Ratzeburg (pm). Der kleine Sitzungssaal im Kreishaus war mit 50 Personen gerammelt voll. Dies spiegelte das hohe Interesse an Fragen zur Waldwirtschaft in den Lauenburgischen Forsten. Die Ausschussvorsitzende Kornelia Mrowitzky hatte – zeitlich vorgeschaltet vor die Sitzung des Kreisausschusses für Forsten, Energie, Umwelt- und Klimaschutz – Dr. Werner Härdtle, Professor für Ökologie an der Leuphana-Universität Lüneburg, zu einem Fachvortrag über die „Funktionale Bedeutung der Artenvielfalt in Waldökosystemen“ gewinnen können.
In einer faszinierenden Darstellung machte Härdtle auch Laien klar, wohin sich moderne Waldwirtschaft orientieren müsse, gerade auch wenn es um die Verbesserung des Holzertrags gehen solle, nämlich zu einer Durchmischung des Waldes mit unterschiedlichen Baumarten. Jüngste Forschungen hätten gezeigt, dass sich verschiedene heimische Baumarten gegenseitig befördern. Dies geschehe unter anderem über ein vielfach verzweigtes Geflecht von Wurzelpilzen im Boden, der Mykorrhiza. Hierüber werden Nährstoffe, aber auch Kohlenstoff, gegenseitig ausgetauscht, sowohl zwischen derselben, als auch zwischen verschiedenen Baumarten, was überwiegend zu einer Förderung von Wachstum sowie zu Stabilität gegenüber Stress führe. In Monokulturen sei dieser positive Effekt wesentlich geringer.
Als wichtige Konsequenz für die Forstwirtschaft folgerte Härdtle, dass das Pilzgeflecht im Boden nicht zerstört werden dürfe. Wenn einmal eine moderne Erntemaschine (Harvester) durch den Wald gefahren sei, dann sei an dieser Stelle das Geflecht erheblich und für Jahrzehnte gestört. Der Austausch komme zum Erliegen und die Bäume kümmerten. Wichtig sei auch der Verzicht auf Entwässerungsgräben und eine Minimierung von strukturierenden Eingriffen, um Schäden im Wald und an dessen Boden zu vermeiden. Auch das Ausbringen von Giften sei zu unterlassen, weil diese Bodenlebewesen und Baumwurzeln schädigten.
Härdtle stellte überzeugend dar, dass ein Optimum an Holzertrag erreicht werden könne, wenn die Förster die natürliche Dynamik weitgehend walten ließen. Dazu gehöre die eigenständige natürliche Verbreitung der heimischen Baumarten und ein deutlich dichterer Baumbestand als bisher. In Anbetracht des Klimawandels und drastisch eingebrochener Biodiversität trage Waldwirtschaft hierfür eine besondere Verantwortung.