Ratzeburg (aa). Eigentlich sollte es gestern (26. März) im Rahmen der Stadtvertretersitzung unter dem Tagesordnungspunkt 23 nur um die Unterbringung der Ratzeburger Tafel gehen. Statt dessen wurde noch eine ganz neue Wendung bekannt: Die Trägerschaft der Tafel wird in Kürze von der Kirchengemeinde St. Petri auf die Bürgerstiftung Ratzeburg übergehen.
Die Kirchengemeinde hätte sich in dieser Angelegenheit an die Bürgerstiftung gewandt, klärte FRW-Fraktionsmitglied und Bürgerstiftungsvorsitzender Andreas von Gropper auf. „Die Bürgerstiftung hat die Aufgabe gerne übernommen“, so von Gropper weiter. Die Übernahme der Trägerschaft sei für Anfang Mai geplant, wenn die Tafel erstmalig in den Räumen des Aqua Siwa Cafés eröffnen wird.
„Der Versuch, gemeinsam eine neue Leitung zu finden, ist nicht gelungen. Vorschläge meinerseits wurden nicht akzeptiert“, sagte Pastor Martin Behrens auf Nachfrage von Herzogtum direkt, warum die Kirchgemeinde die Trägerschaft abgeben will. Vorbehalte bei Teilen der Tafelmitarbeiter gegenüber der Kirchengemeinde hätten schließlich zum Entschluss geführt, einen neuen Träger zu suchen. Behrens: „Meine Hoffnung ist, dass durch so einen Neuanfang auch neue Kräfte nach oben gespült werden.“ Ihm sei nicht wichtig, wer die letztlich die Verantwortung habe, solange das Projekt erfolgreich weitergeführt werden kann.
„Uns kommt da das Organisationsprinzip der Bürgerstiftung zu Gute“, erklärte Andreas von Gropper gegenüber Herzogtum direkt. Wie bei allen anderen Projekten, beispielsweise ‚Mentor‘ oder der ‚Lesefrühling‘, diene die Stiftung nur als Dach. Die jeweiligen Projekte agierten eigenständig wie ein Verein im Verein, während die Bürgerstiftung diese im Bereich von formalen Dingen den Rücken frei hält. Von Gropper: „Wir konnten uns darauf einlassen, weil die Ratzeburger Tafel in einem hohen Maße selbstorganisiert ist.“
Die Mitglieder der Stadtvertretung votierten schließlich einstimmig und somit fraktionsübergreifend für eine Nutzung des Schwimmhallencafés durch die Tafel. Zuvor wiesen unter anderem Bürgermeister Rainer Voß als auch Ratsherr Wilhelm Thiele (CDU) darauf hin, dass man froh sei, eine Lösung gefunden zu haben, aber seitens der Stadt keine dauerhafte Verpflichtung für die Unterbringung der Tafel bestehe. Der Beschluss sieht vor, dass die Ratzeburger Tafel die Räume mindestens bis Juni 2019 und maximal bis zum Abriss der Schwimmhalle nutzen könnten. Bis dahin will Andreas von Gropper mit der Bürgerstiftung eine dauerhafte Unterbringungslösung für die Tafel gefunden haben. Die Räumlichkeiten sollten sich im Idealfall möglichst auf der Insel befinden und mindestens 150 Quadratmeter groß sein. Auch den Kauf einer entsprechenden Immobilie schließe die Stiftung nicht aus.
Weitere Beschlüsse der Stadtvertretung am 26. März 2018
Im Bereich „Touristik und Kurwesen“ der Stadtverwaltung entsteht eine neue Vollzeitstelle. Zudem entsteht eine Vollzeitstelle für die Sparte „Bauhof“ zur Sicherstellung der Badeaufsicht an der Badestelle Schlosswiese am Großen Ratzeburger See. Hierzu Voß: „Die Badeaufsicht wird seit vielen Jahren in den Sommerferien ehrenamtlich von jungen Leuten erledigt. Wir haben aber festgestellt, dass wir vermehrt auch schöne Badetage außerhalb der Sommerferien haben.“ Neben der Badeaufsicht soll sich der künftige Mitarbeiter auch um die Pflege des Strandbades kümmern.
