Geesthacht/ Elmenhorst (pm). Wenn Levi Elvers groß ist, weiß der Achtjährige ganz genau, was er werden will: Gruppenführer bei der Freiwilligen Feuerwehr in Geesthacht. Der Junge ist auf dem besten Weg dorthin. So wie andere in seinem Alter die Namen von bekannten Fußballern herbeten können, kennt er die Namen der Feuerwehrknoten vom Ankerstich bis zum Mastwurf auswendig und kann sie binden. Ich komme aus einer großen Feuerwehrfamilie. Mama, Papa, Opa, Tante, Cousin und Cousine alle sind dabei, erzählt Levi.
Da lag es auf der Hand, dass auch er schnellstmöglich bei der Feuerwehr mitmacht. Mit sechs Jahren ist ein Einstieg in unsere Kinderabteilung möglich, sagt Christopher Behncke, Leiter der Löschzwerge, wie die Kinderabteilung in Geesthacht heißt. Vorausgesetzt, es gibt freie Plätze. Denn Feuerwehr als Hobby ist in der Stadt begehrt, die Plätze sind begrenzt und die Warteliste mit bis zu 60 Interessenten ist lang. Manche Eltern melden ihre Kinder schon mit 1,5 Jahren bei uns an, erzählt der 36-jährige Feuerwehrmann.
Kein Wunder, denn bei den Löschzwergen wird es nie langweilig. Wir lernen viel und vieles abseits der Feuerwehr. Wir besuchen den Rettungsdienst, arbeiten eng mit dem Nabu zusammen, machen Experimente und viele Sportspiele und leisten Verkehrserziehung. Und dabei versuchen wir, den Spaß nicht aus den Augen zu verlieren, sagt Feuerwehrmann Behncke.

Behncke, Leiter der Kinderabteilung
Das scheint bestens zu gelingen: Vor allem die Spiele und die Ausflüge sind toll, sagt die sechsjährige Lene von Goeckingk mit leuchtenden Augen, die ihrem Bruder Fiete zu den Löschzwergen gefolgt ist. Dass sie für die Treffen auch Samstagmorgen früh aufstehen müssen, scheint sie nicht zu stören. Pünktlich und in ihren roten Feuerwehrjacken sind sie zusammen mit 24 anderen Löschzwergen um 9 Uhr an der Geesthachter Wache.
Feuerwehr hat bei Sechsjährigen einen hohen Stellenwert
Einheitliche Kleidung fördert das Zusammengehörigkeitsgefühl, weiß Anja Obermüller, Feuerwehrfrau und Fachwartin der Kinderabteilungen im Kreisfeuerwehrverband Kreis Herzogtum Lauenburg. Die 48-Jährige aus Geesthacht hatte 2012 die Löschzwerge ins Leben gerufen.

Herzogtum Lauenburg
Die Wehren im Kreis haben früh mit der Gründung von Kinderabteilungen begonnen, sagt Obermüller. Das zahlt sich heute aus: Der Kreis ist laut Landesfeuerwehrverband Spitzenreiter in Schleswig-Holstein bei der Anzahl der Kinderabteilungen. Das sind seit diesem Monat 21 – die Freiwillige Feuerwehr Dalldorf hat nun auch eine. Die ist mit fünf Kindern zwar noch sehr klein, das Wichtigste aber ist, erst einmal zu beginnen, sagt Obermüller, die regelmäßig durch den Kreis tourt und versucht, den Wehren die Angst vor dieser Aufgabe zu nehmen.
Dass der Kreis Spitzenreiter im Land ist, freut Björn Diestel, Kreisjugendfeuerwehrwart im Kreisfeuerwehrverband Herzogtum Lauenburg. Entscheidend aber ist für ihn: Diese Leistung ist nur möglich, weil wir hier alle richtig gut zusammenarbeiten, um Nachwuchs zu generieren. Wie das gelingt? Unsere große Vielfalt und unsere tollen Aktionen wie Nachtmarsch, Wettbewerbe oder Kreiszeltlager machen uns einfach attraktiv, ist Diestel überzeugt. Wichtig dürfte aber auch sein, dass es ihm in seinem langjährigen Ehrenamt schon immer wichtig war, einen Tick mehr als andere nach vorn zu gucken.
Denn die Gründung der Jugendfeuerwehr und danach der Kinderabteilung hat durchaus einen ernsten Hintergrund. So zeichnete sich 2012 in meiner Wehr in Alt-Mölln ab, dass wir in naher Zukunft ein Nachwuchsproblem bekommen, wenn wir nicht rechtzeitig beginnen, gegenzusteuern, erinnert sich Diestel. Er machte sich nach der Jugendfeuerwehr auch für die Gründung einer Kinderabteilung stark. Die Alt-Möllner waren die ersten im Kreis, die auf frühe Nachwuchsgewinnung setzen. Viele andere Wehren wie die in Aumühle und Geesthacht folgten schnell nach. Denn es hat durchaus Vorteile, rechtzeitig zu beginnen: Im Alter von sechs Jahren hat Feuerwehr einen großen Beliebtheitsfaktor – sowohl bei Mädchen als auch bei Jungen. Den nutzen wir, bevor das Interesse nachlässt und die Kinder sich ein anderes Hobby suchen, sagt Diestel.

