Ratzeburg (pm). Die Stadt Ratzeburg hat zu Jahresbeginn das Thema ‚Demografischer Wandel‘ aufgegriffen und erste Schritte für eine zukunftsweisende Stadtplanung angestoßen, die die Erfordernisse dieses großen gesellschaftlichen Transformationsprozesses aufgreift. Eine Workshopreihe der Körber-Stiftung sowie eine Bürgerwerkstatt im Rahmen der ‚Partnerschaft für Demokratie der Stadt Ratzeburg und des Amtes Lauenburgische Seen, konnten hier wichtige Impulse setzen und entscheidende Akteure auf kommunaler Ebene in einer Steuerungsgruppe zusammenführen.
„Wir haben Ziele definiert und deren Umsetzungsschritte beschrieben, um möglichst frühzeitig und planerischen die Weichen für eine stadtgesellschaftliche Infrastruktur stellen zu können, die den kommenden Herausforderungen des demografischen Wandels gerecht werden“, sagt Bürgermeister Eckhard Graf. „Dabei haben wir natürlich auch geschaut, welche wichtigen Ressourcen wir in der Stadt bereits haben, wie beispielsweise die funktionierende Tagespflegeeinrichtung bei der Ratzeburger AMEOS mit ihren 18 Pflegeplätzen. Und nun hören wir, dass gerade diese sehr kurzfristig geschlossen werden soll“, ergänzt Graf mit Unverständnis, angesichts des schon in naher Zukunft zu erwartenden, deutlich steigenden Bedarfs an Pflegeplätzen in Ratzeburg.
Auch Cornelia Hagelstein vom Pflegestützpunkt im Kreis Herzogtum Lauenburg und Mitglied in der Ratzeburger Steuerungsgruppe „Demografische Stadtplanung“, kann diese Entscheidung nicht nachvollziehen. „Die Tagespflege ist ein wichtiger Baustein in der ambulanten pflegerischen Versorgung. Gerade bei Pflegebedürftigen, die viel allein zu Hause sind und nur wenige soziale Kontakte haben, ist der Besuch einer Tagespflegeeinrichtung enorm wertvoll. Für Pflegende, die berufstätig sind, ist dies meist nur mithilfe einer Tagespflege möglich. Sie ist überdies enorm wichtig zur Entlastung der Angehörigen. Ambulante Pflegedienste in Ratzeburg haben oft nicht genug Kapazitäten, um allem Bedarf gerecht zu werden“, skizziert Cornelia Hagelstein die Bedeutung der Tagespflege. „Wir verzeichnen einen stetigen Anstieg unserer Beratungszahlen und wenn man sich die Statistiken anschaut zur Entwicklung der Altersstruktur sowie zur Zunahme der Pflegebedürftigen, wird eindeutig von einer Zunahme der Bedarfe in allen Pflegeangeboten auszugehen sein“, bewertet sie die Situation für die Zukunft.
Die Schließung der Tagespflegeeinrichtung in Ratzeburg ist auch Thema im Seniorenbeirat der Stadt. „Diese Entscheidung hat zu einer wahrnehmbaren Verunsicherung im Kreis der Seniorinnen und Senioren geführt. Es ist nicht schwer, sich in die Lage der eigentlich Betroffenen und die der pflegenden Angehörigen hineinzuversetzen, unvermittelt mit dem Wegfall eines Pflegeplatzes konfrontiert zu sein und mit dem Unvermögen, schnellstmöglich einen Ersatz-Tagespflegeplatz zu finden. Wer steht diesen Betroffenen jetzt zur Seite?“, fragt Günther Deutschmann, Mitglied in den Seniorenbeiräten der Stadt und des Kreises.
Aus Sicht der Stadt ist die Entscheidung der AMEOS fatal und blendet die Zukunftsentwicklungen des demografischen Wandels aus. „Ich kann nur an die Geschäftsführung der AMEOS appellieren, die Tagespflegeeinrichtung in Ratzeburg zu erhalten. Eigentlich müssten wir uns über deren Ausweitung unterhalten. Ich hoffe sehr, dass dazu noch ein Dialog angestoßen werden kann, bevor unumkehrbare Fakten geschaffen wurden. Die Steuerungsgruppe ‚Demografische Stadtplanung‘, an der auch die AMEOS beteiligt ist, wäre dafür der ideale Ort“, sagt Bürgermeister Eckhard Graf.