Entgegen dem erneuten Protest der CDU wurde mehrheitlich dem Durchführungsvertrag zur Erweiterung des „Norma-Markts“ (südlich Schweriner Straße, östlich Kolberger Straße) zugestimmt. Während Wilhelm Thiele (CDU) abermals mahnte, dass damit der Einzelhandel auf der Insel weiter geschwächt werde, sahen die Vertreter anderer Fraktionen diesen Einwand als „aus der Zeit gefallen“ an. „Ich denke, Dinge zu verhindern, ist der falsche Ansatz. Das Einkaufsverhalten hat sich in den letzten Jahrzehnten verändert“, sagte Andreas von Gropper. Vielmehr müsse sich der Einzelhandel auf der Insel „etwas einfallen lassen“. „Man muss sich als Innenstadt immer wieder neu erfinden“, stimmte unter anderem auch Sami El Basiouni (FDP/BfR) zu.
Zugestimmt wurde auch dem Erschließungsvertrag zum Bebauungsplan Nr. 18 „östlich Seedorfer Straße, südlich Friedhof, nördlich Königsberger Straße“. Hier sollen 84 Wohnungen entstehen. Ergänzt wurde der Beschlussvorschlag im nicht öffentlichen Teil noch um den Zusatz, dass „für die Erhaltung der bestehenden Straße „Röpersberg“ und die besondere Belastung und Beanspruchung der Straße durch die durch das Gesamtvorhaben bedingten Baustellenverkehre die Erschließungsträgerin (Investor) einmalig einen Ausgleich in Höhe von 50.000 Euro an die Stadt zahlt. Der Betrag ist fällig zwölf Monate nach Rechtskraft der 3. Änderung des Bebauungsplanes.“
Auch dem städtebaulichen Erschließungsvertrag zum Bebauungsplan Nr. 81 „östlich Seedorfer Straße, südlich Friedhof, nördlich Königsberger Straße“ wurde die Zustimmung erteilt. Die gemeinnützigen Kreisbaugenossenschaft Lauenburg wird hier zusammen mit der Raiffeisenbank Ratzeburg neuen Wohnraum schaffen. Geplant ist die „Errichtung von etwa 100 bis 120 Wohnungen im Geschosswohnungsbau. Zudem soll im nördlichen Bereich des Gebietes eine Kindertagesstätte für die Kirchengemeinde St. Petri durch die Erschließungsträgerin neu errichtet werden. Für die abgängigen einfachen Wohnungen sollen Ersatzwohnungen errichtet werden.“
Auch einem Antrag von Bürgermeister Voß wurde einstimmig stattgegeben. Es sei absehbar, dass nach dem Sommerferien 22 Kindergartenplätze im Ü3-Bereich fehlen. Einzig der erst im Oktober 2017 eröffnete Montessori Kindergarten in den Räumen der ehemaligen Realschule habe den räumlichen Platz für eine kurzfristige Erweiterung (Herzogtum direkt berichtete). Die entsprechenden Umbauarbeiten sollen bis September abgeschlossen sein. Auf Initiative des Ratsherrn Uwe Martens (SPD) erhielt die Stadtverwaltung zudem den Auftrag bei der Verkehrsaufsicht anzufragen, ob die Tempo-30-Zone zur Sicherheit der Kinder bis zur Schwimmhalle ausgeweitet werden kann.
Die Unterlagen zur Sitzung der Stadtvertretung finden Sie hier.
Was war noch?
Wie Bürgermeister Rainer Voß der Stadtvertretung berichtete, gab es im Awo-Kindergarten „Wilde 13“ kürzlich aufgrund eines Rohrbruchs einen erheblichen Wasserschaden. Die Sanierungsarbeiten würden voraussichtlich fünf Monate andauern. Die Stadtverwaltung hat durch die Anmietung entsprechender Räumlichkeiten in der Altstadt kurzfristig Ersatz organisieren können, der jetzt bezogen wird. Der sich im Anbau befindliche Krippenbereich der „Wilden 13“ ist von dem Wasserschaden nicht betroffen, der Betrieb läuft dementsprechend weiter.