Mölln (pm). Auf Einladung des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) referierte der Insektenforscher Thomas Hörren vom Entomologischen Verein Krefeld (EVK) am Dienstag im Möllner Quellenhof vor 90 Besuchern über deren bahnbrechende Studie zum Thema ‚Rückgang der Insekten-Biodiversität‘. An zahlreichen Standorten ausschließlich in Schutzgebieten hatte der EVK 27 Jahre lang die Insektenfauna untersucht.
Aufgrund des enormer Datenbestand und der wissenschaftlichen Methodik waren die Entomologen in der Lage, nicht nur den schleichenden Verlust an Arten, sondern auch an Insekten-Biomasse zu dokumentieren. Danach hat die Insektenbiomasse im Zeitraum von 1990 bis 2017 im Jahresmittel um über 75 Prozent abgenommen, in den Sommermonaten sogar um über 85 Prozent. Da die Forscher keinen Zugang auf die landwirtschaftlich konventionell genutzten Flächen hatten, wird zukünftig wissenschaftlich zu prüfen sein, ob der überwältigend große Ursachenkomplex ‚unknown‘ damit im Zusammenhang steht, was erwartet wird.
In der anschließenden Aussprache mit Staatssekretärin Anke Erdmann (MELUND) und Forstdirektor Henner Niemann (Kreis RZ) unter der Moderation von Hans-H. Stamer (BUND) wurden Konsequenzen auf Landes- und Kreisebene unter anderem auch mit Themenkarten der Besucher eingefordert. Erdmann berichtete von schwierigen Verhandlungen in der Agrarministerkonferenz, Niemann machte deutlich, dass Umstellungen der Domänen auf ökologischen Landbau Sache der Parteien im Kreistag seien. Er befürwortete ggf. Bestrebungen der Domänenpächter zur Umstellung, die dann durch einen geringeren Pachtzins honoriert werden sollten.
Zum Einfluss menschlichen Landnutzungsformen verwies Thomas Hörren über Vergleichsuntersuchungen aus dem Jahr 2013 in England, die belegen, dass in weiträumig ländlicheren Gebieten die untersuchte Nachtfalterarten konstant waren, in menschlich intersiver genutzten Gebieten dagegen stark abnehmen. Hörren resümierte, dass auch ausgebrachte Pestizide in unserer Kulturlandschaft, auf Garten- und Landwirtschaftsflächen, Bahngleisen, in Gewerbe- und Wohngebieten, ein Problem darstellen, wenn dies angrenzende Schutzgebiete betrifft, sie sind vermutlich eine Ursache des Insektenschwundes. Dazu werden mittlerweile vielerorts ökotoxikologische Untersuchungen angestellt. Ein Problem sehen die Wissenschaftler dabei aber vor allem im Schutzgebietsmanagement. Die Insektenbestände auf Flächen des ökologischen Landbaus sind demgegenüber weniger eingeschränkt. Dort, wo Ökolandbau betrieben wird, ist die Natur insgesamt intakter, auch außerhalb von Naturschutzflächen, so Hörren.
Stamer forderte von den politischen Parteien auf EU-, Bundes- und Landesebene, Pestizide und Mineraldünger wiederholt ansteigend stark zu besteuern, um diese Belastung der Lebensräume von Menschen, Pflanzen und Tieren schließlich zu beenden: “Unsere Landwirtschaft muss wieder umweltverträglich werden!” Das Wissenschaftsjournal PLOS ONE stellt die Studie des EVK im Internet für jedermann kostenlos zur Verfügung.