Herzogtum Lauenburg (pm). „Jobs auf Zeit“ sind unsicher: Wer heute im Kreis Herzogtum Lauenburg einen neuen Arbeitsvertrag unterschreibt, der muss immer noch damit rechnen, dass nach einem oder zwei Jahren Schluss ist mit dem Job. „Es gibt zwar einen Fachkräftemangel. Trotzdem verzichten einige Betriebe im Herzogtum nach wie vor darauf, ihre Beschäftigten zu binden: Sie drücken ihnen Verträge mit Zeitlimit in die Hand“, sagt Anne Widder von der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG).
Die Geschäftsführerin der NGG Hamburg-Elmshorn nennt aktuelle Zahlen und beruft sich dabei auf die Bundesagentur für Arbeit: So haben nach Angaben der Gewerkschaft im ersten Quartal dieses Jahres private und öffentliche Arbeitgeber im Kreis Herzogtum Lauenburg rund 3.760 Arbeitsverträge abgeschlossen. „25 Prozent davon waren befristete Jobs. Bundesweit lag diese Quote sogar bei knapp 34 Prozent. Ganz klar: Ziel muss es sein, so wenig befristete Jobs wie möglich zu haben“, sagt Anne Widder. Sie rät Beschäftigten, vor der Unterschrift unter einem Arbeitsvertrag nachzuhaken, warum dieser befristet sei.
„Arbeitsverträge auf Zeit bedeuten ‚unsichere Jobs‘. Wer also einen Arbeitsplatz mit Perspektive sucht, der wird keinen ‚Job mit Verfallsdatum‘ nehmen, wenn es Alternativen gibt. Daran hängt schließlich vieles: Befristete Arbeitsverträge machen die Wohnungssuche deutlich schwerer. Außerdem sind sie eine hohe Hürde bei Krediten – und damit auch für entscheidende Anschaffungen: vom Auto bis zur Eigentumswohnung“, so Widder. Oft komme dadurch sogar die Familienplanung ins Rutschen.
Um das zu verhindern, fordert die NGG Hamburg-Elmshorn, Befristungen ohne konkreten Sachgrund – wozu beispielsweise die Überbrückung einer Elternzeit gehört – abzuschaffen. Eigentlich hatte sich die inzwischen zerbrochene Ampel-Koalition vorgenommen, „Ketten-Befristungen“ einzudämmen, um die Zahl von Zeitverträgen zu reduzieren. „Das ist nur eine von vielen liegengebliebenen Aufgaben der Ampel. Aber eine, die für die Beschäftigten wichtig ist“, so Anne Widder. Die Reduzierung von befristeten Arbeitsverträgen bleibe daher ein Problem, um das sich die nächste Bundesregierung und der neue Bundestag kümmern müssten.
Ein Dorn im Auge ist der Gewerkschaft die befristete Weiterbeschäftigung nach einer Ausbildung: Wer nach einer abgeschlossenen Berufsausbildung nur eine Übernahme auf Zeit angeboten bekomme, dem fehle die berufliche Perspektive. „Ein ‚Job mit Verfallsdatum‘ kann schnell zur Karrierefalle werden. Junge Menschen lassen sich nicht auf der ‚beruflichen Warmhalteplatte‘ parken – weder in der Lebensmittelproduktion noch in der Gastronomie oder in anderen Branchen“, sagt Anne Widder.
In der Praxis sei diese Botschaft allerdings noch längst nicht angekommen: Mit 48 Prozent war bundesweit fast jede zweite Neueinstellung von unter 25-Jährigen befristet. Das geht aus aktuellen Zahlen der Böckler-Stiftung hervor. „Außerdem nutzen Arbeitgeber die vermeintlich schwächere Position von Menschen aus, die keine Berufsausbildung haben: Gut die Hälfte von ihnen bekommt bei einer neuen Stelle nur einen befristeten Arbeitsvertrag“, so Anne Widder. Auch das habe die Analyse der Böckler-Stiftung ergeben. Menschen mit Berufsausbildung hätten dagegen nur zu knapp 28 Prozent einen befristeten Job.