Herzogtum Lauenburg/Kiel (pm). Die Bekämpfung jedweden Antisemitismus ist dauerhaft ein wichtiges Anliegen unserer Gesellschaft. Die Generalsstaatsanwaltschaft und das Landeskriminalamt Schleswig-Holstein haben einen Leitfaden zur Verfolgung antisemitischer Straftaten er-arbeitet. Justizministerin Kerstin von der Decken hat am Montag, 15. Januar 2024 gemeinsam mit Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack, dem Beauftragten für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus Gerhard Ulrich sowie Vertretern der Generalstaatanwaltschaft und des Landeskriminalamtes den Leitfaden vorgestellt. „Der Leitfaden leistet einen wichtigen Beitrag zur konsequenten und wirksamen Bekämpfung antisemitischer Übergriffe und unterstützt die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Polizei und der Staatsanwaltschaften in Schleswig-Holstein als praxisnahe Handlungsempfehlung beim Erkennen und Verfolgen antisemitischer Straftaten. Mir ist es wichtig zu betonen, dass es natürlich zuvorderst darum geht, dass Menschen gar nicht erst zur Zielscheibe antisemitischer Gewalt werden. Es gilt, solch abscheuliche Straftaten zu verhindern. Das ist die eine wichtige Aufgabe, die wir haben, also die erste Säule. Leider ist es aber auch Realität, dass es einen hundertprozentigen Schutz nicht geben kann. Deshalb ist die Unterstützung und Beratung von Opfern nach einer antisemitischen Straftat unsere zweite zentrale Aufgabe bzw. die zweite Säule, die wir mit Nachdruck bearbeiten“, erklärte von der Decken.
„Als Justizministerinnen und Justizminister sehen wir unsere Verantwortung insbesondere darin, dem Terror der Hamas und seinen Auswirkungen auch in Deutschland eine konsequente Antwort des Rechtsstaats entgegenzusetzen. Denn der freiheitliche Rechtsstaat nimmt es nicht hin, wenn auf der Straße oder im digitalen Raum der Terror der Hamas unterstützt und gefeiert wird. Gemeinsam mit Nordrhein-Westfalen werden wir deshalb in der ersten Bundesratssitzung 2024 für einen Entschließungsantrag werben mit dem Titel: „Antisemitismus effektiv bekämpfen – Existenzrecht Israels schützen“. Damit soll die Bundesregierung aufgefordert werden, zu prüfen, wie der Straftatbestand der Volksverhetzung so erweitert werden kann, dass er ein öffentliches Leugnen des Existenzrechts Israels effektiv erfasst, um sodann zeitnah in Abstimmung mit den Ländern entsprechende Änderungen des Straf- und Staatsangehörigkeitsrechts zu entwickeln“, so die Ministerin weiter.
Innenministerin Sütterlin-Waack nutzte bei der Vorstellung des Leitfadens zur Verfolgung antisemitischer Straftaten die Gelegenheit, ihre Position gegenüber antisemitisch eingestellten Demonstrationsteilnehmerinnen und Demonstrationsteilnehmern deutlich zu
machen: „Wir verurteilen es aufs Schärfste, wenn Demonstrantinnen und Demonstranten die Meinungs- und Versammlungsfreiheit missbrauchen und auch in Deutschland dabei ungehemmt israelfeindliche, antisemitische und gewaltverherrlichende Parolen rufen und zur Vernichtung Israels und aller Jüdinnen und Juden aufrufen. Hass, Gewalt und Hetze gegen Jüdinnen und Juden dürfen in Deutschland keine Verbreitung finden. Wir werden alles tun, um die Sicherheit der Jüdinnen und Juden in unserem Land zu gewährleisten. Alle jüdischen Bürgerinnen und Bürger sollen sich in Deutschland sicher fühlen.“
Der Beauftragte für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus Gerhard Ulrich sagte: „Der Leitfaden zur Verfolgung antisemitischer Straftaten in Schleswig-Holstein ist ein bedeutsamer Meilenstein im Kampf gegen Antisemitismus. Er ermöglicht es Polizeibehörden und Staatsanwaltschaften, antisemitische Vorfälle noch besser zu erkennen und gibt Sicherheit in ihrer weiteren Verfolgung. Die Wochen nach dem 7. Oktober 2023 haben uns deutlich und auch schmerzlich gezeigt, dass Antisemitismus in erschreckenden Maße offen auf den Straßen und in den sozialen Medien zu finden war und dass er in erheblichem Ausmaß gegen den Staat Israel, gegen jüdische Einrichtungen und unsere jüdischen Mitbürger gerichtet ist. Darauf muss der Rechtsstaat konsequent antworten – und dabei hilft auch dieser Leitfaden. Ich appelliere an die Mehrheitsgesellschaft: Stehen Sie gegen Antisemitismus auf, ergreifen Sie gegen antisemitische Äußerungen und Handlungen das Wort und stehen Sie solidarisch an der Seite der Jüdinnen und Juden in unserem Land. Bitte melden Sie antisemitische Vorfälle bei LIDA SH und: Zeigen Sie solche Vorfälle auch bei der Polizei an“, betonte Ulrich.
Der Leitende Oberstaatsanwalt der Generalstaatsanwaltschaft Georg Friedrich Güntge erklärte: „Die Verfahrenszahlen zeigen deutlich, dass strafrechtlich relevanter Antisemitismus leider auch in Schleswig-Holstein real ist. Realität ist aber auch, dass Staatsanwaltschaft und Polizei in diesem Land dem Phänomen mit null Toleranz begegnen; und der Durchsetzung dieser Null-Toleranz-Strategie dient der Leitfaden, den wir Ihnen hier heute vorstellen. Der Leitfaden zur Verfolgung antisemitischer Straftaten ist erneut ein Beispiel für die hervorragende Zusammenarbeit zwischen Staatsanwaltschaften, Polizei und anderen Institutionen in unserem Land bei der Bekämpfung von Kriminalität. Der Leitfaden zur Verfolgung antisemitischer Straftaten in Schleswig-Holstein ist mit dem heutigen Tag in die staatsanwaltschaftliche Praxis überführt worden. Die Federführung für die Erstellung des Leitfadens lag bei der Generalstaatsanwaltschaft Schleswig-Holstein in Händen der Antisemitismusbeauftragten der Behörde, Frau Oberstaatsanwältin Füssinger, der ich dafür herzlich danke.“
Bernd Koop, Leiter der Staatsschutzabteilung im Landeskriminalamt, machte in seinen Ausführungen deutlich, dass ein antisemitisches Tatmotiv nicht immer für die Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten sofort klar erkennbar. Der Leitfaden soll den Kolleginnen und Kollegen schon bei der Anzeigenaufnahme, vor allem aber bei den späteren Ermittlungen dafür eine Hilfestellung sein. Dazu Koop: „Der Leitfaden wird dabei helfen, die Arbeit der Landespolizei durch die Festlegung ganz konkreter Bearbeitungsstandards weiter zu professionalisieren. Darüber hinaus verbinden wir mit dem Leitfaden und der Wirkung, die er entfalten soll, auch die Hoffnung, dass noch mehr Opfer, Geschädigte und Zeugen als bisher antisemitische Vorfälle bei der Polizei oder der Staatsanwaltschaft anzeigen, wir also das noch zu große Dunkelfeld verkleinern und das Hellfeld erweitern.“