Herzogtum Lauenburg/Neumünster (pm). Den NABU Schleswig-Holstein erreichen in diesen Tagen immer wieder interessierte, manchmal auch besorgte Anrufe von SpaziergängerInnen, aber auch BetreuerInnen und LehrerInnen von Kitas oder Schulen wegen „so auffälliger, schwarz-blau-violetter, auf den Boden kriechender, wurmartiger Tiere“. Viele Naturfreunde erkennen erst auf den zweiten Blick ein Insekt, noch weniger wissen, um was es sich handelt – Ölkäfer. Diese mehrere Zentimeter großen, etwas träge wirkendenden Tiere sind früh im Jahr in den ersten warmen Tagen in Gärten, an Böschungen, an Weg- und Grabenrändern oder in lichten Auwäldern unterwegs. Die dunklen Käfer muten durch ihre Größe zwar manchen Menschen etwas sonderbar an, eine aktive Gefahr geht von ihnen jedoch nicht aus. Einfach beobachten und ruhig weiterziehen lassen, nicht auf die Hand nehmen und beim Spazierengehen etwas achtgeben, damit die interessanten Tiere nicht aus Versehen zertreten werden. Denn es dauert zwei Jahre, bis aus einem Ei ein erwachsener Ölkäfer geworden ist!
Besonders in den Monaten März bis Mai – in diesem Jahr teilweise sogar schon ab Ende Februar – fallen NaturfreundInnen die Ölkäfer auf. Sie können nicht fliegen, daher auch ihr volkstümlicher Name „Maiwurm“. Die Käfer ernähren sich von Bärlauch, Scharbockskraut, Buschwindröschen sowie vielen anderen Blütenpflanzen. „Fast immer handelt es sich dabei entweder um den Violetten oder Veilchenfarbenen Meloe violaceus oder um den sehr ähnlich aussehenden Schwarzblauen Ölkäfer Meloe proscarabeus“ erklärt NABU-Umweltberater Carsten Pusch: „Die Weibchen der beiden Arten besitzen einen bis zu fünf Zentimeter langen, gedrungenen Körperbau.“ Besonders die Weibchen der Ölkäfer schleppen im Frühjahr riesige Mengen an Eiern mit sich herum. Der Hinterleib der Käfer ist dadurch derart aufgedunsen, dass die Deckflügel nur noch wie kleine Anhängsel wirken. Die Männchen kann man anhand ihrer deutlich geringeren Größe sowie ihrer geknickten Fühler gut von den Weibchen unterscheiden.
„Diese enorme Überproduktion von Eiern – mehrere Tausend – ist bei den Ölkäfern notwendig, da es aufgrund ihrer hoch spezialisierten Lebensweise nur wenige Larven dieser Insekten schaffen, sich zum erwachsenen Käfer zu entwickeln“ so Pusch weiter. „Nur aus etwa jeder tausendsten Larve entwickelt sich am Ende ein Ölkäfer.“ Die Eier werden in kleinen Häufchen in der Erde vergraben und verbleiben zunächst fast ein Jahr lang im Boden. Im folgenden Jahr schlüpfen die Larven und klettern auf einen Blütenstängel: „Dort warten die Larven in der Blüte und heften sich schließlich mit Hilfe besonderer Haft-Klauen und ihrer Kiefer ins Haarkleid oder an die Borsten von Insekten, die diese Blüten besuchen.“
Die Larven der beiden bekannten Ölkäferarten entwickeln sich in den Nestern solitär lebender, bodennistender Wildbienen, z.B. Seiden- und Erdbienen. Sie klammern sich auch an viele andere Blüten besuchenden Insekten an, können sich aber nur in Wildbienennestern fortpflanzen. Hat die Ölkäfer-Larve sich an einer Wildbiene festhalten können, wird sie von dieser ins Nest eingetragen, wo sie sich zuerst über das Ei der Biene und anschließend über die eingetragenen Vorräte ihres so genannten Wirtes hermacht. Die Entwicklungszeit vom Ei bis zum fertigen Käfer dauert bei beiden Arten zwei Jahre, die Lebensdauer der erwachsenen Tiere beträgt hingegen nur etwa einen Monat.
Interessant ist auch die Entstehung des Namens „Ölkäfer“: „Dieser bezieht sich auf die Fähigkeit der erwachsenen Käfer dieser Familie, giftige Abwehrstoffe zu produzieren. Bei Gefahr können sie eine gelbliche Flüssigkeit aus Poren an ihren Beingelenken austreten lassen. Diese erinnert an Öltröpfchen und gab den Käfern ihren Namen.“ so Pusch. Der Hauptwirkstoff ist Cantharidin, dieses schützt die Käfer vor allem vor Ameisen und Laufkäfern. Andere Fressfeinde wie Igel oder Vögel sind gegen das Gift immun. Für einige Käfer-, Wanzen- und Gnitzenarten ist Cantharidin sogar sehr attraktiv. Diese Insekten suchen gezielt tote oder lebende Ölkäfer auf, fressen sie oder stechen sie an. Das aufgenommene giftige Cantharidin wird dann für die eigene Verteidigung eingesetzt. Gar nicht selten kann man die kleinen Gnitzen auf den Käfern sitzen sehen, die an den häutigen Stellen des Hinterleibes Körperflüssigkeit der Ölkäfer aufnehmen.
Beim Menschen hatte das Cantharidin bestimmter Arten früher eine Bedeutung als Aphrodisiakum (sogenannte „Spanische Fliege“) und wurde auch als Medikament zum Beispiel gegen Darmerkrankungen genutzt. Allerdings sind schon geringere Mengen für den Menschen hochgiftig. Als Reiz- und Nervengift kann es zur Blasenbildung auf Haut und Schleimhäuten kommen. Zu Panik oder übertriebener Angst vor den Käfern besteht allerdings kein Anlass. Vorsicht kann aber wie immer nicht schaden, wer sie einfach beobachtet und nicht anfasst, braucht sich keine Sorgen zu machen: „Wie immer sollte man unsere Wildtiere, dazu zählen natürlich auch unsere Insekten und andere Wirbellose, einfach in Ruhe und ihrer Wege ziehen lassen“ appelliert der Umweltberater und hat noch einen Tipp: „Man darf sich einfach an der Vielfalt unserer Tier- und Pflanzenwelt erfreuen.“
Die so genannten „Maiwürmer“ leben in ganz Europa und Zentralasien. Der Schwarzblaue Ölkäfer kommt in vielen verschiedenen Lebensräumen vor, von Deichen an der Küste über trockene Wiesen, Heiden und Waldränder bis hin zu Gärten. Der Violette Ölkäfer besiedelt vor allem eher feuchte Wälder, Grabenränder und ähnliche Lebensräume. Entscheidend ist aber vor allem das Vorkommen geeigneter Wirte.