungen und konnten diese später gemeinsam reflektieren und verbalisieren.
Um zu erleben, welche Herausforderungen Menschen mit stark reduziertem bis gar keinem
Sehvermögen im Alltag bewältigen, setzten sich die Schüler blickdichte Brillen auf. Mit diesen Brillen liefen sie mit Hilfe eines Blindenstockes einen Pfad vom Schulhof in das Schulgebäude entlang. In einem der Klassenräume versuchten sich die Kids am Fußballspielen mit einem „Klingelball“. In einem anderen Klassenzimmer übten sie sich darin, mit verbundenen Augen ein Hemd mit Knopfleiste anzuziehen, Schnürsenkel in Schuhe einzufädeln, Gegenstände zu ertasten, Blindenschrift zu lesen die mithilfe eines geriffelten Brettes selbst geschrieben werden konnte.
In dem Zusammenhang stellten die Schüler ihren Geruchssinn auf die Probe. In einzelnen
Filmdosen, die mit einem Loch im Deckel versehen waren, befanden sich unterschiedliche Duftstoffe, die es zu erraten galt. Im Gegensatz zur Erde, die laut den Jugendlichen am schwersten durch das Riechen einzuordnen war, führten Zitrone und Lavendel zu eindeutigeren Ergebnissen beim Erkennen der Gerüche.
Einen guten Einblick in die Gehörlosigkeit bekamen die sechsten Klassen durch einen Film, der den Alltag eines gehörlosen Mädchens beschreibt. In Gruppen analysierten die Schüler die alltäglichen Herausforderungen, denen das Mädchen in dem Film ausgesetzt war und arbeiteten alternative Lösungen aus. Zusammen mit den Lehrerinnen, Isabelle Mers und Katharina Schwoy bekamen sie eine Einführung in die Gebärdensprache. Sie lernten die Zeichen des Fingeralphabets.
Am Ende konnten sich die Jugendlichen anhand der neu erlernten Zeichen mit ihrem Namen
vorstellen, der sich aus dem Anfangsbuchstaben des Vornamens und eines persönlichen Merkmals des Einzelnen zusammenfügt. Die Firma Schütt & Grundei GmbH stellte der Schule Rollstühle zur Verfügung, in denen die Jugendlichen das Schulgelände aus einer anderen Perspektive erkunden konnten. In kleinen Gruppen meisterten die Schüler die Hürden für Rollstuhlfahrer, die lediglich noch im Altbau der Gemeinschaftsschule zu
finden sind.
An den Materialien und der Finanzierung für die Projektwoche beteiligten sich unter anderem das Lebenshilfewerk, die Stiftung für Gehörlose und Schwerhörige, das Sanitätshaus Schütt & Grundei GmbH, sowie der Kinderschutzbund Kreisverband Herzogtum Lauenburg e.V.. Der
Kinderschutzbund war der Einladung von Frau Stellingwerf gefolgt, die Parcours kennenzulernen. Birgit Janzen und Jana Penski vom Kinderschutzbund Herzogtum Lauenburg waren sehr angetan von der inhaltlichen Aufarbeitung des Inklusionsthemas. Franz Albracht (1. Vorsitzender des Vereins): „Wir möchten gemeinsame Projektarbeit mit der Gemeinschaftsschule Lauenburgische Seen wieder aufleben lassen.“
Für das Konzept der Inklusion an der GLS bietet der 2013 fertiggestellte Neubau der Gemeinschaftsschule Lauenburgische Seen eine Barrierefreiheit, in der sich Schüler mit allen genannten körperlichen Einschränkungen gut zurecht finden können. Aus diesem Grund sind die Klassen mit betroffenen Schülern ausschließlich im Neubau untergebracht. Hier wird ihnen durch Markierungen, Rampen und Fahrstühle der Schulalltag erleichtert.
Der Altbau der Gemeinschaftsschule in der Heinrich-Scheele-Straße soll im Jahr 2019 nun ebenfalls barrierefrei gestaltetet werden. Das gesamte Sanierungsprojekt ist mit insgesamt zwei Millionen Euro veranschlagt. Für die Restauration und Sanierung des Gebäudes stellt das Land Schleswig-Holstein 1,4 Millionen Euro zur Verfügung. Die restliche Summe von knapp 600.000 Euro muss der Schulverband Stadt Ratzeburg / Amt Lauenburgische Seen selbst tragen.