Ratzeburg (tbi). Wer bei dem Begriff „Landfrauen“ Vorstellungen hat von Frauen in kleinen Dörfern, die sich ab und an zum Stricken oder gemeinsamen Backen treffen, wird den Landfrauen weniger als nicht gerecht. Kultur- und Bildungsangebote stehen im Vordergrund und mit den Netzwerken der verschiedenen Vereine stellen sie eine gesellschaftliche Größe dar. Für Frauen, die neu in eine Region kommen, sind die Landfrauen die Adresse, um Kontakte zu knüpfen und ein Miteinander erleben zu können.
Und auch auf „das Land“ sind die Landfrauen nicht beschränkt. Die Landfrauen Ratzeburg und Umgebung sind um die 200 Mitglieder stark. Im Kreis Herzogtum Lauenburg gibt es insgesamt neun Ortsvereine in denen insgesamt 1800 Frauen organisiert sind. In Ratzeburg stand Meike Lange dem Verein 17 Jahre lang vor, war insgesamt 23 Jahre im Vorstand aktiv. Seit 1951 haben sich die Landfrauen Ratzeburg und Umgebung organisiert, seit 2009 sind sie als eingetragener Verein registriert.
Bei der jüngsten Jahreshauptversammlung des Vereins in Ratzeburg trat die 58-jährige Lange nicht erneut zur Wahl an. Von der Idee der Landfrauen ist Meike Lange weiterhin überzeugt, denkt aber, dass es nach so langer Zeit an der Spitze des Ortsvereines gut ist, wenn frische Ideen einfließen. Das sei insbesondere nach den Einschränkungen der Corona-Zeit wichtig, da es deutlich weniger Aktivitäten der Landfrauen in den vergangenen drei Jahren geben konnte.
Einstimmig wurde die bisherige stellvertretende Vorsitzende Hilke Ramm von den gut 60 Teilnehmerinnen zur Nachfolgerin von Meike Lange gewählt. „Du warst und bist das Gesicht der Landfrauen Ratzeburg und Umgebung und hast mit Mut und Zuversicht alle Aufgaben gemeistert; nun heißt es ´loslassen´“, wandte sich Hilke Ramm bei der sich anschließenden Feierstunde an ihre Amtsvorgängerin. Die neue Vorsitzende bedankte sich für die „tolle Übergabe und das Vertrauen“ und dass sie durch Meike Lange „in die geheimen Weihen der Landfrauen eingewiesen“ wurde.
Dass wenige Männer bei einer Veranstaltung der Landfrauen anzutreffen sind, überrascht naturgemäß nicht. Ratzeburgs Bürgermeister Eckhard Graf ließ es sich aber nicht nehmen, Meike Lange einen Blumenstrauß zu überreichen. Graf hob die Bedeutung der Angebote bei Bildung und Kultur durch die Landfrauen hervor und betonte, dass es immer wichtiger werde die städtischen und ländlichen Bereiche zusammenzudenken. „Ich danke Ihnen im Namen der Stadt Ratzeburg für Ihr Engagement“, so Eckard Graf.
Herzogtum direkt hat mit Meike Lange nach der Veranstaltung gesprochen und gefragt, was in den vielen Jahren Vorstandsarbeit die größte Herausforderung gewesen sei. „Es war immer mein Herzenswunsch, einen lebendigen Verein mitzugestalten. Einen Verein, der ein interessantes Programm bietet“, so Lange. In Ratzeburg gebe es so viele Vereine, da sei es über die vielen Jahre eine Herausforderung gewesen, neue Frauen für den Ortsverein zu gewinnen. Der ehemaligen Vorsitzenden ist im Gespräch anzumerken, wie sehr sie hinter der Idee der Landfrauen steht. „Auf Ebene eines Ortsvereines geht es weniger um die großen politischen Ziele und Themen. Hier geht es darum, Frauen für einen Nachmittag oder Abend aus dem Alltag herauszuholen, neue Eindrücke zu gewinnen, vielleicht neue Freundschaften zu finden oder sich einfach nur wohlzufühlen. Gerade nach Corona ist das für die Seele gut“, so Lange.
Nach der schönsten Erinnerung befragt, fällt der stets freundlich wirkenden Landfrau nach etwas Bedenkzeit als Beispiel ein Ausflug zum Gut Hasselburg ein. „Dort haben wir ein Musical gesehen und bei schönstem Wetter ein Picknick gemacht. Alles hat gepasst, alle waren glücklich; so etwas ist ein Geschenk“. Hinter der Idee der Landfrauen und ihrer gesellschaftlichen Entwicklung steht erwartungsgemäß auch Amtsnachfolgerin Hilke Ramm. Sie hat einen Blick auf die Entwicklung der Landfrauen und nennt im Gespräch mit Herzogtum direkt die Frauenförderung als einen Themen-Schwerpunkt, den die ehemalige Gleichstellungsbeauftragte schon lange im Fokus hat.
Erst mit der Vermietung von Ferienzimmern- und Wohnungen sei es Frauen von Landwirten möglich gewesen, eigenes Geld zu verdienen. Auch heute geht es der 66-Jährigen um Perspektiven für Frauen in der Landwirtschaft und allen anderen Frauen. „Das Land braucht die Stadt und umgekehrt. Wir leben alle zusammen, daher ist ein gutes Miteinander wichtig“, sagt Hilke Ramm. Zwei Jahre hat sie dem Vorstand bereits angehört und hat jetzt im Ruhestand die Möglichkeit, sich an der Spitze des Ortsvereines weiter zu engagieren. „Es geht vor allem darum, die erfolgreiche Arbeit der letzten Jahre fortzusetzen“, sagt Ramm und empfiehlt einen Blick auf das Programm der Landfrauen unter www.landfrauen-herzogtum.de.