Berkenthin (pm). Die Gemeinde Berkenthin hatte Besuch. Studierende der Uni Hamburg des Studiengangs Geographie waren vergangenen Freitag, 24. Januar 2025 in Berkenthin, um sich über rechtsradikale Entwicklungen in dörflicher Umgebung zu informieren. Als Gesprächspartner standen zur Verfügung: Bürgermeister Friedrich Thorn, seine beiden Stellvertreterinnen Hannelore Machnik und Ute Hess, Wolfgang Runge von der Initiative „Wir sind nicht still“ und ein Sprecher vom Bündnis „Das Herzogtum bleibt nazifrei“.
Die Studierenden beschäftigen sich in diesem Semester mit dem Thema „Politische Geographien ländlicher Räume“. Juniorprofessor Benno Fladvad freute sich sehr über die Gelegenheit, die theoretischen Inhalte des Seminars mit Akteuren aus der Praxis und Menschen, die von rechter Gewalt betroffen sind, zu diskutieren: „Im Seminar behandeln wir vielfältige Konflikte und politische Aushandlungsprozesse im ländlichen Raum. Neben Konflikten über Energieinfrastrukturen oder die Unterbringung Geflüchteter, haben wir uns auch auf Thema Rassismus und rechte Strukturen im ländlichen Raum konzentriert. Die Exkursion hat uns nicht nur gezeigt, wie aktuell und relevant das Thema ist, sondern auch, dass es ländliche Gemeinden gibt, die rechter Gewalt entschieden entgegentreten. Berkenthin, die Initiative „Wir sind nicht still“ und das Bündnis „Das Herzogtum bleibt nazifrei“ sind beindruckende Beispiele dafür.
Die im Februar 2024 in Berkenthin erfolgten Schmierereien gegen den Bürgermeister und seine Wählergruppe BWI waren Anlass für die Studierenden in Berkenthin die Diskussion zu suchen. Friedrich Thorn erläuterte den Studierenden die Hintergründe, dieser Schmierereien, die früheren rechten Tendenzen, aber auch die heutigen auffälligen rechten Vorkommnisse, wie rechtsradikale Sticker an Straßenschildern.
Der Sprecher des Bündnisses „Das Herzogtum bleibt nazifrei“ gab einen Einblick in die vielfältigen rechts gerichteten Initiativen, Tendenzen, Vorkommnisse und Auffälligkeiten im Herzogtum Lauenburg. Herzogtum direkt berichtete. Er erklärte: „Wir sprechen hier nicht von einem kurzzeitigen Rechtsruck im Kreis Herzogtum Lauenburg, sondern um gefestigte und hochvernetzte rechtsextreme Strukturen, die bereits seit langem existieren und zuletzt an Stärke gewonnen haben. Ein Schwerpunkt unserer Arbeit liegt darin, diese Strukturen aufzudecken und zusammen mit unseren Bündnispartnern ihr Erstarken durch gewaltfreien Widerstand im Kreis zu verhindern.“
Für die 25 Studierenden, war nicht nur der Einblick in die dörflichen Strukturen eine Erweiterung des Horizonts, sondern auch die Erkenntnis, dass rechten Entwicklungen auf dem Dorf eng mit städtischen Netzwerken verbunden sind. Für Benno Fladvad handelt es sich dabei um einen wichtigen Aspekt: „Rechtsextreme Entwicklungen sind natürlich kein rein ländliches Problem. Auch in Großstädten gibt es rechte Strukturen und immer mehr Menschen, die rechte Parteien wählen. Dennoch scheinen rechte Akteure im ländlichen Raum und in Kleinstädten durchaus einen fruchtbaren Boden und Rückhalt zu finden. Es ist wichtig, dass wir mehr darüber verstehen, wie sich rechte Akteure im ländlichen Raum ausbreiten und ländliche Themen für sich vereinnahmen, aber auch wie sie mit städtischen Netzwerken verbunden sind.“
Bürgermeister Friedrich Thorn, dankte für die vielfältige Diskussion, die bei ihm und seinen beiden Bürgermeisterkolleginnen Anregungen hinterließen und lud Professor Fladvad für ein einen weiteren Gedankenaustausch im nächsten Jahr gerne wieder ein.