Ratzeburg (pm). Ihren Schulalltag aus einem ganz anderen Blickwinkel betrachten, war die ungewöhnliche Aufgabenstellung von Schülerinnen und Schüler der Klasse 9d der Gemeinschaftsschule Lauenburgische Seen beim Aktionstages „Barrierefreiheit“ kurz vor Ferienbeginn. Wie stellen sich die Schulgebäude für geh- und sehbehinderte Menschen dar? Wie die Sportstätten oder der Schulweg? Was ist zu erreichen in einem Rollstuhl? Wie ist die Orientierung ohne oder nur mit eingeschränkter Sicht? Diese Erfahrungen konnten die Jugendlichen einen Vormittag lang ganz individuell machen, im Rollstuhl, mit Maske und Langstock oder mit Simulationsbrillen.
Der Aktionstag „Barrierefreiheit“ war Lehrerin Telse Frahm von der Stadt Ratzeburg angeboten worden, die aktuell für ihre Entwicklung eines Aktionsplanes „Inklusion“ alle städtischen Liegenschaften genau unter die Lupe nimmt. Gesucht wurden Barriere-Detektive, die Hindernisse und Schwierigkeiten im öffentlichen Raum in und rund um die Schule protokollieren sollten. Angeleitet von Martina Radtke vom Behindertenbeirat der Stadt Georgsmarienhütte, die als Beraterin die Stadt bei der Entwicklung eines Aktionsplanes „Inklusion“ unterstützt, nahmen die Schülerinnen und Schüler ihr Umfeld sehr genau und gewissenhaft in Augenschein und entdeckten zahlreiche Barrieren. Vor allem die Orientierung ohne Sicht erwies sich als sehr herausfordernd. Aber auch die vielen Hindernisse auf dem Sportplatz, von der fehlenden Behindertentoilette bis zu den Stufen zwischen den einzelnen Sportplätzen, sorgten für Nachdenklichkeit. Ebenso Erfahrungen, die eine Schülergruppe auf ihrem Schulweg machen konnte. Achtlos in den Weg gestellte Mülleimer wurden unvermittelt schwierige oder auch gefahrvolle Barrieren. Die gesammelten Eindrücke sorgten im Anschluss für viel Gesprächs- und Diskussionsstoff, auch mit Blick auf eigene Erfahrungen im Umgang mit Menschen mit Behinderungen.
„Den Schülern und Schülerinnen wurde bewusst, dass man schnell zum Außenseiter wird, weil man im rollstuhlsitzend nicht mehr auf Augenhöhe ist oder auch oftmals abseits bleiben muss. Ebenso merkten sie, wie auffällig man ist, weil alle fragen, was los ist. Die Klasse 9d war sich einig, dass es sehr spannend und interessant, aber auch anstrengend war“, sagte Lehrerin Telse Frahm, die den Aktionstag an der Gemeinschaftsschule begleitete.
Für den Aktionsplan „Inklusion“ der Stadt Ratzeburg sind die gesammelten Erfahrungen der Schülerinnen und Schüler ein wichtiger Erfahrungswert, was am und um das Schulgebäude sowie auf und in den Sportstätten verbessert werden müsste, damit Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt an allen Schul- und Sportaktivitäten teilnehmen können, so wie es das 2022 in Kraft getretene Gesetz zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen in Schleswig-Holstein (LBBG) erwartet.
Der Aktionstag wurde unterstützt durch die Partnerschaft für Demokratie der Stadt Ratzeburg und des Amtes Lauenburgische Seen im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“.