Herzogtum Lauenburg (pm). Ukraine-Krieg, Inflation, hohe Zinsen und schwache Konjunktur – das Jahr 2023 stand im Zeichen schwieriger Rahmenbedingungen, die sich auch auf den Arbeitsmarkt im Kreis Herzogtum Lauenburg ausgewirkt haben. Das vergangene Jahr war im Wesentlichen von zwei Entwicklungen geprägt, die sich auf den ersten Blick eigentlich gegeneinander ausschließen: Sowohl die Arbeitslosigkeit wie auch die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung haben zugenommen. Ein wesentlicher Faktor bei beiden Entwicklungen: zugewanderte Menschen.
„Auch angesichts schwieriger Rahmenbedingungen hat sich der Arbeitsmarkt im Kreis Herzogtum Lauenburg insgesamt stabil gezeigt. Der anhaltende Krieg in der Ukraine mit seinen Auswirkungen ist sichtbar und gleichzeitig haben sich die Unternehmen zurückgehalten, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in größerem Umfang zu entlassen und sie stattdessen im Unternehmen gehalten. Viele Betriebe haben vakante Stellen, die sie nicht besetzen können, da geeignete qualifizierte Jobsuchende schwer zu finden sind. Zudem wirkt sich die demografische Entwicklung immer stärker in den Belegschaften aus. In zunehmendem Umfang gehen Mitarbeitende in Ruhestand“, bilanziert Kathleen Wieczorek, Chefin der Agentur für Arbeit Bad Oldesloe die Entwicklung im vergangenen Jahr. „Die Zunahme bei Menschen mit Flucht- oder Migrationshintergrund bildet sich sowohl in dem Anstieg der Arbeitslosigkeit als auch in dem Plus bei der Beschäftigung ab. Ohne sie wäre die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung nicht in dem Umfang gewachsen. Die Zahl der Beschäftigten mit einer ausländischen Staatsangehörigkeit ist in den vergangenen fünf Jahren deutlicher gestiegen als bei Deutschen. In der Summe waren im Kreis Herzogtum Lauenburg noch nie so viele Menschen in einem Juni sozialversicherungspflichtig beschäftigt.“
Arbeitslosigkeit
Im vergangenen Jahr lag die Zahl der arbeitslosen Menschen im Kreis Herzogtum Lauenburg im Jahresdurchschnitt bei 5.587. Das waren 236 oder 4,4 Prozent mehr als 2022. „Eine Zunahme gab es insbesondere bei der Gruppe arbeitsloser Menschen mit einer ausländischen Staatsangehörigkeit. Bei Ihnen stieg die Zahl von 1.604 auf 1.888 im Jahresdurchschnitt und damit um 285 oder 17,8 Prozent zum Vorjahr. Hintergrund ist im Wesentlichen die Flucht-Migration aus der Ukraine wie auch aus weiteren Asylherkunftsländern. Dies bildet sich bei der Entwicklung der Zahl arbeitsloser Menschen mit einer ausländischen Staatsangehörigkeit ab, die im Jobcenter Herzogtum Lauenburg betreut werden. Ihre Zahl lag 2023 um 244 höher als noch im Jahresdurchschnitt 2022. Für diese Menschen leistet das Jobcenter eine enorme Arbeit. Ihre Integration ist ein Prozess, der mit dem „Job-Turbo“ jetzt beschleunigt werden soll“, so Wieczorek.
- Bei dem Vergleich ist zu berücksichtigen, dass die aus der Ukraine geflüchteten Menschen erst ab Juni 2022 in der Arbeitslosen-Statistik erfasst wurden und daher der Vergleich der Jahresdurchschnittswerte 2023 zu 2022 so hoch ausfällt.
Die Arbeitslosenquote im Herzogtum betrug im Jahresschnitt 2023 5,2 Prozent. Damit liegt diese unter den fünfzehn Kreisen und kreisfreien Städten in Schleswig-Holstein im Mittelfeld auf Platz 7. Sie nahm gegenüber 2022 um 0,2 Prozentpunkte zu.
