Ratzeburg (pm). Philip Graffam aus Ratzeburg war kürzlich als privater Besucher bei der „Langen Nacht der Demokratie“ im Burgtheater Ratzeburg anwesend. Herzogtum direkt berichtete. „Dabei habe ich neben vielen positiven Eindrücken auch die Podiumsdiskussion zum Thema „Medien und Demokratie“ verfolgt. Leider muss ich feststellen, dass diese Diskussion nach meinem Empfinden einseitig besetzt war und einige inhaltliche Aussagen für mich nicht haltbar schienen. Daher habe ich den angehängten „Hörerbrief“ geschrieben“, sagt Graffam.
„Sehr geehrte Veranstalterinnen und Veranstalter,
mit großer Freude habe ich an der Veranstaltung der Langen Nacht der Demokratie in Ratzeburg teilgenommen. Das Format war inspirierend und die musikalische Darbietung von Sebastian Krumbiegel war ein echtes Highlight des Abends – sie hat mich sehr begeistert. Doch möchte ich hier auch auf einige kritische Punkte aufmerksam machen, die mir insbesondere während der Podiumsdiskussion über Medien und Demokratie aufgefallen sind.
Zunächst muss ich betonen, dass ich die Diskussion mit großer Spannung erwartet habe. Themen wie Medienvielfalt und Demokratie sind aktueller und wichtiger denn je. Umso größer war dann allerdings meine Enttäuschung über die einseitige Zusammensetzung des Podiums. Es wurde viel über „die Jugend“ gesprochen, doch die Jugend selbst war nicht vertreten. Dabei gibt es in Ratzeburg starke junge Stimmen, wie das Jugendparlament, engagierte Schülersprecher oder auch Studierende, die sicherlich viel zur Diskussion hätten beitragen können. Dass diese Gruppen außen vor blieben, empfand ich als eine vertane Chance, echte demokratische Teilhabe und Vielfalt zu demonstrieren.
Besonders auffällig war für mich der Umgang mit dem Thema „Internet“. Es wurde immer wieder pauschal über „das Internet“ gesprochen, als sei es ein monolithisches Gebilde. Dabei ist das Internet heute der wohl vielfältigste Raum für Austausch und Information, den wir je hatten. Es reicht nicht aus, das Internet schlicht als Problemquelle zu behandeln. Diese Betrachtungsweise greift viel zu kurz und ignoriert die positiven, demokratisierenden Potenziale digitaler Medien.
Bereits in der Geschichte wurden neue Medien mit Skepsis betrachtet: Platon sah die Einführung der Schrift als Bedrohung für das menschliche Gedächtnis, Martin Luther wurde für seine Nutzung des Buchdrucks als Umstürzler gesehen. Die abwehrende Haltung gegenüber digitalen Medien erinnert mich sehr an diese alten Muster. Eine differenzierte Auseinandersetzung hätte hier gutgetan. Es ist schlicht Unsinn zu behaupten, dass nur durch Printmedien ein tiefes Hineindenken in einen Text möglich sei. Auch wenn „Die Zeit“ nicht mehr physisch auf dem Wohnzimmertisch liegt, so gibt es dennoch viele hochwertige journalistische Angebote – sei es in Form von Podcasts, Blogs oder anderen digitalen Formaten, die durchaus zum reflektierten Nachdenken einladen können. Und gerade unter der Jugend ist dieses Potential vorhanden.
Vielleicht kann das Format der Langen Nacht der Demokratie beim nächsten Mal auch den Raum bieten, wirklich alle relevanten Stimmen – auch und vor allem die der Jugend – gleichberechtigt zu Wort kommen zu lassen. Ratzeburg hat mit Initiativen wie dem Jugendparlament oder Offene und interkulturelle Kinder- und Jugendarbeit Gleis21 viel Potenzial, um hier eine lebendige, wirklich demokratische Diskussion zu ermöglichen.“