Rendsburg (pm). Viele kennen diese Momente, doch keiner spricht gern darüber. Der Moment, in dem einfach alles zu viel ist. Für die meisten Menschen sind dies temporäre Ereignisse und nach ein paar Tagen findet man zurück in das gewohnt positive Lebensgefühl. Doch nicht alle Menschen kommen aus diesen dunklen Tagen wieder raus. Oftmals unbemerkt vom familiären Umfeld und den Berufskollegen werden die kreisenden Gedanken immer mehr und immer trostloser. Selten reden Landwirte darüber. Gerade in dieser Branche ist das Sprechen über Gefühle und Emotionen – insbesondere über negative – oft ein Tabu. Eine wichtige Rolle spielt hierbei die Angst vor Statusverlust und Ausgrenzung.
Der Bauernverband Schleswig-Holstein nimmt dieses Thema sehr ernst und hatte deshalb am 5. November 2025 zu einem Informationsabend mit dem Thema „Überforderung, Burnout, Suizid in der Landwirtschaft“ auf den landwirtschaftlichen Betrieb der Familie Röttger in Lübeck eingeladen. Die beiden Referenten Jürgen Rosummek, Fallkoordinator bei der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) und Dr. Magdalena Peinecke, Arbeits- und Präventivmedizinerin, präsentierten den rund 60 Gästen das anspruchsvolle Thema einfühlsam und praxisnah.
Die Gründe für Überforderung, Burnout und Depressionen sind mannigfaltig. Häufig ist es eine Mischung aus finanziellen, physischen und sozialen Stressfaktoren, die die Landwirte belasten. „Erste Anzeichen wie Reizbarkeit, Schlaflosigkeit, Rückenschmerzen, Bluthochdruck und Tinnitus sollte man unbedingt ernst nehmen,“ rät Präventivmedizinerin Magdalena Peinecke.
Die aktuelle Marktlage im Ackerbau mit fortwährend niedrigen Preisen für das Getreide der Ernte 2025 verschärft die Situation vieler Betriebsleiter. Doch auch die Aussichten in der Milchviehhaltung und der Schweineproduktion sind im Moment belastend. Der Druck auf die Landwirte, hervorgerufen durch niedrige Erträge bei steigenden Kosten für Betriebsmittel, ist in diesem Jahr besonders groß. Hinzu kommen eine hohe Arbeitsbelastung und nichtkalkulierbare Risikofaktoren wie Wetterextreme und daraus resultierende Ernteeinbußen. Sorgen um die Betriebsnachfolge und Schulden verschärfen diesen Teufelskreis ebenso wie immer wieder aufflammende gesellschaftliche Diskussionen über Tierwohl, Natur- und Klimaschutz und politische Themen wie Mindestlohn und Moorvernässung.
„Viele Betriebsleiter sind jenseits ihrer Belastungsgrenze,“ betont Landwirt Thomas Schröder, Mitglied im Vorstand der SVLFG. „Eine überbordende Bürokratie mit zum Teil nicht nachvollziehbaren Dokumentationsverpflichtungen raubt vielen Landwirten die Freude am Job.“ Welche Möglichkeiten gibt es für Landwirte, einen Weg aus dieser Situation zu finden?
Jürgen Rosummek, Fallkoordinator der SVLFG rät, erste Anzeichen wie Schlaflosigkeit, fehlenden Antrieb und andauernde Sorgen ernst zu nehmen. Der Besuch beim Hausarzt könnte ein erster Schritt sein, um sich mit diesem Thema auseinander zu setzen. Außerdem gibt es eine Vielzahl an Unterstützungspartnern wie zum Beispiel die telefonische Krisenhotline, Ansprechpartner bei der SVLFG und dem Bauernverband und speziell ausgebildete Krisenberater. Hierfür hat die SVLFG extra eine Krisenhotline eingerichtet, welche 24 Stunden an sieben Tagen in der Woche für jeden erreichbar ist (Telefonnummer: 0561 785 10101). Hier wird jedem Anrufer Hilfe angeboten.
Auch das familiäre und befreundete Umfeld sollte wachsam sein. „Wenn wir wieder ein bisschen mehr aufeinander achtgeben, lassen sich dunkle Tage für viele Menschen leichter überstehen und die Abwärtsspirale wird sofort ausgebremst,“ appelliert Thomas Schröder.












