Labenz (pm). Bezahlbarer Wohnraum ist längst nicht mehr nur ein Problem in den Großstädten – auch im ländlichen Raum wird die Suche für viele zur Herausforderung. Die SPD-Herzogtum Lauenburg griff dieses Thema bei einer öffentlichen Diskussionsrunde im Gemeindezentrum Labenz auf. Unter dem Titel „Bauen im ländlichen Raum“ kamen zahlreiche Gäste zusammen, darunter Bürgerinnen und Bürger, Kommunalpolitiker und Fachleute aus dem Bauwesen.
Moderiert wurde die Veranstaltung von der Vorsitzenden der Kreis-SPD, Cira Ahmad. Auf dem Podium diskutierten Dr. Ulf Kämpfer, Oberbürgermeister von Kiel, stellvertretender Vorsitzender des Schleswig-Holsteinischen Städtetages und Präsident der Verbandes Kommunaler Unternehmen, Ulrich Hardtke, Amtsvorsteher des Amtes Sandesneben-Nusse, sowie Herbert Köster, Vorstandsvorsitzender der Kreisbaugenossenschaft Herzogtum Lauenburg.

Gleich zu Beginn machte Cira Ahmad die Dimension der Herausforderung deutlich: „In diesem Jahr fehlen 550.000 Wohnungen und knapp eine Million Sozialwohnungen in Deutschland.“ Der ländliche Raum finde dabei zu wenig Beachtung. „Oft tritt der ländliche Raum in den Hintergrund, auch beim Problem Wohnungsmangel“, so Ahmad.
Auch im Kreis Herzogtum Lauenburg sei die Lage angespannt, erklärte Ulrich Hardtke. „Mindestens 1.800 Wohnungen fehlen im Kreis“, stellte er fest. Er kritisierte vor allem die restriktiven Landesentwicklungs-vorgaben in Schleswig-Holstein, die vielen kleineren Gemeinden kaum Entwicklungsspielraum ließen. „Die Planungszeiten beim Bau seien zu lang. Da helfe auch Förderprogramme wenig weiter.“
Dass es nicht nur an finanziellen Mitteln, sondern auch an bürokratischen Hürden liegt, darin waren
sich die Diskutierenden einig. Es brauche klare politische Impulse, um schneller und gezielter bauen zu können.
Ein zentraler Punkt: die steigenden Baukosten. Cira Ahmad wies darauf hin, dass jährlich etwa 55.000 Wohnungen aus der Sozialbindung herausfallen. Zwar sehe das Land bis 2030 den Bau von 21.600 neuen Sozialwohnungen vor, doch Herbert Köster zeigte sich skeptisch: „Die Zahl hält Herbert Köster für kaum erreichbar.“ Er verdeutlichte die finanziellen Dimensionen: „Er machte die Rechnung auf, dass ein Quadratmeter Wohnfläche bei der Erstellung rund 4.000 Euro koste. Bei einem Zinssatz von 4,5 Prozent müsste der Quadratmeter für 20 Euro vermietet werden. Das sei viel zu hoch. Da kämen Milliardenbeträge an Investitionen zusammen. ‚Die Finanzierung ist nur durch gleichzeitige Förderung von Bund und Land möglich. Wir brauchen ein Förderprogramm für Bauherren‘, so Köster.“
Auch Dr. Ulf Kämpfer forderte mehr Unterstützung durch den Staat: „Wir brauchen eine bessere Objektförderung.“ Er sprach sich klar für einen deutlich höheren Anteil an sozial gefördertem Wohnraum aus: „Wir brauchen zehn Prozent sozial geförderten Wohnraum in Schleswig-Holstein.“ Die bisherigen Mittel reichten nicht aus. „Mindestens eine Milliarde Euro seien nötig.“
Mit Blick auf bestehende Instrumente wie die Mietpreisbremse wurde Kritik an einigen Seiten laut. „Die Mietpreisbremse sorge nicht für mehr Wohnraum. Sie helfe zwar in Städten, aber auf dem Land nicht weiter. Es brauche ein größeres Angebot am Markt“, ist Herbert Köster sicher. „Dann sinken auch die Preise.“
Weitere Forderungen aus der Runde bezogen sich auf flexiblere Bauvorgaben. „Es gibt nicht eine Antwort auf die Wohnungskrise. Es muss an vielen Rädern gedreht werden“, betonte Kämpfer. Köster sprach sich sogar für eine grundlegende Reform des Baurechts aus: „Abschaffen solle man auch Baugenehmigungen. Architekten hätten sich an Normen und Gesetze zu halten.“ Generell brauche es „weniger Regeln, mehr Selbstbestimmung“.
Auch bestehender Leerstand müsse konsequenter angegangen werden. Kämpfer forderte gesetzliche Regelungen, „Vermieter zu verpflichten, Wohnungen nicht leer stehen zu lassen.“
Der abschließende Konsens auf dem Podium: Der ländliche Raum braucht mehr als Einfamilienhäuser – er braucht ein vielfältiges Wohnangebot. „Der ‚Bauturbo‘ müsse kommen“, so Herbert Köster – ein Appell, der an diesem Abend breite Zustimmung fand.