Stellenmarkt
Im Jahr 2023 hatten die Unternehmen aus dem Kreis Herzogtum Lauenburg im Jahresdurchschnitt 1.635 offene sozialversicherungspflichtige Stellen gemeldet. Das waren 57 weniger als im Vorjahr. „Der Stellenbestand ist gegenüber 2022 nur leicht gesunken und lag weiterhin auf hohem Niveau, gerade auch mit Blick in die Jahre zuvor. Im Jahresverlauf 2023 sind die Stellen für Helfertätigkeiten weniger geworden. Waren es im Januar noch 422, ist ihre Zahl zum Jahresende auf 293 und damit um 30,6 Prozent gesunken. Die Nachfrage nach ausgebildeten Kräften hat zwar auch nachgelassen, jedoch weniger deutlich. So nahmen die Stellenangebote für Jobsuchende mit Berufsabschluss um 13,9 Prozent über das Jahr hin ab. Gesucht wurden hingegen neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit höheren Qualifikationen auf der Ebene Spezialisten und Experten. Für sie gab es zum Jahresende 31 oder 10,8 Prozent mehr Stellen zur Auswahl“, bilanziert Wieczorek. „Bei der Suche nach Arbeitskräften sollten Unternehmen alle Potentiale einbeziehen. Dazu gehören auch langzeitarbeitslose Jobsuchende, Ältere, Menschen mit einer Behinderung oder Migrationshintergrund. Die größte Herausforderung bleibt für die Unternehmen die Suche nach ausgebildeten und qualifizierten Arbeitskräften. Transformation und Digitalisierung verändern die Arbeitswelt und erfordern ein lebenslanges Lernen, um Kenntnisse und Qualifikationen zu erhalten beziehungsweise anzupassen. Die Beratungsfachkräfte im Jobcenter und in der Agentur für Arbeit beraten Unternehmen sowie Jobsuchende und Beschäftigte, wie mit unserer Unterstützung fehlende Berufsabschlüsse nachgeholt und mit Blick in die Zukunft benötigte Qualifikationen erwerben werden können. Eine Hilfestellung bietet zudem das Online-Portal für berufliche Weiterbildung „mein NOW“. Es bietet Unternehmen wie Beschäftigten und Jobsuchenden Informationen zu Berufen und Branchen und hilft bei der Suche nach Weiterbildungsangeboten sowie Förder- und Beratungsmöglichkeiten.“
Sozialversicherungspflichtige Beschäftigung
Zum Stichtag 30. Juni 2023 waren im Kreis Herzogtum Lauenburg insgesamt 51.173 Menschen sozialversicherungspflichtig beschäftigt, 105 oder 0,2 Prozent mehr als im Vorjahr. Von ihnen hatten 64,4 Prozent (= 32.940) einen Vollzeitjob und 35,6 Prozent eine sozialversicherungspflichtige Teilzeitbeschäftigung (= 18.233). Ausschließlich geringfügig beschäftigt waren weitere 8.816 Menschen.
„In keinem Juni zuvor gingen mehr Menschen im Kreis einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nach. Gerade in einer längerfristigen Rückbetrachtung zeigt sich eine beeindruckende Entwicklung im Kreis. Vor fünf Jahren waren im Juni noch gut 47.780 Menschen sozialversicherungspflichtig beschäftigt und damit 7,1 Prozent weniger als aktuell. Schaue ich auf das Jahr 2013, so waren es seinerzeit 43.220. Damit lag die Beschäftigung im Juni 2023 über 18 Prozent über der vor zehn Jahren“, erklärt die Agenturchefin. Wieczorek ist es wichtig, anhand der Daten der vergangenen fünf Jahre darzustellen, warum Zuwanderung für die Unternehmen wichtig ist. „Im Juni 2018 hatten rund 44.300 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte eine deutsche und knapp 3.480 eine ausländische Staatsangehörigkeit. Im vergangenen Jahr waren es gut 45.680 und 5.490 – damit waren es 3,1 Prozent mehr Beschäftigte mit deutscher, aber über 57 Prozent mehr mit ausländischer Staatsangehörigkeit. Vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung benötigen wir sie, ohne Menschen mit Migrationshintergrund wäre die die Arbeitskräftelücke noch größer.“
Die TOP 5-Branchen, in denen die meisten Menschen im Kreis Herzogtum Lauenburg zum 30. Juni sozialversicherungspflichtig beschäftigt waren:
Gesundheits- und Sozialwesen (10.258 Beschäftigte – plus 2,6 Prozent zum Vorjahr)
Handel / Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen (8.773 Beschäftigte - minus 0,2 Prozent)
Verarbeitendes Gewerbe (8.068 Beschäftigte – minus 1,6 Prozent)
Wirtschaftliche Dienstleistungen (4.964 Beschäftigte – plus 1,4 Prozent)
Baugewerbe (4.073 Beschäftigte – plus 1,8 Prozent)