Hamburg (pm). Das Vogelsterben durch das exotische Usutu-Virus setzt sich in diesem Jahr fort und betrifft nun auch erstmals Hamburg. Besonders Amseln sind betroffen. NABU und Tropenmediziner bitten die Bevölkerung, kranke oder verendete Tiere unter www.nabu.de/usutu-melden zu melden und möglichst zur Untersuchung einzusenden. „Wir haben seit Anfang August bereits 55 telefonische Meldungen von Usutu-Verdachtsfälle in Hamburg erhalten“, so Marco Sommerfeld, Referent für Vogelschutz beim NABU Hamburg. „Ich gehe davon aus, dass der warme Sommer die Ausbreitung des ursprünglich exotischen Virus begünstigt hat.“
Seit dem erstmaligen Auftreten dieses Vogelsterbens im Jahr 2011 breitet sich das besonders im Spätsommer von Stechmücken auf Vögel übertragene Usutu-Virus zunehmend über Deutschland aus. Waren in den ersten Jahren lediglich wärmebegünstigte Regionen entlang des Rheintals und am Untermain betroffen, konnte seit 2016 eine Ausbreitung über Nordrhein-Westfalen nach Norden sowie ein separater Ausbruch im Raum Leipzig und Berlin festgestellt werden. In diesem Jahr sind offensichtlich vor allem die Regionen um Nürnberg sowie zwischen Bremen und Hamburg erstmals betroffen.
„Die 2018 bisher gemeldeten Fälle übertreffen die Zahlen aus den Vorjahren deutlich, was für ein besonders starkes Auftreten und für einen Verbreitungssprung des Virus spricht“, so Lars Lachmann, Vogelexperte vom NABU Bundesverband. Ornithologen und Tropenmediziner konnten seit 2011 feststellen, dass immer dann besonders viele Vögel verenden, wenn das Virus erstmals in einer Region auftritt, wie um Hamburg. In den Folgejahren sinken die Todeszahlen dann auf ein niedrigeres Niveau
Um die tatsächliche Ausbreitung des Virus dokumentieren zu können, ist es wichtig, möglichst viele Verdachtsfälle im Labor bestätigen zu können. Entsprechende Untersuchungen nehmen das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg (BNITM) sowie manche veterinärmedizinischen Untersuchungsämter vor. Beim BNITM sind in diesem Jahr bereits über 200 verendete Vögel aus ganz Deutschland eingesandt worden, davon konnten bisher 132 Tiere untersucht werden. Bei 33 Prozent der bereits untersuchten Vögel hat das BNITM das Usutu-Virus nachgewiesen. „Die höchste Aktivität ist dieses Jahr in Hamburg zu beobachten“, bestätigt Dr. Renke Lühken vom Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin. „Hier konnten wir bei zwölf eingesandten Vögeln das Virus nachweisen.“
Durch das Virus verursachte Todesfälle von Vögeln treten jeweils während der Stechmückensaison von Mai bis September auf. Infizierte Vögel wirken offensichtlich krank, apathisch, flüchten nicht mehr und sterben meist innerhalb weniger Tage. Fast immer sind es Amseln, bei denen diese Krankheit festgestellt wird, weshalb die Usutu-Epidemie auch als „Amselsterben“ bekannt wurde. Allerdings werden auch andere Vogelarten von diesem Virus befallen und können daran sterben. Lachmann: „Leider kann man Usutu-Infektionen weder verhindern noch behandeln. Es bleibt lediglich die einmalige Chance zu nutzen, die Auswirkungen einer für Deutschland neuen Vogelkrankheit auf wildlebende Vogelarten zu dokumentieren und deren Folgen abzuschätzen. Ziel ist es, neuartige Gefährdungsursachen für Vogelarten mit anderen Bedrohungen wie Klimawandel und Lebensraumverlust vergleichen und beurteilen zu können.“ Tote Vögel sollen nur mit Schutzhandschuhen oder einer umgestülpten Plastiktüte gegriffen werden. „Der Mensch kann durch das Usutu-Virus infiziert werden, aber – wie bei den meisten durch Stechmücken übertragenen Viren – kommt es nur sehr selten zu schweren Erkrankungen“, erklärt Dr. Renke Lühken.