Mölln (pm/aa). Eine der wohl ungewöhnlichsten Stellenausschreibungen in diesem Jahr gab es im Mai in der Eulenspiegelstadt Mölln. Die Stadt suchte einen neuen hauptberuflichen Narren für die Darstellung der Eulenspiegelfigur und ist fündig geworden.
Der bekannte Narr und Volksheld Till Eulenspiegel ist eng mit der Stadt Mölln im Herzogtum Lauenburg verwoben. Im Mittelalter spielten seine letzten Streiche in Mölln und bereits seit 1908 gibt es in Mölln Darsteller, die die Rolle des Eulenspiegels verkörpern. Seit 50 Jahren ist die Stelle in der örtlichen Tourismusorganisation angesiedelt.
Bereits am vergangenen Wochenende häuften sich Hinweise auf die Ankunft des Till Eulenspiegels in Mölln. Im Wald hörte man Glöckchenklingeln über den See schallen. Besucher fanden kleine Kärtchen mit dem Spruch „Hic fuit!“ („Ich war hier!“) und einer gezeichneten Eule mit einem Spiegel. In den sozialen Medien wurde fleißig gerätselt und kommentiert. Am Sonntag wurde es schließlich deutlicher – Till Eulenspiegel hat eine Nachricht für die Möllner Bevölkerung hinterlassen:
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Zwei „Hörner“ am Kopf, das Glöckchen am Hals aber ein Ochse ist es nicht!
Neugierig? Dann sperrt Eure Lauscher am Mittwoch, 6. September um 19 Uhr auf dem historischen Marktplatz zu Mölln auf und findet heraus, ob es bei Euch klingelt.
Ich der Volksheld vergangener Tage
bin zurück, gar keine Frage.
Euch den Spiegel vorzuhalten,
nach meinem Gusto stets zu walten,
mit spitzer Zunge laut zu sprechen,
und Ungerechtes damit zu rächen,
so soll es sein, wie vor 600 Jahren
also eilt herbei und zwar in Scharen.
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Der 29jährige Sven Kolb aus Linsengericht in Hessen überzeugte im Auswahlverfahren und setzte sich gegen 24 weitere Bewerber durch. Bereits seit 2012 ist Kolb als selbstständiger Künstler unterwegs und verkörperte verschiedene, maßgeblich komödiantische Rollen unter anderem auch als Klinik-Clown. Dass er auch selbst gern lacht, wird anhand seiner vielen Lachfalten im Gesicht mehr als deutlich.
Am heutigen Mittwoch (6. September) um Punkt 19 Uhr zum Glockenschlag der St. Nikolaikirche dann die große Auflösung auf dem Möllner Marktplatz. Die Socialmediakampagne der Kurverwaltung bei Facebook hatte Wirkung gezeigt, denn rund 500 Schaulustige hatten sich eingefunden, um „ihren“ neuen Till das erste Mal zu erleben. Musizierend, jonglierend und mit lockerem Mundwerk begann Till seine Premiere. Die Möllner bereiteten ihm einen warmen Empfang: Viel Applaus und eine sehr positive Grundstimmung. Nach Ende des Auftritts gab sich Möllns neuer Eulenspiegel gleich volksnah, verteilt Autogrammkarten, lässt sich fotografieren, schießt Selfies. Eines war am Ende deutlich: Der „Neue“ kam an. „Er hat sich sehr eulenspiegelhaft und gut präsentiert“, lobte unter anderem auch Gernot Exter, 1. Vorsitzender der Eulenspiegelgilde, der lediglich ein wenig Kritik am Beinkleid des neuen Narren übte. Denn statt Strumpfhosen sind jetzt Pluderhosen angesagt.
„Es war wahnsinnig schön, sehr getragen, nur freudige Gesichter. Ich hatte nicht mit so vielen Menschen gerechnet“, freute sich Till-Darsteller Sven Kolb über die Reaktionen des Publikums.
Auf die Stellenausschreibung wurde Sven Kolb durch einen Facebook-Eintrag seines Professors der Tamala Clown –Akademie aufmerksam. Seine Kolleginnen und Kollegen vom Theater „Andersland humor & more“ bestärkten ihn sich auf die Stelle zu bewerben.
Kolb sagt über Eulenspiegel: „Für mich ist Till ein verträumter Lebemann; ein unangepasster augenöffnender Kritiker mit Herz. Er ist immer Kind geblieben und diese kindliche Neugierde und Offenheit lässt ihm jede Freiheit in seinem Tun. Diese Lebensfreude des Tills, seine Streiche und seine Spiegelungen möchte ich auf der Bühne, auf der Straße und bei Veranstaltungen für Groß und Klein spielen und leben. Ich möchte die liebevolle Stadt Mölln als Till Eulenspiegel repräsentieren.“
Sven Kolb folgt auf Mario Schäfer, der vor wenigen Monaten plötzlich verstarb und die Rolle des Till über 25 Jahre sehr erfolgreich ausübte.
Kolb besitzt nach eigenen Angaben großen Respekt vor der Rolle und der Leistung der vorangegangenen Darsteller, freut sich aber die Herausforderung anzunehmen, die Clownsnase gegen die Narrenkappe einzutauschen und die Figur Till Eulenspiegel zu leben und zu spielen.
Jochen Buchholz, Möllner Kurdirektor fügt hinzu: „Bereits am 1.9. nahm Kolb seinen „Narrendienst“ auf. In den ersten Wochen werden wir maßgeblich an der Ausgestaltung der Rolle arbeiten und das Kostüm komplettieren. Selbstverständlich muss er die vielen Facetten der Stadt kennenlernen. Wir freuen uns sehr, Sven Kolb in unserem Team willkommen zu heißen und freuen uns auf die eigenständige Interpretation der Eulenspiegel-Figur.“
Die nächsten Möglichkeiten Till zu sehen, werden unter anderem der Naturerlebnistag am Sonntag, 10. September, im Möllner Uhlenkolk, sowie das Spektakulum Mullne am 15. September in Mölln sein.