Von Wolf-Dietrich Bartsch
Der Kindesunterhalt stiegt zum 1. Januar 2023 an. Die sogenannte Düsseldorfer Tabelle wurde wie auch in den Jahren zuvor aktualisiert. Sie ist bereits auf der Seite des Oberlandesgerichts Düsseldorf abrufbar. Die Änderungen im Kindesunterhalt betreffen im Verhältnis zu 2022 im Wesentlichen die Bedarfssätze minderjähriger und volljähriger Kinder. Aber auch der Bedarf eines studierenden Kindes und der dem Unterhaltspflichtigen zu belassende Eigenbedarf sind durch die Verfasser angepasst worden.
Was ist die „Düsseldorfer Tabelle“?
Die Düsseldorfer Tabelle ist kein Gesetz, dass verbindlich für die Familiengerichte wäre. Die Tabelle ist „nur“ eine bloße Richtlinie. Familiengerichte, Familienanwältinnen und -anwälte aber auch die Jugendämter nutzen allerdings regelmäßig diese Tabelle als Hilfsmittel zur Ermittlung des angemessenen Unterhalts.
Die Düsseldorfer Tabelle wird von allen Oberlandesgerichten zur Bestimmung des Kindesunterhalts genutzt. Sie geben für ihren jeweiligen Sprengel die sogenannten Leitlinien zu der Düsseldorfer Tabelle heraus, so dass auf lokale Besonderheiten Rücksicht genommen werden kann. Diese Leitlinien werden sicherlich in den nächsten Wochen erscheinen.
Herausgeber der „Düsseldorfer“ Tabelle ist wenig überraschend das Oberlandesgericht Düsseldorf und das schon seit dem 1. Januar 1979. Beteiligt sind aber sämtliche Oberlandesgerichte und die Unterhaltskommission des Deutschen Familiengerichtstages e.V..
Die Aufbau der Tabelle hat sich gegenüber 2022 nicht verändert. Zu den Zahlen „2022“ habe ich etwas in meine Blog Advo.today geschrieben, für „2021“ hier auf der Homepage. Es bleibt bei den 15 Einkommensgruppen. Die Unterhaltssätze gehen von dem Regelfall, also einer Verpflichtung gegenüber zwei Unterhaltsberechtigten aus.
In einer Pressemeldung hat das Oberlandesgericht Düsseldorf Einzelheiten erläutert, die ich hier zusammenfasse:
1. Bedarfssätze im Kindesunterhalt
Die Anhebung der Bedarfssätze Minderjähriger (1. – 3. Altersstufe) beruht auf der Erhöhung des Mindestbedarfs gemäß der Fünften Verordnungzur Änderung der Mindestunterhaltsverordnung vom 30.11.2022. Danach beträgt der Mindestunterhalt ab dem 1. Januar 2023:
- für Kinder der 1. Altersstufe (bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres) 437 EUR (Anhebung gegenüber 2022: 41 EUR),
- für Kinder der 2. Altersstufe (bis zur Vollendung des 12. Lebensjahres) 502 EUR (Anhebung gegenüber 2022: 47 EUR),
- für Kinder der 3. Altersstufe (vom 13. Lebensjahr bis zur Volljährigkeit) 588 EUR (Anhebung gegenüber 2022: 55 EUR).
Diese Beträge entsprechen den Bedarfssätzen der ersten Einkommensgruppe (bis 1.900 EUR) der Düsseldorfer Tabelle. Diese Anhebung der Bedarfssätze der ersten Einkommensgruppe führt zugleich zu einer Änderung der Bedarfssätze in den folgenden Einkommensgruppen. Sie werden wie in der Vergangenheit ab der 2. bis 5. Gruppe um jeweils 5 % und in den folgenden Gruppen um jeweils 8 % des Mindestunterhalts angehoben.
Die Bedarfssätze der volljährigen Kinder werden zum 1. Januar 2023 gleichfalls erhöht. Wie in 2022 betragen sie 125 % der Bedarfssätze der 2. Altersstufe.
Auch für studierende Kinder gibt es mehr Geld. Ihr Bedarfssatz wird gegenüber 2022 von 860 EUR auf 930 EUR angehoben, wenn das Kind nicht mehr bei seinen Eltern oder einem Elternteil wohnt. Darin enthalten sind 410 EUR Wohnkosten (Warmmiete). Wenn sich nach der Lebensstellung der Eltern ein höherer Bedarf ermittelt, kann von dem Mindestbedarf von 930 EUR nach oben abgewichen werden.
2. Anrechnung des Kindergelds
Wie auch in der Vergangenheit ist auf den Bedarf des Kindes nach § 1612b BGB das Kindergeld anzurechnen. In 2023 beträgt das Kindergeld je Kind einheitlich 250 EUR. Das ist gegenüber 2022 für das 1. und 2. Kind eine Erhöhung um 31 EUR und für das 3. Kind um 25 EUR. Das Kindergeld ist bei minderjährigen Kindern in der Regel zur Hälfte und bei volljährigen Kindern in vollem Umfang auf den Barunterhaltsanspruch anzurechnen. Der zu zahlende Kindesunterhalt reduziert sich dadurch.
3. Selbstbehalte und Eigenbedarf
Der Selbstbehalt, also der Betrag, der einem Unterhaltsverpflichtenden nach Zahlung des Kindesunterhalts verbleiben muss, wird ebenfalls angepasst. Das war zuletzt zum 1. Januar 2020 der Fall.
Dabei wird zwischen dem Selbstbehalt für erwerbstätige und nichterwerbstätige Unterhaltsverpflichtete unterschieden. Der Eigenbedarf für den nichterwerbstätigen Unterhaltsschuldner beträgt neu 1.120 EUR (statt bisher 960 EUR) und für den erwerbstätigen Unterhaltsschuldner neu 1.370 EUR (statt bisher 1.160 EUR).
Die Düsseldorfer Tabelle regelt aber nicht nur den Kindesunterhalt. Es geht auch um den Ehegattenunterhalt. Der Eigenbedarf gegenüber Ansprüchen des Ehegatten beläuft sich jetzt zum 01.01.2023 auf 1.385 EUR (bisher 1.180 EUR), bei Erwerbstätigkeit des Unterhaltspflichtigen auf 1.510 EUR (bisher 1.280 EUR). Hierin sind Wohnkosten von 580 EUR (Warmmiete) enthalten. Das ist eine deutliche Steigerung, was aber auch aufgrund der Preissteigerungen auf allen Bereichen des Lebens notwendig erscheint.
Praxis-Tipp:
Die Düsseldorfer Tabelle ist zwar übersichtlich gestaltet. Die Unterhaltsberechnung ist aber nicht ganz einfach. So muss das durchschnittliche Einkommen des Verpflichteten bestimmt werden. Jede Abzugsposition kann einen Streitfall bilden. Es empfiehlt sich daher immer, einen Fachanwalt oder eine Fachanwältin für Familienrecht mit der korrekten Berechnung zu beauftragen.
Wer bereits einen dynamisierten Unterhaltstitel hat, sollte sich diesen jetzt noch einmal genau anschauen. Der Titel enthält dann einen Prozentsatz vom Mindestunterhalt. So kann jeder bei sofort in der Düsseldorfer Tabelle 2023 den neuen Unterhaltsbetrag ablesen. Oft gilt der neue Betrag ohne Aufforderung zur Anpassung. Ein kurzes Schreiben kann aber sicher nicht schaden, um späteren Ärger um Nachforderungen zu vermeiden.