Aufwärtstrend auch bei den 38 Jugendfeuerwehren im Kreis
Mit zehn Jahren wechseln die Kinder von der Kinderabteilung in die Jugendfeuerwehr. Wenn sie volljährig bzw. ab 16 Jahren sind, dürfen sie endlich in die Einsatzabteilung und beim Löschen von Bränden behilflich sein. Im vergangenen Jahr traten 53 junge Frauen und Männer in den aktiven Dienst der 129 Freiwilligen Wehren im Kreis über, sagt Diestel. Doch angesichts einer Gesamtzahl von derzeit 4180 ehrenamtlichen Feuerwehrkräften reicht das bei weitem nicht aus: Die Gewinnung von Nachwuchs ist ein langwieriger Prozess und eine ständige Herausforderung, so Diestel. Auch in seiner Heimatwehr sei das Nachwuchsproblem zwar abgemildert, aber noch nicht gelöst.
Der Aufbau von Kinder- und Jugendabteilungen ist eine Antwort auf die Nachwuchsfrage, aber nicht die einzige, fügt Kreiswehrführer Sven Stonies hinzu. Von seinen 129 Wehrführern im Kreis wisse er aber, dass sie jede und jeden dieser von klein auf ausgebildeten Feuerwehrfrauen und -männer mit Kusshand nehmen. Denn diese jungen Leute wissen einfach, wie Feuerwehr funktioniert und worauf sie sich einlassen, sagt Stonies, der den Kreis bei der Nachwuchsarbeit auf einem sehr guten Weg sieht.
Denn nicht nur bei den Kinderabteilungen ist der Kreis Spitzenreiter, auch in den 38 Jugendwehren gibt es seit Jahren einen Aufwärtstrend: In 2024 engagierten sich 867 Jugendliche in den Jugendfeuerwehren. Das ist ein erneutes Plus von 25 jungen Menschen, sagt Björn Diestel. Einen großen Anteil an dem Zuwachs haben junge Mädchen, die sich mehr und mehr für das verantwortungsvolle Hobby begeistern: Ein Drittel 289 unserer Jugendlichen sind mittlerweile weiblich, sagt Diestel, der diese Entwicklung begrüßt und den Wandel in den Wehren vorantreibt. Die Zeiten, in denen Feuerwehr eine Männerdomäne war und sich benachbarte Wehren nicht grün waren, sind lange vorbei. Stattdessen setzen wir auf Vielfalt und Zusammenhalt, sagt Diestel. So lege die eine Wehr großen Wert auf Tradition, die andere ist besonders sportlich und die nächste ist in den sozialen Medien aktiv. Am Ende profitieren wir alle voneinander und sind gemeinsam stark, sagt Diestel.
Der Feuerwehrmann erinnert an den Weltrekord vor zwei Jahren, als 130 Jugendfeuerwehren und THW-Gruppen aus vier Kreisen und Lübeck mit 64,3 Kilometern die längste Feuerwehrschlauchstrecke entlang des Elbe-Lübeck-Kanals verlegten. Ein Erlebnis, das viel Teamgeist erforderte und uns noch mehr zusammengeschweißt hat. Das Zusammenwachsen soll nun noch eine Vernetzungs-App fördern, die die Jugendfeuerwehren im Kreis ab diesem Jahr nutzen. Die App hat ein Stormarner Ehrenamtler entwickelt und soll den Austausch rund um Feuerwehrthemen wie Kleiderkammer, Dienste, Jubiläen und Veranstaltungen vereinfachen.