Breitenfelde (pm). Das Abendmahl ist eines der beiden Sakramente der evangelischen Kirche und damit ein wesentlicher Bestandteil des christlichen Glaubens. Dennoch wird seine Bedeutung und die Art der Feier in den letzten Jahren zunehmend hinterfragt, und es spielt im Gottesdienst häufig eine untergeordnete Rolle. Das wissenschaftliche Werk Kommunikation in Kommunion des Pastors und Theologen Tobias Knöller bilanziert, dass der evangelischen Kirche ein Fokus auf Gottesdienst und Abendmahl, als Rückkehr zu den Wurzeln wichtige Möglichkeiten eröffnen könne. Seine Arbeit als Pastor liefert ihm regelmäßig Belege für diese These.
Pastor Knöller aus Breitenfelde macht es auf seine Art
Seit Ende 2023 ist Tobias Knöller zusammen mit Pastorin Jennifer Rath, Teil des pastoralen Teams in Breitenfelde. Beide sind jung und geben ihrer Gemeinde ein modernes Image, wenn sie zum Beispiel in kurzen YouTube-Videos einen Segen2go sprechen. Beim Thema Abendmahl hebt sich Pastor Knöller von vielen in der evangelischen Kirche ab. Was steckt dahinter?
Im Gespräch betont er, dass die evangelische Kirche nicht immer alles neu machen müsse, sondern vielmehr dem traditionellen Gottesdienst wieder mehr Vertrauen entgegenbringen und das Abendmahl feiern sollte. Seine Formel für den Gottesdienst lautet ungefähr so: „Einfach die Predigt, das Abendmahl und gute Musik.“ Diese Rückbesinnung durch die Kommunion, also die gemeinsame Teilnahme am Abendmahl in jedem Gottesdienst, kann aus seiner Sicht ein Ruhepol und Hoffnungszeichen in den modernen, hektischeren Zeiten sein.
Erlebnisse aus der Gemeinde treffen auf wissenschaftliche Thesen
Dass sich Knöller in einem Buch systematisch-theologisch dem Abendmahl nähert, ist kein Zufall. Er widmete dem Thema bereits vorab viel Aufmerksamkeit und schaute bei Kirchbesuchen im Ausland, in Schweden, in den Niederlanden und in Großbritannien genau hin. Dazu kommen besondere Momente, die er als Vikar, Seelsorger und zuletzt, Pastor in Breitenfelde bei der Feier des Abendmahls erlebte. Im Vorwort zu seinem wissenschaftlichen Buch Kommunikation in Kommunion beschreibt Knöller: „Nachdem einer Dame das Brot mit den Spendeworten gereicht wurde, begann die Frau zu weinen.“ Nach dem Gottesdienst geht Knöller aus seelsorgerlicher Absicht auf die Dame zu, spricht sie an, worauf sie antwortet: „Ich durfte heute alles empfangen.“ Erlebnisse wie diese, „die im Alltäglichen die Grenzen von Raum und Zeit übersteigen“, bestärken Knöller in der Überzeugung von der Bedeutung des Abendmahls - auch in der postmodernen, postsäkularen Zeit, in der das Sakrament Abendmahl „zunehmend kritischen Fragen ausgesetzt ist“, wie er in seinem Buch schreibt.
Viele haben ein Problem mit Jesus
Unterstützung das Thema Abendmahl systematisch anzugehen, erhielt Pastor Knöller von Prof. Dr. Dr. h. c. Assel, dem Lehrstuhlinhaber für Systematische Theologie an der Universität Greifswald. Die beiden kennen sich seit der Zeit, als Tobias Knöller den Masterstudiengang in Theologie in Greifswald absolvierte. Professor Assel sagt über Knöllers Kommunion in Kommunikation: „Der Autor will mit diesem Zugang eine von ihm wahrgenommene, drohende Abseitsstellung der Sakramentsfeier im kirchlichen bzw. gottesdienstlichen Kontext entgegenarbeiten.“ Das Buch baut auf der Abschluss-Arbeit von Tobias Knöller auf. In dieser geht es um das christologische Kommunikationsproblem, also die These, dass in aufgeklärten Zeiten der persönliche Christus-Glauben abnimmt, was sich auch im Gottesdienst zeigt.
Knöller formuliert es so: „Man merkt in manchen Gottesdiensten, auch an uns Pastorinnen und Pastoren, dass wir als aufgeklärte Menschen mit Jesus Christus oft ein Problem haben. Weil wir an die Auferstehung nicht herankommen, nehmen wir seinen Namen nicht mehr in den Mund und geben dem Abendmahl oft weniger Bedeutung.“ Das hatte Knöller in den Niederlanden und in Skandinavien anders erlebt, „wenn rational denkende Menschen traditionell und festlich den Gottesdienst mit Abendmahl feiern, ohne Jesus Christus in Frage zu stellen.“ Eine pragmatische Lösung für das Kommunikationsproblem könne sein, dass Abendmahl wieder vermehrt in den Vordergrund zu rücken.
Statt darüber nachzudenken, wie man als evangelische Kirche mit neuen Formaten Menschen erreicht also wieder eine Rückbesinnung auf das Wesentliche. Knöller bezeichnet das Abendmahl in seinem Buch „als elementaren christologischen Lernort.“ Das gemeinsame Teilen von Brot und Wein sei identitätsstiftend für die christliche Gemeinschaft. Gerade das Abendmahl könne dem Glauben Tiefe verleihen. Der Titel des Buches erklärt sich so: „Am Ort und im Moment des Abendmahls der im Geist versammelten, leiblich vergegenwärtigend-betend-empfangenden Gemeinde zeigt sich die dichteste, christologische, kommunikative Berührung. Kommunikation in Kommunion.“
Immer wieder sonntags
Tiefgehende Erfahrungen macht Tobias Knöller auch in seiner Arbeit als Gemeindepastor in Breitenfelde. Hier nehmen die Leute den klassischen Gottesdienst mit Abendmahl gut an. Der Pastor schätzt ein, dass sich die Anzahl der Teilnehmenden am Gottesdienst in letzter Zeit mindestens verdoppelt habe. Zur regen Teilnahme tragen sicher nicht nur die Gottesdienste bei. Pastor Knöller bietet in seiner Gemeinde auch moderne Formate, wie den ‚Deeptalk: Gott und die Welt‘ an. Im Sommer 2024 war er außerdem ‚Pastor on tour‘ und bereiste die Menschen in seiner Gemeinde mit dem Fahrrad und stellte so den wichtigen persönlichen Draht her. Er sagt: „Die Mischung macht es.“ Würde er den Gemeindemitgliedern das Abendmahl-Buch Kommunikation in Kommunion empfehlen? Knöller lacht und sagt: „Lesen schadet nie, aber das Buch richtet sich eher an Personen mit einem wissenschaftlichen Background. Als Laie könnte man sich vielleicht beim Lesen ärgern, da die Sprache sehr abstrakt ist.“
Eine Lesereise oder eine Vorstellung des Buches für die Öffentlichkeit hat Tobias Knöller nicht geplant. Interesse von anderen Theologen an dem Thema besteht durchaus. Seit der Veröffentlichung bekam er bereits ein paar Anfragen. Diese möchte er allerdings vorab unbeantwortet lassen und sich ganz auf die Arbeit in der Gemeinde konzentrieren. Auch für dieses Jahr lautet sein Motto für die Gottesdienste: „Mehr Abendmahl wagen.“
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