Ratzeburg (pm). Die Volkshochschule der Stadt Ratzeburg und Umland steht seit vielen Jahren immer wieder im Fokus rechtsextremer Aktivitäten, die sich maßgeblich gegen ihre Integrationsarbeit mit Geflüchteten richtet. Es begann 2017 mit der mutwilligen Zerstörung einer Plakatausstellung im Rahmen der ‚Internationalen Wochen gegen Rassismus‘, welche die Volkshochschule in den Räumlichkeiten der Ernst-Barlach-Schule präsentierte und setzte sich in den Jahren mit wiederkehrenden Flyeraktionen im Schulgebäude fort, die rechtsextreme oder rassistische Inhalte verbreiten. Auch direkte Anfeindungen gegen die Volkshochschule, wie im Vorwege der ‚Langen Nacht für Demokratie‘ gehören dazu. In der jüngsten Zeit sind es gezielte Aufkleberaktionen, die in einer völkisch-rassistischen Ideologie die ‚Remigration‘, also die millionenfache Vertreibung von Menschen, die in Deutschland leben, fordern. Ganz aktuell wurde wieder solch ein Aufkleber aufgefunden, präsent und in einiger Höhe beim Büro der Volkshochschule im ersten Stockwerk der Ernst-Barlach-Schule befestigt.
Für Bürgermeister Eckhard Graf und VHS-Geschäftsführerin Silvia Tessmer sind die Zielrichtungen dieser Aktionen eindeutig erkennbar. Sie richten sich zuallererst gegen die Geflüchteten, die sich integrationswillig bei der Volkshochschule um deutsche Sprachkenntnisse bemühen und mit großem Lernwillen auch erzielen. Sie richten sich aber auch direkt gegen die Institution der Volkshochschule, die sich mit ihren vielen Sprachkursen den letzten Jahren für eine gelingende Integration einsetzt und eine erfolgreiche Bilanz vorweisen. Beides wird von den Verantwortlichen dieser Aktionen aus offensichtlich rassistischen Motiven negiert und angefeindet. „Wir bekennen uns als Stadt Ratzeburg mit unserer Mitgliedschaft in der ‚Europäischen Städtekoalition gegen Rassismus‘ klar und deutlich für eine diskriminierungsfreie Stadtgesellschaft, in der niemand in Angst und mit der Erfahrung offener oder versteckter Ablehnung leben soll. Solche Aktionen mit ihrem volksverhetzenden Charakter sollen Hass und Zwietracht zwischen uns säen. Diese lassen wir in Ratzeburg aber niemals gedeihen“, sagte Eckhard Graf und ließ es sich nehmen, den Aufkleber eigenhändig zu entfernen.
Im Anschluss suchte der Bürgermeister das Gespräch mit Sprachschülerinnen der Volkshochschule, die sich nach erfolgreicher Sprachprüfung zu einem gemeinsamen, interkulturellen Frühstück zusammengefunden hatten. Er erfuhr dabei neben vielen persönlichen Geschichten auch von den Schwierigkeiten, die sich aktuell ergeben, wenn die so wichtigen Sprachkurse aufgrund finanzieller Sparmaßnahmen seitens des Bundes und des Landes tatsächlich nicht weiter gefördert werden. „Dieser Spracherwerb ist für unsere Integrationsanstrengungen in der Stadt so ungemein wichtig und ich empfinde es als wirklich zu kurz gedacht, dass gerade hier Sparmaßnahmen ansetzen sollen. Darüber muss an entscheidender Stelle noch einmal dringend nachgedacht werden“, so Graf.
Stellungnahme von Evans Gumbe, Antirassismus-Koordinator der Partnerschaft für Demokratie der Stadt Ratzeburg und des Amtes Lauenburgische Seen:
„Die wiederholten rassistischen und rechtsextremen Anfeindungen gegen die Ratzeburger Volkshochschule sind nicht nur Angriffe auf eine Bildungseinrichtung, sondern ein direkter Angriff auf das Grundverständnis einer offenen, solidarischen und demokratischen Gesellschaft. Wer Menschen anfeindet, weil sie sich sprachlich und gesellschaftlich integrieren wollen, greift unser friedliches Zusammenleben und unsere gemeinsamen Werte an. Ich danke der Volkshochschule und allen Beteiligten, die sich trotz dieser Einschüchterungsversuche weiter für Teilhabe und Chancengleichheit einsetzen.
Die rassistischen Anfeindungen gegen die Ratzeburger Volkshochschule treffen mich nicht nur als Antirassismus-Koordinator, sondern auch persönlich. Als Schwarzer Mensch, der selbst nach Deutschland migriert ist, weiß ich, wie wichtig sichere Orte des Lernens und der Begegnung sind – gerade für Menschen, die hier ankommen und Teil dieser Gesellschaft werden möchten. Als Koordinator für die Antirassismusarbeit der Partnerschaft für Demokratie stehen wir solidarisch an der Seite der Betroffenen und werden weiterhin mit Nachdruck daran arbeiten, rassistischen und demokratiefeindlichen Tendenzen in unserer Stadt entschieden entgegenzutreten.“